Hans-Heinrich Dieter

MSC 2023   (20.02.2023)

 

Die Münchner Sicherheitskonferenz 2023 war knapp ein Jahr nach dem völkerrechtswidrigen und die Charta der UNO verletzenden russischen Überfall auf die Ukraine eine sehr wichtige Veranstaltung.

Der verbrecherische Neo-Stalinist Putin und seine Mitverbrecher wie Lawrow waren nicht eingeladen, weil der Gedankenaustausch mit diesen unzivilisierten und würdelosen Unmenschen sich derzeit nicht lohnt und aufgrund der fundamentalistischen und imperialistischen Verbohrtheit dieser Verbrecher auch nicht zu positiven Ergebnissen führen würde. Gleichzeitig wurde auch dadurch deutlich, dass Putins Russland mehr und mehr isoliert wird – nicht nur in Europa, sondern auch weltweit.

Führende Politiker der westlichen Welt haben in Vorträgen und Diskussionen sehr deutlich gemacht, dass sie den völkerrechtwidrigen und inzwischen mit großer verbrecherischer Grausamkeit geführten russischen Angriffskrieg unisono verurteilen und gemeinsam an der Seite der Ukraine stehen. Und die Anstrengungen der westlichen Wertegemeinschaft werden deutlich verstärkt, um den Verbrecher Putin und seine verbrecherische Entourage von internationalen Gerichten zur Rechenschaft ziehen zu lassen. Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verletzungen der Charta der Vereinten Nationen dürfen nicht ungesühnt bleiben – insbesondere, wenn die verbrecherische Nation ständiges Mitglied mit Vetorecht im Weltsicherheitsrat ist.

US Vice President Kamala Harris hat in einer eindrucksvollen Rede sehr deutlich gemacht, dass die USA die Ukraine weiterhin massiv mit Waffen und Finanzen unterstützen werden, solange es erforderlich ist. Und es wurde auch sehr deutlich, dass die USA sich der NATO, einschließlich des Artikels 5 des NATO-Vertrages verpflichtet fühlen und die Zusammenarbeit mit der EU vertiefen wollen. Und US-Außenminister Blinken bekräftigte diese amerikanische Grundhaltung in mehreren starken Beiträgen.

Deutschland hat als drittstärkster Waffenunterstützer mit Bundeskanzler Scholz, Außenministerin Baerbock und Verteidigungsminister Pistorius bekräftigt, dass die Unterstützung der Ukraine so lange wie nötig gewährleitet wird.

Frankreichs Präsident Macron lobte natürlich das nicht gerade herausragende französische Engagement und sagte Unterstützung bis zum ukrainischen Sieg zu, ohne allerdings zu präzisieren, was genau er unter diesem „Sieg“ versteht. Und Macron betonte: „Nun ist nicht der Moment für Verhandlungen.“ Vor allem, weil Russlands Präsident Wladimir Putin nicht bereit sei zu irgendwelchen Zugeständnissen.

Der britische Premier Sunak hob die Antreiberrolle des United Kingdom hervor und versprach weitere Waffenlieferungen, um die Ukraine kriegstüchtig zu halten und schloss dabei auch die Bereitstellung von Kampfjets nicht aus. Die Ukraine dürfe den Krieg nicht verlieren!

Polen und die baltischen Staaten bekräftigten ihren uneingeschränkten Unterstützungswillen, so lange die Ukraine darauf angewiesen ist. Allerdings hat insbesondere Polen in jüngster Zeit im Hinblick auf Leopard-Lieferungen einen sehr schlechten Eindruck hinterlassen.

Norwegen will die Unterstützung der Ukraine fortführen und hat seine eigene Verteidigungsfähigkeit mit Schwerpunkt in der Finnmark verstärkt. Und Schweden und Finnland haben ihren festen Willen zum Beitritt zur NATO erneut bekräftigt und insbesondere Finnland mit der sehr langen Grenze zu Russland hat die Einsatzfähigkeit seiner Truppen hochgefahren. Sanna Marin, Finnlands Premierministerin fasst das so zusammen: „Am ersten Tag des Angriffs war klar, dass Finnland der NATO beitreten würde“. Und für sie ist die wichtigste Lehre, die der Westen aus der Krise ziehen sollte: „Wir dürfen nicht naiv sein. Der einzige Weg, den Frieden zu sichern und die regelbasierte Ordnung zu verteidigen ist, stark zu sein!“

NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich der Westen überraschend einig und entschlossen im Angesicht der russischen Aggression in der Ukraine zeigte. Er hat außerdem die europäische Zusammenarbeit mit den USA gefördert und die NATO in Südosteuropa und im Baltikum verstärkt, denn: „Putin plant nicht für den Frieden, sondern er plant mehr Aggression, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass er seine Ambitionen verändert hat.“ Oder mit anderen Worten: Wie eine Auflösung des Konfliktes aussehen könnte, wird auf dem Schlachtfeld entschieden. Dazu braucht die Ukraine die Unterstützung Europas und der transatlantischen Gemeinschaft. Und die Ukraine bestimmt, wann sie die Bedingungen für reif sieht für Verhandlungen!

Die EU hat der Ukraine weitere umfangreiche Unterstützung zugesagt und immer wieder betont, dass die Ukraine zu Europa gehört und EU-Beitrittskandidat ist. Dabei weckt die EU Hoffnungen auf einen baldigen Beitritt, die wohl enttäuscht werden, denn es darf keinen Express-Beitritt der Ukraine geben, ohne dass alle Beitrittskriterien voll erfüllt sind. Und die EU tut so. als ob sie sicherheitspolitisch schon auf dem Wege zu einer eigenständigen Verteidigungsfähigkeit sei, dabei ist sie weder außenpolitisch noch sicherheitspolitisch hinreichend handlungsfähig. Die EU muss ihre weitgehende Geschlossenheit im Hinblick auf die Unterstützung der Ukraine bewahren, den Aggressor Russland weiter verurteilen und weiterhin wirkungsvolle Sanktionen verhängen, die die Kriegswirtschaft Russlands schwächen.

Der „Westen“ wurde durch Putin zu neuer Einheit und Geschlossenheit veranlasst und hat zu einer geradezu „grimmigen Entschlossenheit“ gefunden. Der Grundtenor der Mehrzahl der Konferenzteilnehmer lautet daher: Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen, denn Putins verbrecherische Aggression könnte Schule machen, wenn Russland damit Erfolg habe!

Diese westliche Grundhaltung beflügelte natürlich den ukrainischen Präsidenten Selenskyi und seinen Außenminister Kuleba zur Formulierung sehr weitgehender Hoffnungen und teilweise zu weit gehender Forderungen. Bei den Forderungen „schnell, schnell, schnell…“ und „liefern, liefern, liefern…“ ging der Dank an die Unterstützer nahezu unter. Und nach Kampfpanzern, Kampfjets und weitreichenden Raketen fordert die Ukraine nun Streumunition und Phosphor-Brandwaffen. Streubomben richten fürchterliche Verletzungen an und sind aus gutem Grund international geächtet – auch von vielen EU-Staaten – Phosphorbomben zumindest umstritten. NATO-Generalsekretär Stoltenberg, US-Außenminister Blinken und Bundesaußenministerin Baerbock haben diese Forderung inzwischen zurückgewiesen. Und die Ukraine hat sich mit solchen Forderungen sicher keinen Gefallen getan und zum Ausdruck gebracht, dass sich ihr Denken doch noch teilweise erheblich von unseren Wertvorstellungen unterscheidet. Im Krieg überlagern Gefühle leicht die Vernunft, dem muss man begegnen. Die Ukraine braucht keine geächteten Waffen, sondern möglichst bald schweres Kriegsgerät und die dazugehörige Logistik und Munition. Und da bleibt für die NATO-Staaten in kurzer Zeit sehr viel zu tun!

Die insgesamt vorherrschende positive und auch optimistische Stimmung der Konferenz wurde allerdings gestört durch den Chinesen Wang Yi, als Mitglied des Politbüros einer der mächtigsten Männer der chinesischen kommunistischen Hierarchie und zuständig für internationale Beziehungen. Es war sehr wichtig, dass China eingeladen war, denn die USA wollten sicher Botschaften in Richtung Peking senden und Europa hat auch Interesse, mit China im Gespräch zu bleiben.

Bei seiner Rede sagte Wang: die Welt sei noch immer kein sicherer Ort. Der Kalte Krieg sei wieder ausgebrochen. „Für eine sichere Welt muss das Prinzip der staatlichen Souveränität und Integrität respektiert werden. Machtpolitik ist ein Rezept für Instabilität.“ Mit dem „Respekt vor staatlicher Souveränität“ meinte Wang aber nicht die Unverletzlichkeit der ukrainischen Grenzen – weit gefehlt! Denn Wang formulierte weiter: „Die Verletzung internationaler Normen widerspricht den grundlegenden Regeln des internationalen Systems. Das gilt auch für jede Politik, die das Ein-China-Prinzip verletzt.“ Wang betonte also den Anspruch der Volksrepublik auf Taiwan, das Peking als Teil seines Territoriums betrachtet. Und er forderte die Europäer auf, zu überlegen, wie sie der zunehmenden Blockbildung entgegenwirken und wie sie strategische Souveränität erlangen könnten. Wie sich die Ziele der kommunistischen Diktatur China und des imperialistischen, autokratisch regierten Russlands gleichen: die einen wollen sich widerrechtlich die Ukraine einverleiben, die anderen wollen sich Taiwan zurückholen und beide versuchen, die westliche Welt zu spalten. Immerhin kündigte Wang an, Peking werde demnächst einen Friedensplan für die Ukraine vorlegen. Da darf man gespannt sein, aber keinen objektiven Plan erwarten, der die berechtigten Ansprüche der Ukraine hinreichend berücksichtigt. Deswegen muss ein Friedensplan nicht von China erarbeitet werden, sondern von der UNO.

UN-Generalsekretär Guterres hat an der 59. MSC in München nicht teilgenommen. Das war ein Versäumnis, denn auch wenn die weitere Entwicklung des Ukraine-Krieges zunächst auf dem Schlachtfeld entschieden wird, kommt es 2023 darauf an, dass die Vereinten Nationen zur Plattform werden, um möglichst bald einen Weg aus diesem Konflikt zu finden. Man muss Putin zu erkennen geben, dass er seine Kriegsziele ohnehin nicht mehr vollständig erreichen kann und dass er mit jeder Eskalation die Isolation Russlands in der Weltöffentlichkeit verstärkt.

Die Amerikaner wissen das schon länger und wiesen immer wieder darauf hin, dass der Ausgang des Ukraine-Krieges Auswirkungen besonders auf Asien haben werde: „Wenn Putin in der Ukraine scheitert, dann ist es weniger wahrscheinlich, dass China Taiwan angreift.“ Und nach Wangs Auskeilen in Richtung USA sandte Kamala Harris eine deutliche Warnung Richtung Peking: China habe seine Beziehungen zu Russland vertieft, seit der Krieg begonnen habe. Und wenn China tödliche Waffen schicke, dann werde das nur das Töten verlängern und die regelbasierte globale Ordnung untergraben. Putins Aggression könnte Schule machen, wenn Russland damit Erfolg habe!

Nach einem Jahr Krieg wissen wir: Kiew steht noch, Russland ist geschwächt, das transatlantische Bündnis ist stärker denn je, die USA haben sich als Führungsnation bewährt, die EU unterstützt engagiert nach Kräften und die Kampfmoral der Ukrainer ist ungebrochen, auch wenn es an schwerem Kriegsgerät und an Munition fehlt – daran wird gearbeitet. Putin hat sich demnach also in mehrfacher Hinsicht verkalkuliert und kann seine Kriegsziele nicht mehr wie geplant erreichen. Jetzt heißt es: Durchhalten und die Ukraine so lange zu unterstützen, wie erforderlich!

(20.02.2023)

 

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