Hans-Heinrich Dieter

Wir brauchen parlamentarische Kontrolle!   (16.07.2022)

 

Das Parlament macht von Juli bis August 7 Wochen Sommerpause und da fragen sich viele Bürger, ob denn die Bundestagsabgeordneten diese Pause verdient haben – und ob in unserer krisengeschüttelten Zeit das Regierungshandeln über eine solch lange Zeit quasi unkontrolliert bleiben darf.

Deutschland ist ein Rechtsstaat und auf der Grundlage des Grundgesetzes als parlamentarische Demokratie konstituiert. Es gilt die Gewaltenteilung und das vom Volk gewählte Parlament hat die Pflicht, im Auftrag der Bürger das Regierungshandeln zu kontrollieren. Und wie hat das Parlament in der ersten Phase der „Ampel“ seine gesetzlich festgelegte Pflicht zur Kontrolle des Regierungshandelns im Auftrag der Bürger erfüllt? Bisher leider nur wenig zufriedenstellend!

Denn die deutschen Volksvertreter haben eine Blamage noch nicht aufgearbeitet. Der jahrelange Streit um die Wahlrechtsreform, die eine Verkleinerung des Bundestages bewirken soll, ist noch nicht beigelegt und droht angesichts der Qualität des bisherigen Ampel-Vorschlages erneut zu scheitern. Damit wird der heutige Bundestag möglicherweise auch in der nächsten Legislaturperiode der vom Umfang – nicht von der Leistungsfähigkeit – her größte in der Geschichte der Bundesrepublik und das zweitgrößte und zweitteuerste Parlament der westlichen Welt bleiben.

Der Bundestag will seit einem Jahr aus den schlechten Erfahrungen des Afghanistaneinsatzes lernen und hat erst jetzt – vor der Sommerpause – die Arbeit begonnen. Weil die Parlamentarier bisher nichts lernen konnten, wurde die Bundeswehrbeteiligung an den Mali-Einsätzen der UN und der EU im Mai verlängert, obwohl die Einsätze nicht zur Stabilisierung Malis beigetragen und auch von der Bundeswehr ausgebildete Soldaten der Mali-Armee geputscht haben. In der „Sommerpause“ kann das Parlament sein Versagen angesichts der aktuellen Entwicklung in Mali nicht korrigieren.

Der Bundestag hat sich außerdem zu wenig in die zögerliche, schlecht kommunizierte und Vertrauen zerstörende Unterstützung der Ukraine mit Waffen eingebracht und es im dritten Jahr der Pandemie nicht geschafft, die verwirrend kommunizierte und wenig effektive Corona-Politik der Ampel positiv zu beeinflussen. Im Zusammenhang mit der Energiekrise zeichnet sich darüber hinaus auch ein erneutes undemokratisches „Durchregieren“ ab. Diese negativen Tendenzen werden sich in der zu langen Sommerpause voraussichtlich verstärken.

Die Bundestagsabgeordneten werden sehr hoch bezahlt. Ihre Abgeordnetenentschädigung beträgt seit dem 1. Juli 2022 10.323,29 Euro/Monat. So hoch werden Spitzenbeamte bezahlt und denen stehen 30 Tage Erholungs-Urlaub im Jahr zu. Diese Regelung sollte man auch für die Parlamentarier einführen und dazu den Artikel 39 Absatz 3 des Grundgesetzes ändern.

Es wird höchste Zeit, dass die Abgeordneten des neuen Deutschen Bundestages ihre Pflichten zur Kontrolle des Regierungshandelns zum Wohle der Bürger verantwortungsbewusster wahrnehmen und das - auch durch die vermurkste Wahlrechtsreform - verlorene Vertrauen zurückgewinnen! Dazu brauchen die Abgeordneten mehr Arbeitszeit für parlamentarische Debatten in Vorbereitung von Entscheidungen und für erfolgreiches Wirken in den Ausschüssen.

In Europa wird zurzeit Krieg geführt - der auch Deutschland betrifft - und da sind eine „Sommerpause“ oder ein Urlaub ohnehin nicht angebracht. In der krisengeschüttelten „Zeitenwende“ müssen Verantwortungsträger ihre Lasten auch gegebenenfalls nach dem Grundsatz 7/24 tragen wollen. Denn dass wir in Deutschland auf Katastrophen schlecht vorbereitet sind und Politiker einer stärkeren Kontrolle unterzogen werden müssen, wurde am Jahrestag der Flutkatastrophe noch einmal sehr deutlich zum Ausdruck gebracht!

(16.07.2022)

 

 

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https://www.hansheinrichdieter.de/html/parlamentarischesversagen.html

 

 

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