Hans-Heinrich Dieter

Deutschland - führungslos!   (23.04.2022)

 

Olaf Scholz trat 1975, als Gymnasiast, in die SPD ein und war von 1982 bis 1988 stellvertretender Juso-Bundesvorsitzender. In seiner Juso-Zeit unterstützte er den Freudenberger Kreis, einen marxistischen Stamokap-Flügel der Juso-Hochschulgruppen. Stasi-Unterlagen über Scholz belegen, dass er als stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungsozialisten enge Beziehungen zu DDR-Funktionären unterhielt. Die SED im Unrechtsstaat DDR betrachtete Stamokap-Scholz als wichtigen Bundesgenossen im Kampf gegen die NATO. Der stellvertretende Vorsitzende der Jusos Scholz besuchte zwischen 1983 und 1988 neunmal die DDR und führte dort politische Gespräche. Bei dem letzten Besuch 1988 versicherte die von Scholz geführte Juso-Delegation ihren Partnern von der DDR-Jugendorganisation FDJ, „dass die wahren Feinde des Friedens (…) im Militär-Industrie-Komplex der USA“ sowie in der „Stahlhelm-Fraktion“ der Unionsparteien zu suchen seien.“ Schon der junge SPD-Politiker Scholz hat eine sehr fragwürdige – aber sicher auch sehr prägende – Vergangenheit!

In späteren Parteiämtern galt Scholz als „Schröderianer“ – das ist kein Kompliment. Als Erster Bürgermeister Hamburgs war er in umstrittene CUM-Ex-Geschäfte mit der Hamburger Privatbank Warburg verwickelt, die den Hamburger Bürgern einen Verlust von 47 Millionen Euro bescherten. Vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss verwies Scholz mehrfach auf Gedächtnislücken – oder etwa Gedächtnisschwund? Bei der Planung und Vorbereitung des G-20-Gipfels 2017 in Hamburg hat Scholz insbesondere bei der Gewährleistung der Sicherheit grandios versagt und zum Vertrauensverlust unserer Partner in deutsches Leistungsvermögen erheblich beigetragen.

Als Bundesfinanzminister stand Scholz im Zusammenhang mit der Insolvenz um den Zahlungsdienstleister Wirecard erheblich in der Kritik, da es zu schweren Verfehlungen der ihm nachgeordneten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gekommen ist. Im Bundestags-Untersuchungsausschuss wirkte Scholz höchst unglaubwürdig und zog sich erneut auf seine Gedächtnislücken zurück. Und den SPD-Bundesvorsitz hat ihm seine Partei nie zugetraut.

Politische Qualität sieht anders aus! Man muss aber anmerken, dass er diesbezüglich durchaus in die SPD passt, denn die letzten drei SPD-Außenminister waren ziemlich unfähig, der geldgierige Putin-Lakai Schröder ist keine Erwähnung wert und der einzige SPD-Staatsmann, Helmut Schmidt, kann sich nicht mehr auswirken. Dieser Scholz ist heute deutscher Bundeskanzler – und in Demokratien bekommen die Staatsbürger die Politiker, die sie verdienen! Oder anders ausgedrückt: Selbst schuld!

Und dieser sehr fragwürdige SPD-Politiker versprach vor der Amtsübernahme, führen zu wollen. Seit der Amtsübernahme wirkt Scholz aber eher blass, unentschlossen, wenig sagend, ohne eigene Vorstellungen, hat erkennbar im fatalen merkelschen „Weiter-so-Stil“ geradezu luschig agiert und dadurch Deutschland in der EU isoliert und in der NATO unglaubwürdig gemacht. Und Scholz hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der Ampel-Start als ziemlich verkorkst bewertet werden muss!

Bei der Sondersitzung des Deutschen Bundestages am 27.03.2022 haben der Deutsche Bundestag und die überraschten deutschen Bürger dann einen staatsmännischen Auftritt des Kanzlers Scholz erlebt. Er sprach von einer Zeitenwende durch den Angriff des kriegslüsternen Putin auf den souveränen europäischen Staat Ukraine. Er verurteilte den Kriegsverbrecher Putin, den Bruch des Völkerrechtes und den Verstoß gegen die UN-Charta – und er kündigte eine 180° Kehrtwende in der deutschen Politik an!

Da trat aber nicht ein echter Staatsmann Scholz sondern eher ein getriebener Staatsmanndarsteller auf und verkündete eine schwerwiegende 180° Kehrtwende, die nicht seiner politischen Ãœberzeugung, sondern einer politischen Zwangslage Deutschlands entsprach, in die auch er unser Land durch seine Politik gegenüber Russland – hauptsächlich im Zusammenhang mit Nord Stream 2 – aber auch durch seine teilweise Weigerung im Hinblick auf scharfe Sanktionen gegen Russland - hauptsächlich Swift – gebracht hat. Nach dieser Ankündigung einer Kehrtwende und eines grundlegenden Wandels der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik ist wenig passiert – Führung durch den Kanzler fand nicht erkennbar statt!

Wenn ein deutscher Kanzler in einer „Zeitenwende“ Führung ankündigt, dann sollte er eine Vision haben, Vorstellungen für die Gestaltung der Zukunft entwickeln, Strategien für Alternativen entwerfen und die wesentlichen zu erreichenden Ziele definieren. Auf dieser Grundlage muss der politische Führer informieren, kommunizieren, den Souverän überzeugen, ja die deutschen Staatsbürger „mitnehmen“! Nichts dergleichen ist passiert. Scholz hat Angst vor seiner eigenen Partei. Scholz hat Angst vor einer möglicherweise eigenen Courage, Scholz kommuniziert nicht, sondern schwurbelt zaghaft und zögerlich – und häufig auch mehrdeutig sowie unverständlich – vor sich hin. Statt die schweren Vorwürfe der Zögerlichkeit und des Zauderns in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag richtigzustellen, gibt er dem Spiegel ein Interview, das dann nicht im Parlament diskutiert, sondern in jeder Talkshow von jedem wichtigen oder unwichtigen „Hans oder Franz“ kommentiert werden kann. Da muss sich Scholz nicht wundern, dass seine Zustimmungswerte in den finsteren Keller gerutscht sind!

Und noch nicht einmal das Kabinett hat Scholz im Griff. Der deutsche Kanzler hat Richtlinienkompetenzen, die Scholz offensichtlich nicht nutzt. Der Vizekanzler und Wirtschaftsminister Habeck tourt im Ausland sowie wahlkämpfend in Deutschland herum und bemüht sich um Krisenbewältigung in der Energieversorgung, ohne dass es für diese löblichen Versuche einen vom Kabinett beschlossenen Plan gibt, der vom Bundestag diskutiert und gebilligt wurde. Die sehr aktive und in ihren Aussagen sehr viel konkretere und deutlichere Außenministerin Baerbock ist inzwischen eine Vielfliegerin mit sehr markantem, klimabeeinträchtigendem Fußabdruck und macht weitreichende, zukunftsorientierte Zusagen und zahlreiche sehr kostspielige Versprechungen, ohne dass klar wird, dass der Kanzler dahintersteht oder der Bundestag mit seiner Hoheit in Finanzierungsfragen dem jemals zustimmen wird – insbesondere wenn ab 2023 wieder die Schuldenbremse berücksichtigt werden sollte.

Kanzler Scholz hat also nicht nur sein Kabinett nicht im Griff, er bezieht in sein politisches Handeln – und das seiner Kabinettsmitglieder – den Bundestag auch nicht gebührend ein, und die wenig verantwortungsbewussten Parlamentarier lassen das, wie schon zu Zeiten der GroKo unter Merkel, zu! In unserer parlamentarischen Demokratie hat die Legislative im Auftrag der Staatsbürger, die sie vertreten sollen, die Pflicht, das Regierungshandeln zu kontrollieren. Diese Pflicht wird seit längerer Zeit sträflich vernachlässigt. Und die Exekutive hat sich dieser Kontrolle zu unterziehen. In der Praxis hieße das, dass z.B. der Kanzler vor einem Gipfeltreffen der EU dem Parlament zeitgerecht vorträgt, was er an wesentlichen Beiträgen einzubringen gedenkt. Der Bundestag muss das dann diskutieren und debattieren und dann dem Vorhaben zustimmen oder Korrekturen einfordern. Das gleiche Verfahren muss bei jedem Kabinettsmitglied, das weitreichende Aussagen und Zusagen im Ausland machen will, angewandt werden. Bisher ahmt Scholz die planlose, konzeptlose, manchmal kopflose, aber immer quasi „alternativlose“ Merkel nach. In dieser Hinsicht sind wir vom „Starkregen“ in schwere „Graupelschauer“ geraten!

Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg wurde Kanzler Scholz nun für seine als mangelhaft empfundene Unterstützung der Ukraine und sein „zögerliches Handeln“ durch teilweise Verzögerung und Ablehnung von Waffenlieferungen – insbesondere von schweren Waffen – sowohl von Teilen seiner eigenen Regierungskoalition als auch von der politischen Opposition im Bundestag anhaltend kritisiert. Friedrich Merz warf Scholz vor, großen außenpolitischen Schaden anzurichten und dem Ansehen Deutschlands nachhaltig zu schaden.

Diese im Grunde berechtigte Kritik weist Scholz zurück: „Es darf keinen Atomkrieg geben,“ deswegen sei es oberste Priorität seiner Ukraine-Politik, ein Ãœbergreifen des Krieges auf die NATO zu vermeiden. Diese Rechtfertigung reicht nicht, denn das wollen alle NATO-Mitglieder – und liefern trotzdem schwere Waffen. Außerdem kann der außenpolitische Trittbrettfahrer und sicherheitspolitische Gartenzwerg Deutschland einen Atomkrieg nicht verhindern – schon überhaupt nicht allein. Einen Atomkrieg verhindern kann nur eine Supermacht mit glaubhafter Erstschlagkapazität, die USA. Zwar sprechen einige Politiker und auch Journalisten im In- und Ausland von Deutschlands Führungsrolle in Europa, das entspricht aber nicht den realen Möglichkeiten. Es geht um Frieden in Europa und „Frieden schaffen kann man inzwischen nur mit Waffen“! – oder intelligenter ausgedrückt: Wirksame Außenpolitik erfordert hinreichende und glaubhafte Wehrhaftigkeit – und ein innenpolitisch führungsschwacher deutscher Kanzler kann in Europa in der derzeitigen „Kalter-Krieg-Situation“ keine erfolgreiche Außenpolitik mit einer stark eingeschränkt einsatzfähigen Bundeswehr machen. (Und Scholz sollte an sich inzwischen wissen, dass der Geheimdienstler Putin den realen Zustand der Bundeswehr weitaus besser kennt als seine naiv-pazifistischen SPD-Genossen!)

Wenn es um Frieden, Freiheit und Sicherheit in Europa nach dem Ukraine-Krieg geht, dann brauchen wir eine geeint und geschlossen handelnde EU, die sehr eng mit der NATO zusammenarbeitet. Deswegen muss man zunächst definieren, was man mit den Waffenlieferungen an die Ukraine erreichen will. Da die Ukraine den Krieg nach realistischer Beurteilung nicht gewinnen kann, wird es nur darum gehen können, die Angriffserfolge Russlands durch gestärkte ukrainische Streitkräfte so weit zu begrenzen und zu verlangsamen, dass der Preis für einen Sieg Putins zu hoch wird. Dem müssen gemeinsame und abgestimmte Waffenlieferungen der EU-Staaten mit NATO-Unterstützung dienen.

Die EU muss mit der NATO planen, wie nach einem Waffenstillstand mit den Kriegsparteien zu verfahren ist. Die Ukraine muss unter Führung der UNO neu aufgebaut werden. Im Falle Russlands muss sich die geeinte westliche Welt auf einen Umgang mit Russland auf der Grundlage einer Konfrontation (Kalter Krieg), einer Koexistenz vertraglich abgesicherter Gegnerschaft oder - nach geraumer Zeit – auf der Grundlage einer Kooperation in global relevanten Politikfeldern wie z.B. in der Klima-Krise einstellen. Für eine solche Phase eingeschränkter zukünftiger globaler Zusammenarbeit müssen die UNO und die EU reformiert werden, um handlungsfähig und wirksam zu sein. Für diese neue Welt mit brüchigen Fugen müssen Strategien entwickelt werden, um gemeinsam am gleichen politischen Strang zu ziehen. Geführt wird in dieser neuen Welt außen- und klimapolitisch von der UNO, außenpolitisch von der EU und sicherheitspolitisch von der NATO. Es darf keine unabgestimmten Einzelaktionen der jeweiligen Mitgliedstaaten geben, kein Mitgliedstaat hat ein Veto-Recht, es gilt das demokratische Mehrheitsprinzip! Nur gemeinsam sind wir als werteorientierte Staatengemeinschaft stark!

Wenn sich die westliche Welt nach solchen Vorstellungen neu organisiert, kann Deutschland auch einen führungsschwachen Kanzler verkraften – wenn unsere parlamentarische Demokratie wieder funktioniert, die deutschen Streitkräfte bis 2031 wieder nach NATO-Kriterien einsatzfähig sind und wir uns engagiert und solidarisch in die EU, die NATO und die UNO einbringen.

(23.04.2022)

 

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