Hans-Heinrich Dieter

Nebenaußenpolitik   (26.11.2014)

 

Nach den klaren und eindeutigen Worten Bundeskanzlerin Merkels zum Charakter russischer Politik im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel in Brisbane hat Außenminister Steinmeier umgehend versucht zu beschwichtigen und zur Mäßigung aufgerufen. Bei einem Besuch in Moskau hat sich Steinmeier dann von Präsident Putin zu einem spontanen Gespräch bitten lassen, anstatt Putin deutlich zu machen, dass alles bereits mit der Bundeskanzlerin besprochen sei und Frau Merkel sich ja schon zur Politik Moskaus geäußert habe. So hat Steinmeier Putin Gelegenheit gegeben, einen Keil zwischen die Kanzlerin und den Außenminister zu treiben. Das Gespräch war - wie zu erwarten - erfolglos aber ein Punktgewinn für Putin. CSU-Chef Seehofer wirft Steinmeier nun vor, nicht hinter dem inzwischen etwas kritischeren Kurs der Kanzlerin gegenüber Russland zu stehen: "... wenn Herr Steinmeier eine eigene Diplomatie neben der Bundeskanzlerin betreibt, so wäre das brandgefährlich."

Nun hat der ehemalige SPD-Chef und brandenburgische Ministerpräsident in seiner heutigen Funktion als Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums gefordert, die völkerrechtswidrige russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim zu legalisieren, also den Völkerrechtsbruch hinnehmen und die russische Annexion der Krim und die massive Verletzung der Souveränität der Ukraine zu billigen. Was aber ist auch von einem im Unrechtsstaat DDR erzogenen Sozialisten zu erwarten? Nicht unbedingt ein an unseren westlichen Werten orientiertes Rechtsbewusstsein. Deswegen ist er als mehrfach unsicherer Kantonist auch für herausgehobene Ämter nicht qualifiziert. Platzeck will offenbar Putin nicht nur verstehen, sondern Russlands aggressive Politik anerkennen - unglaublich! CDU-MdB Schockenhoff sagt deswegen völlig zu Recht: "Jemand, der den Aggressor belohnen will und der denjenigen, der die Zivilgesellschaft in Russland unterdrückt, schützt, kann nicht Vorsitzender eines zivilgesellschaftlichen Forums sein."

SPD-Chef Gabriel stellt sich schützend vor seinen Genossen Platzeck, denn der habe seine umstrittene Forderung nach einer Legalisierung der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim inzwischen korrigiert. Gleichzeitig hat er den Westen vor einer Verschärfung des Tons gegenüber Russland gewarnt. Zu den Äußerungen von CSU-Chef Seehofer meint er: "Man kann das nicht ernst nehmen". Steinmeier müsse keine "Nebenaußenpolitik" führen, weil er als Außenminister ohnehin die fachliche Zuständigkeit habe. Der SPD-Vizekanzler weiß offenbar nicht, dass die Bundeskanzlerin nach Art 65 GG eine Richtlinienkompetenz  gegenüber den Bundesministern hat. Sie bestimmt verbindlich die Grundlinien der Regierungspolitik und legt damit die allgemeine politische Ausrichtung fest mit der die Ressortverantwortlichen ihren Geschäftsbereich selbständig und eigenverantwortlich führen. Gabriel wollte witzig wirken und hat sich mit diesem Diskussionsbeitrag doch ziemlich blamiert - zumindest bei Sachkundigen. Und auch SPD-Altkanzler wie Helmut Schmidt oder Gerhard Schröder, die mehrfach Kritik am Kurs der Bundeskanzlerin und an den Sanktionen geäußert haben, versuchen sich in Nebenaußenpolitik. Die allerdings werden zunehmend nicht mehr ernst genommen.

In der großen Koalition wird indes beschwichtigt, man stimme sich ab und bringt es auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, dass der Ukraine-Konflikt nicht militärisch zu lösen sei. Aber der Riss ist offensichtlich. In der SPD werden Russlands Sorgen allgemein sehr ernst genommen. Man versteht, dass die Russen unter dem Verlust des sowjetischen Imperiums leiden und verharmlost die russischen Gewaltaktionen als Ausdruck vom Westen verwundeter Seelen. Die Kanzlerin ist inzwischen nicht mehr bereit, Russlands imperiale Politik einfach hinzunehmen, sie nennt jetzt eine russische Aggression eine Aggression sowie einen Rechtsbruch und macht gemeinsam mit der EU werteorientierte Politik. Der gestrige Koalitionsausschuss wird diesen Riss nicht gekittet haben.

Die Bundeskanzlerin zeigt sich von den unsicheren SPD-Kantonisten, Putinverstehern und Putinabhängigen - öffentlich - wenig beeindruckt. Der kommende Petersburger Dialog wird auf Betreiben des Kanzleramtes verschoben. Der 25-köpfige Lenkungsausschuss des Petersburger Dialogs hat ein Eckpunkte-Papier erarbeitet, in dem eine umfassende organisatorische und personelle Neuaufstellung des Forums gefordert wird. In der heutigen Generaldebatte im Bundestag hat Frau Merkel ihre Kritik am russischen Vorgehen im Ukraine-Konflikt erneuert: "Nichts rechtfertigt oder entschuldigt die Annexion der Krim durch Russland" ... "Russlands Vorgehen bricht  internationales Recht." Trotzdem bleibt sie optimistisch, dass eine politische Lösung zu erreichen ist, denn militärisch sei der Konflikt nicht beizulegen.

Jetzt muss sie nur noch mit den unsicheren SPD-Kantonisten ein ernstes und grundsätzliches Wort reden und dem Vizekanzler wie auch dem zu nachgiebigen, manchmal beliebig wirkenden Außenminister Steinmeier die Richtlinienkompetenz gem Art 65 verdeutlichen und dann Richtlinien klar vorgeben sowie das Handeln innerhalb dieser Richtlinien einfordern. Dann wird Deutschland ein besserer und gelegentlich weniger irritierender politischer Partner in Europa sein.

(26.11.2014)

 

 

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