Hans-Heinrich Dieter

Verantwortungsloser Verteidigungsetat   (12.11.2022)

 

Unter Merkel hat die große Koalition die Bundeswehr verantwortungslos zum Sanierungsfall kaputtgespart. Und dann hat der Neostalinist Putin am 24.02.2022 die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen und die Fehlerhaftigkeit von Merkels naiv-pazifistischer sowie russlandhofierender Politik wurde sogar rot-grünen Mainstream-Medien offenkundig.

Kanzler Scholz hat dann die „Zeitenwende“ ausgerufen und zusammen mit Finanzminister Lindner ein 100-Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr aus der Taufe gehoben, um die umfangreichen Ausrüstungslücken zu schließen und die deutschen Streitkräfte wieder nach NATO-Kriterien einsatzfähig zu machen. Da kam Hoffnung auf!

Und diese Hoffnung hat Scholz bei mehreren Ansprachen verstärkt. So sagte er im Herbst bei der Führungskräftetagung der Bundeswehr in Berlin, dass es sein Ziel sei, die Bundeswehr zur „am besten ausgestatteten Streitkraft in Europa“ zu machen, die unser Land – im Rahmen der NATO – zuverlässig schützen können soll. Alle anderen Aufgaben hätten sich dieser Priorität einer funktionierenden Landes- und Bündnisverteidigung unterzuordnen. Und er fügte hinzu: „Das ist mein Anspruch als Bundeskanzler. Daran können Sie mich messen.“ Und zusätzlich hat Scholz mehrfach versprochen, zukünftig die NATO-Verpflichtungen einzuhalten und „Jahr für Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung“ zu investieren. An diesen Ansprüchen und Versprechen dürfen wir also Scholz messen!

Die Realität der Finanzplanung des Bundestages in dieser Woche zerstört die Hoffnungen und zeigt brutal, wie unehrlich und unglaubwürdig Scholz tatsächlich ist. Denn der Verteidigungshaushalt von 50,33 Milliarden Euro im laufenden Jahr 2022 wurde für das kommende Jahr 2023 auf 50,1 Milliarden Euro abgesenkt. Und die mittelfristige Finanzplanung verstetigt diese Summe für die Folgejahre. Das heißt, dass im neuen Verteidigungshaushalt 16 Milliarden Euro fehlen, um das vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel der NATO zu erreichen. Nicht nur der Kanzler ist da unehrlich und unglaubwürdig, sondern Deutschland bleibt mit diesen Planungen ein sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer und beschädigt seine Glaubwürdigkeit in der NATO sowie in der EU und verliert weiter an Vertrauen. Das sind schlimme politische Auswirkungen in einer Zeit, wo es darauf ankommen muss, dass die Mitglieder der NATO aber auch der EU solidarisch zusammenstehen und ihre vereinbarten Verpflichtungen verantwortungsbewusst erfüllen. Hier versagt Deutschland!

Die sicherheitspolitischen Auswirkungen sind nicht weniger schädlich. Um die Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte in der Bündnisverteidigung nach NATO-Kriterien wie geplant bis 2031 wiederherzustellen, braucht die Bundeswehr nicht nur das Sondervermögen, sondern auch eine verlässliche mittel- und langfristige Finanzplanung, die sich konsequent an der Zwei-Prozent-BIP-Forderung orientiert. Entsprechend der jetzigen Finanzplanung sind die Einsatzfähigkeitsziele nicht zu erreichen!

In Folge dieser verantwortungslosen Finanzplanung werden zum Beispiel unsere Truppenteile, die die NATO-Ostflanke verstärken und die Verbände, die für die NATO in hoher Bereitschaft zu halten sind, nicht „kaltstartfähig“ sein, sondern weiterhin durch Material und Personal aus der ganzen Bundeswehr einsatzfähig gemacht werden müssen. Die Soldaten sind dann gut ausgebildet und hinreichend ausgerüstet, wenn sie in den Einsatz gehen, wenn es aber zur bewaffneten Auseinandersetzung kommt, sind sie nicht durchhaltefähig, weil ihnen Munition fehlt.

Auch hier verfehlen wir die NATO-Vorgaben, dass Gefechtsmunition als 30-Tagevorrat zu halten ist. Um diese Vorgaben zu erfüllen, wird das Investitionsvolumen bis 2031 auf rund 20 Milliarden Euro geschätzt. Derzeit reichen die Vorräte für wenige Tage oder, je nach Munitionstyp, auch nur wenige Stunden. Wenn die Politiker den Auftrag jeweils ernst nehmen würden, dann dürften sie die Truppe nicht in den Einsatz schicken – und die militärische Führung müsste die erforderliche, an möglichen scharfen Gefechtseinsätzen orientierte Munitionsausstattung vor Einsatzbeginn gewährleisten.

Auf der Grundlage der entschiedenen Finanzplanung wird das Heer also „mehr oder weniger blank“ bleiben und der Luftwaffe und auch der Marine wird es nicht viel besser gehen! Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst Wüstner, sieht die Bundeswehr sogar insgesamt – aber auch im Zusammenhang mit Abgaben an die Ukraine - „im freien Fall, weil nach wie vor mehr Material die Truppe verlässt als neues zuläuft“. Das sind wenig erfreuliche Zustände und wir sollten uns auch bewusst sein, dass der Personalmangel so nicht zu beseitigen ist, denn welcher leistungsstarke und patriotisch eingestellte Staatsbürger verpflichtet sich aus freien Stücken zum Dienst in Streitkräften, die noch lange sanierungsbedürftig bleiben werden?

Wenn die verantwortlichen Parlamentarier die „Zeitenwende“ ernster nehmen würden als Scholz und seine rot/grüne Ampel, dann würden sie mit verantwortungsbewussten Entscheidungen die finanziellen Voraussetzungen schaffen, damit bei der Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit der Streitkräfte endlich Tempo gemacht werden kann. Aber wie sagt der ehemalige Wehrbeauftrage Bartels richtig: „Die deutsche Realität ist: Es geht nicht schnell. Nichts geht schnell!“

Mir tun die Soldaten und Soldatinnen leid, die unter diesen Umständen weiterhin treu dienen – und ihren Kopf hinhalten - müssen!

(12.11.2022)

 

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https://www.hansheinrichdieter.de/html/deutschland-fuehrungslos.html

https://www.hansheinrichdieter.de/html/naiv-pazifistischesd.html

 

 

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