Hans-Heinrich Dieter

Neuer EU-Motor Frankreich-Italien?   (29.12.2021)

 

Im Januar 2022 übernimmt Frankreich für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft. Seine Zielsetzung hat Macron schon in seiner Sorbonne Rede 2017 bekanntgegeben: „Das Europa das wir kennen ist zu schwach, zu langsam, zu ineffizient, aber nur Europa gibt uns in dieser Welt Handlungsspielraum anlässlich der großen Herausforderungen.“… „Ich übernehme die Verantwortung, neue Vorschläge zu machen, weiter zu gehen, Europa voranzubringen; ich will nicht alles neu erfinden, es ist schon viel gesagt worden.“… „Wir brauchen ein gemeinsames Budget für die Euro-Zone Ein Budget geht natürlich einher mit starker politischer Führung, daher braucht es einen Finanzminister und eine parlamentarische Kontrolle, nur die Euro-Zone mit einem starken Euro kann Europa den Rahmen geben, eine starke weltweite Wirtschaftsmacht zu sein.“… „Ich habe keine roten Linien, ich habe nur Horizonte.“

Das klingt gut, aber man muss diese hehren Worte natürlich auch in die nicht gerade rosige Realität einordnen. Wenn Macron Europa, also die EU, für zu schwach, zu langsam, zu ineffizient hält, dann hat er Recht. Wenn er allerdings die „Verantwortung“ übernehmen will, „Europa voranzubringen“, dann gebärdet er sich als hochstaplerischer Illusionist und wirkt wenig glaubhaft. Und bei Macron muss man immer auch in Rechnung stellen, dass er immer im Sinne der Grande Nation denkt und handelt, ein wenig nach dem Prinzip „la France première“!

Und für größere Teile der EU wird es während der französischen EU-Ratspräsidentschaft dann gefährlich, wenn Macron versucht sein Hauptanliegen,  ein gemeinsames Budget für die Euro-Zone unter der Leitung eines ( wohl französischen) EU-Finanzministers zu realisieren, um die EU-Schuldenunion dauerhaft zu etablieren und die exorbitanten Schulden der drei Bettler - Frankreich, Italien, Spanien, die schon jahrelang gegen die EU-Schuldenregeln verstoßen – und auch Griechenlands zu vergemeinschaften. Daraus wird hoffentlich nichts werden, weil „die realpolitischen Vier mit gesundem Menschenverstand“ Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark dagegenhalten werden. Und auch Deutschland darf eine gemeinsame EU-Finanzpolitik mit dem Ziel einer Transferunion, die auch dem überschuldeten und wirtschaftlich stark geschwächten Frankreich auf die Füße helfen soll, nicht zulassen.

Der „deutsch-französische EU-Motor“ fällt in letzter Zeit durch Fehlzündungen auf. Und das „europäische Führungsduo“ war in letzter Zeit weniger anerkannt, weil der Präsident der überschuldeten und wirtschaftsschwachen Grande Nation den Eindruck einer lame duck macht und Merkel ein Auslaufmodell war. Darüber hinaus hat Deutschland mit Lindner einen liberalen Finanzminister, der im Hinblick auf Schulden in Deutschland das Grundgesetz achten und im Hinblick auf Schulden in Europa die geltenden EU-Regeln einhalten will.

Aber Macron wird sich in der Zeit der französischen Ratspräsidentschaft hartnäckig einbringen. Dazu haben Frankreich und Italien im November einen Freundschaftsvertrag geschlossen. Der Vertrag orientiert sich am Aachener Vertrag, soll aber keine Konkurrenz dazu darstellen, wie Draghi und Macron vor der Presse in Rom hervorhoben. Er umfasst alle Bereiche wie die Kultur und die Außen- und Gesundheitspolitik. Aber das Hauptziel dieser neuen bilateralen Kooperation ist es, stärkeren Einfluss auf die Wirtschaftspolitik in der EU ausüben zu können. Draghi betonte bereits seine Forderung, den Stabilitäts- und Wachstumspakt zugunsten von mehr haushaltspolitischem Spielraum zu lockern und meint: „Diese Regeln haben schon während der Pandemie ihre Ineffizienz gezeigt“. Damit ist die Katze aus dem Sack.

Und die bisherige Entwicklung der Schuldenunion zeigt ja, dass die Gefahr real ist. Draghi hat als EZB-Präsident durch Null-Zinspolitik, Gelddrucken und die immensen Anleiheaufkäufe hauptsächlich im Sinne und zugunsten seines Heimatlandes Italien aber auch zugunsten der hochverschuldeten südeuropäischen Staaten übergriffig gearbeitet – und ist jetzt italienischer Ministerpräsident! Seine französische Nachfolgerin Lagarde arbeitet auch im Sinne ihres hochverschuldeten Heimatlandes und für die südeuropäischen Schuldenfreunde und hält stur und gegen ihre bisherigen Zusagen trotz sehr stark gestiegener Inflation an ihrer übergriffigen Politik fest – man darf gespannt sein, mit welchem lukrativen Posten sie in der Zukunft durch Frankreich honoriert wird. Das Gelddrucken und die immensen Anleiheaufkäufe gehen also weiter, die Altersarmut in Deutschland steigt durch schleichende „Enteignung“ und die Finanzblase füllt sich, um uns in nicht allzu ferner Zukunft mit einem „Wumms“ in die nächste Schulden- und Finanzkrise zu befördern, die die EU-Steuerzahler auszubaden haben. Man erkennt, dass sich mit Macron und Draghi die „richtigen“ Altersarmutförderer verbandelt haben.

Deutschland schaut dieser Finanzpolitik bisher kritiklos zu und auch die EU unternimmt nichts gegen die übergriffige EZB, weil diese Politik die derzeitige Entwicklung der EU vom Gläubiger zur Schuldenunion begünstigt. Die Ampel sollte erkennen, dass mit solcher Politik kein „Fortschritt“ zu machen ist!

(29.12.2021)

 

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