Verlierer Bundeswehr (07.07.2024)
Kanzler Scholz hat im Rahmen der „Zeitenwende“ versprochen, das Zwei-Prozent-Ziel der Allianz dauerhaft einzuhalten. Aber wie das gelingen soll, ist nach der vorläufigen Einigung über den Bundeshaushalt 2025 rätselhaft. Und wenn dieser Bundeshaushaltsentwurf mit der mittelfristigen Finanzplanung bis 2028 entschieden wird, vertagt die Ampel das Finanzierungsproblem nämlich auf die nächste Regierung. Das ist sehr wenig verantwortungsbewusst – überrascht die Bürger aber wohl nicht wirklich!
Verteidigungsminister Pistorius hat vor den Eckwerteverhandlungen zum Haushalt 2024 wohlbegründet für den rund 52 Milliarden Euro umfassenden Wehretat einen Aufwuchs von mindestens 10 Milliarden Euro für Verteidigungsinvestitionen gefordert, um der kaputtgesparten Bundeswehr allmählich auf die Füße zu helfen. Er hat sich schon damals nicht durchgesetzt und bekam nur einen Bruchteil, um steigende Personalkosten decken zu können! Und darüber hinaus hat er auch nicht erreicht, dass der Verteidigungshaushalt 2% vom BIP für Verteidigungsinvestitionen ermöglicht, ohne auf das Sondervermögen zurückzugreifen. Und die mittelfristige Finanzplanung bis 2027 brachte zum Ausdruck, dass Deutschland die NATO-Vereinbarungen nicht einhalten wird. Das führte zu Vertrauensverlust unserer Partner in Deutschland – und unserer Soldaten in Pistorius!
Für den Verteidigungshaushalt 2025 forderte Pistorius nun 6,7 Milliarden Euro mehr und bekommt nun lediglich 1,2 Milliarden mehr, weil es dem Minister in den Verhandlungen mit Scholz, Habeck und Lindner nicht gelungen ist, seinen Mehrbedarf als „unabweisbar“ zu begründen. Und inzwischen ist überhaupt nicht mehr die Rede davon, dass das Sondervermögen eigentlich nicht herangezogen werden soll, um das Prozent-Ziel der Allianz jährlich zu erreichen. Noch handelt es sich bei dem Haushaltsentwurf für 2025 um einen – wohl etwas faulen – Kompromiss auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner, um die Koalition zusammenzuhalten. Es sind aber keine Mehraufwendungen zu erwarten, die die Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zeitgerecht ermöglichen würden. Hier droht ein neuer Vertrauensverlust unserer NATO-Partner in Deutschland – und unserer Soldaten in die Ampel und Pistorius!
In der kommenden Woche steht der NATO-Gipfel in Washington an. Da werden Scholz und Pistorius darauf verweisen, dass Deutschland in diesem Jahr das 2-Prozent-Ziel erstmals erreicht hat und mithilfe des schuldenfinanzierten 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens auch im nächsten Jahr einhalten wird. Diese Erzählung aber dürfte die Alliierten nicht zufriedenstellen. Denn die Alliierten kennen unsere Probleme hinsichtlich der Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte für die Landes- und Bündnisverteidigung. Und die Partner wissen auch, dass wir die Einsatzfähigkeit bis spätestens 2031 wiederherstellen wollen – und dass wir nach jahrelangem Einsacken der „Friedensdividende“ viel aufzuholen haben. Und deswegen sind 2% vom BIP jährlich das Mindeste, das wir für Verteidigungsinvestitionen aufbringen müssen.
Außerdem ist den Nato-Partnern sehr bewusst, dass das 100-Milliarden Sondervermögen Ende 2027 aufgebraucht sein wird. Deswegen ist für alle Beteiligten interessant, wie ab 2028 das 2-Prozent-Ziel erreicht werden soll, wenn dann der Verteidigungshaushalt auf 80 Milliarden Euro aufwachsen muss, ohne auf ein Sondervermögen zurückgreifen zu können. Wie dieser Aufwuchs um etwa 30 Milliarden Euro jährlich zu gewährleisten sein wird, hat der Bazooka-Scholz bisher nicht erklären können. Aber das ist ja auch erst 2028 zu leisten!
Die Probleme, die aus dieser wenig verantwortungsbewussten mittelfristigen Planung des Wehretats erwachsen sind gewaltig. Verteidigungsfachleute warnen bereits davor, dass sich in zwei Jahren mit dem Wehretat nur noch die Fixkosten der Bundeswehr decken ließen. Darunter sind etwa Ausgaben für Personal, Material, den Betrieb von Waffensystemen, Fahrzeugen und Kasernen zu verstehen. Spielraum für die Beschaffung von neuem Gerät oder Munition sowie für weitere Ausgaben, etwa für die in Litauen geplante schwere Brigade, bestünde dann keiner.
Die Probleme ergeben sich nicht nur für den regulären Verteidigungsetat, denn aus dem 100-Milliarden Sondervermögen sind nach Aussagen der Regierung bereits 80 Milliarden durch konkrete Aufträge gebunden, einer dieser „Aufträge“ sind allein 7 Milliarden Zinsen, die für die Finanzierung des Sondervermögens anfallen. Dazu kommen bei einer ganzen Reihe von Rüstungsvorhaben signifikante Kostensteigerungen und auch die Wiederbeschaffung von an die Ukraine abgegebenen Waffen und Munition (520 Millionen Euro) aus dem Sondervermögen war bisher nicht eingeplant. Das alles lässt vermuten, dass das Sondervermögen früher als geplant ausgegeben sein wird. Dann müsste das Geld für Gerät und Munition, zu deren Kauf sich die Bundeswehr inzwischen verpflichtet hat, aus dem laufenden Haushalt kommen. Dafür wird es aber wohl keinen Spielraum geben.
Mit dieser Planung wird die zugesagte Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte nicht erreicht, Deutschland gewinnt das erforderliche Vertrauen der Bündnispartner nicht zurück und bleibt wohl bis auf Weiteres ein sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer – und ein unattraktiver „Arbeitgeber“, der seine Personalprobleme absehbar nicht lösen wird. Denn welcher intelligente, patriotisch eingestellte, psychisch und physisch belastbare Bürger verpflichtet sich bei einer Bundeswehr, die die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Auftragserfüllung im militärischen Einsatz nicht gewährleistet?
Die Soldaten der Bundeswehr tun mir leid!
(07.07.2024)
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