Hans-Heinrich Dieter

Zusammenarbeit NATO-EU   (11.01.2023)

 

Die Zusammenarbeit der NATO mit der Europäischen Union wird angesichts der Erfahrungen mit dem verbrecherischen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine weiter verbessert. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg unterzeichnete gestern in Brüssel eine gemeinsame Erklärung mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel. Das ist eine gute Nachricht!

Insbesondere im „wachsenden geostrategischen Wettbewerb“ mit Mächten wie dem aggressiven Russland unter dem Neo-Stalinisten Putin und dem systemischen Herausforderer China unter dem Neo-Maoisten Xi sowie beim „Schutz kritischer Infrastrukturen“ wollen sich beide Seiten nun noch enger abstimmen. Aber auch im Weltraum, gegen Cyber-Kriegsführung und beim Kampf gegen den Klimawandel sowie im Zusammenhang mit der „Manipulation von Informationen und Einmischung aus dem Ausland“ wollen die NATO und die EU intensiver kooperieren. Darüber hinaus appellieren NATO und EU erneut an Russland, den Krieg „sofort“ zu beenden. Zudem bekräftigen sie ihre Rückendeckung für die Ukraine.

Die neue Kooperationserklärung mit 14 Punkten ist die inzwischen dritte zwischen NATO und EU. Im Kontext der Krisenlage 2014 und der russischen Annexion der Krim-Halbinsel kam es zu einer strategischen Neuorientierung und Intensivierung der Beziehungen zwischen EU und NATO auf der Basis komplementärer und sich ergänzender Fähigkeitsprofile. Das führte zur ersten Gemeinsamen EU-NATO-Erklärung „Joint Declaration (PDF, 95,6 KB)“ 2016 in Warschau. Mit der zweiten Vereinbarung beim NATO-Gipfel 2018 in Brüssel wurden die komplementären und sich ergänzenden Fähigkeitsprofile aktualisiert und zum Beispiel durch gemeinsame Militärübungen sowie die Zusammenarbeit im Bereich von Cybersicherheit ergänzt.

Die Arbeiten an der dritten gemeinsamen Erklärung der EU und der NATO begannen bereits 2021 und hätten eigentlich noch im selben Jahr abgeschlossen werden sollen. Abstimmungsprobleme auf beiden Seiten führten allerdings immer wieder zu Verzögerungen aufgrund des renitenten Verhaltens des Problem-NATO-Mitgliedes und untauglichen EU-Beitrittskandidaten Türkei, die bislang Vereinbarungen verhindert, die einen umfassenden und unkomplizierten Austausch von vertraulichen NATO-Informationen mit der EU ermöglichen würden. Dadurch wird militärische Zusammenarbeit in manchen Bereichen sehr kompliziert oder unzureichend.

Trotzdem ist es sehr positiv, dass die durch den Ukraine-Krieg veranlasste engere Zusammenarbeit zwischen der gestärkten NATO und der geschlossener agierenden EU für die Gewährleistung der Euro-Atlantischen Sicherheit in vielen Einzelprojekten festgeschrieben wird. Besser wäre es allerdings, wenn es zu einer grundlegenden Vereinbarung käme, die die Zusammenarbeit für die Gewährleistung einer gemeinsamen Bündnisverteidigung Europas und der Nicht-EU-NATO-Mitgliedstaaten käme.

Die NATO ist der Eckpfeiler der kollektiven Verteidigung Europas. NATO-Alliierte, die auch Mitglied der EU sind, kennen nicht nur die Beistandspflicht gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrags, sondern auch die Beistandsklausel der EU, festgeschrieben in Artikel 42.7 des EU-Vertrags. Deutschland bekennt sich uneingeschränkt zu beiden Beistandsverpflichtungen. Diese beiden Beistandsverpflichtungen müssten zu gemeinsamen Verpflichtungen umgeschrieben werden. Im Falle einer Krisensituation oder eines Angriffs auf Europa könnten NATO und EU dann in enger Zusammenarbeit noch wirkungsvoller sein.

So könnte die EU für Außenpolitik zuständig sein und ihre vielfältigen zivil-militärischen Mittel einbringen. Sie könnte eigene Mittel im finanziellen, ökonomischen und diplomatischen Bereich einsetzen und damit die Möglichkeiten der NATO ergänzen. Ein Beispiel sind Sanktionen, die ein wirksames finanzielles Instrument unterhalb der Kriegsschwelle darstellen und in den Kompetenzbereich der EU fallen. Auf der anderen Seite ist die NATO Garant der Sicherheit und Verteidigung Europas, insbesondere mit militärischen Mitteln sowie unter dem nuklearen Schutzschild des NATO-Mitglieds USA, und damit unverzichtbarer Teil der europäischen Sicherheit.

Gleichzeitig ist die NATO mit ihren 27 (hoffentlich bald 29) Mitgliedstaaten für die EU ein einzigartiger und unumgänglicher Partner im Krisen- und Konfliktmanagement auch außerhalb Europas – und das nicht nur, weil beide Organisationen 21 Mitgliedstaaten teilen. Im Kontext eines sich wandelnden sicherheitspolitischen Umfelds verbinden EU und NATO gemeinsame politische wie auch militärstrategische Interessen.

Im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg haben die EU und die NATO unter Beweis gestellt, dass die Zusammenarbeit einer geschlossen außenpolitisch handelnden EU und einer geeinten, sicherheitspolitisch agierenden NATO unter dem nuklearen Schutzschirm der USA Russland glaubhaft abschrecken können. Diese Zusammenarbeit muss verstärkt werden, ohne teure und überflüssige Doppelstrukturen!

(11.01.2023)

 

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