Hans-Heinrich Dieter

Afghanistan den Afghanen!   (15.08.2022)

 

Deutschland und andere NATO-Staaten haben vor gut einem Jahr Afghanistan verlassen. Am 15. August 2021 eroberten die Taliban nahezu kampflos die Hauptstadt Kabul.

Am Jahrestag der Machtübernahme durch die Taliban wird natürlich ausgiebig über die missliche Lage der Afghanen unter dem menschenverachtenden Regime der radikal-islamistischen Taliban berichtet und tatsächlich sind das Leid und die Hungersnot sehr groß. Und die Medien sprechen mit moralischem Impetus und manchmal geradezu weinerlich von zigtausenden „Ortskräften“ und „Schutzbedürftigen“, die noch ausgeflogen werden müssen, darunter auch afghanische Journalisten, Aktivisten und Frauenrechtlerinnen – ohne es jemals an Kriterien festmachen zu können, wer genau „Ortskraft“ ist und was zum Status des „Schutzbedürftigen“ führt. Mich stört dabei, dass immer wieder der Eindruck erweckt wird, dass wir die Afghanen ”im Stich gelassen hätten”. Und darüber hinaus wird immer wieder moralisierend versucht, uns „Schuld“ einzureden, die Wiedergutmachung erfordere. Das ist falsch!

Das Auswärtige Amt hat nach eigenen Angaben 2021 rund 10.000 Personen aus Afghanistan evakuiert, zum größten Teil eigene, also deutsche Staatsangehörige, dann militärische oder zivile Ortskräfte deutscher Institutionen – die diesbezügliche Evakuierungsliste wurde abgearbeitet. Diese Liste wird immer wieder infrage gestellt. Die Organisation Pro Asyl zum Beispiel kritisiert, die Bundesregierung setze ihre Zusage, gefährdete Menschen zu retten, nur ungenügend um. Sie forderte, das Ortskräfteverfahren zu reformieren und den Familiennachzug zu beschleunigen. Die Zahl der Menschen, die Schutz bekommen sollen, sei viel zu gering. Die Definition, wer als Ortskraft gilt, müsse alle Gefährdeten einschließen, zum Beispiel auch Subunternehmerinnen und -unternehmer, die für die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gearbeitet haben, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Diese Definition ist ungenau, schwer zu verifizieren, erzeugt nicht zu bewältigende Ansprüche und ist deswegen unsinnig!

Das Patenschaftsnetzwerk für einstige Ortskräfte der Bundeswehr wird da schon etwas konkreter, wenn es feststellt, dass ein Jahr nach Abzug der Bundeswehr noch bis zu 10.000 Menschen auf ihre Ausreise nach Deutschland warten. Die Frage bleibt trotzdem, ob alle diese Kräfte aufgenommen werden sollten, denn als sie sich als „Ortskraft“ beworben haben, ging es ihnen doch wohl um guten Verdienst und nicht um eine verbindliche Asylzusage! Und in dem Zusammenhang sollte man auch die Frage erörtern, ob denn nicht auch die von der Bundeswehr ausgebildeten Sicherheitskräfte vor den Taliban in Sicherheit gebracht werden müssten, denn die haben ja immerhin teilweise gegen die Taliban gekämpft.

Diese Frage kann man getrost verneinen. Denn große Teile der Zivilbevölkerung haben die Taliban unterstützt, sonst wäre die Guerrillakriegführung gegen die Sicherheitskräfte nicht so erfolgreich gewesen. Und die Sicherheitskräfte waren auch deswegen so eingeschränkt einsatzfähig, weil immer wieder große Teile der vom Westen ausgebildeten Soldaten und Polizisten „ausgebildet und bewaffnet“ zu den Taliban übergelaufen sind. Die afghanischen Sicherheitskräfte haben sich dann feige ergeben und sich schäbig mit den neuen Machthabern arrangiert.

Man sollte der Realität ins Auge sehen! Die afghanische Bevölkerung hat zwar unsere finanzielle und humanitäre Hilfe gerne in Anspruch genommen, aber unsere staatsbildende Unterstützung über die zwanzig Jahre unseres Einsatzes nicht wirklich angenommen. Für einen Großteil der Bevölkerung waren auch wir deutsche „Besatzer“. Und da die von uns ausgebildeten afghanischen Sicherheitskräfte – mit erheblichen Teilen - zu feige und unfähig waren, ihre Bevölkerung vor den Taliban zu schützen, und es vielfältig vorgezogen haben, ausgebildet und mit Waffen für mehr Geld zu den Taliban zu desertieren, haben wir keine unschuldigen Menschen im Stich gelassen, sondern nach Verhandlungen der USA mit den Taliban den aussichtslos gewordenen – auch für uns verlustreichen - Einsatz beendet. Die westliche Welt hat der afghanischen Bevölkerung intensiv – aber im Grunde vergeblich – geholfen. Die mittelalterliche, muslimische Bevölkerung will auch zukünftig auf der Grundlage der Scharia mit einer Stammesgesellschaft und Clan-Herrschaft leben. Die Taliban sind nun mit der Loya Jirga dafür verantwortlich, die Korruption zu beenden, das Staatswesen nach mehrheitlich afghanischen Wünschen zu konsolidieren und für das Wohl der afghanischen Bevölkerung zu sorgen. Und intelligente, ausgebildete Afghanen sollten eine positive Entwicklung ihrer Heimat tatkräftig unterstützen. Für die afghanische Zukunft werden patriotische und mutige Afghanen gebraucht – die darf man deswegen nicht alle evakuieren.

Die jüngere Geschichte hat gezeigt, dass die muslimische Welt nicht zu demokratisieren ist. Deswegen haben Staaten der westlichen Welt auch keine Verpflichtungen und keine „Verantwortung“ muslimischen Staaten gegenüber. In diesem neu entstehenden – aber weiterhin auf der Scharia fußenden - Afghanistan haben wir als westliche Welt keine zukunftsträchtigen politischen Interessen zu verfolgen. Und wenn deutsche Hilfe unabdingbar ist, dann nur in Unterstützung von UN-Vorhaben oder Initiativen der EU! Und wenn Afghanistan in der derzeitig schwierigen Phase Unterstützung und Hilfe braucht, dann muss diese Hilfe von muslimischen Staaten geleistet werden!

Deutschland hat schon sehr vielen Menschen geholfen. Wir können aber nicht allen helfen, ohne unsere Sozialsysteme hoffnungslos zu überlasten! Wir sollten deswegen nach eingehender Prüfung nur noch tatsächlich gefährdete Afghanen aufnehmen. Denn schon die derzeit in Deutschland befindlichen Afghanen sind nur sehr schwer zu integrieren und vielfach straffällig geworden. Derzeit leben in Deutschland schon über 30 000 abschiebepflichtige Afghanen.

(15.08.2022)

 

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