Hans-Heinrich Dieter

UN-Generaldebatte   (21.09.2023)

 

Die Welt trifft sich in dieser Woche in New York City zur jährlichen Vollversammlung der Vereinten Nationen, um sich gemäß der UN-Charta gemeinsam darum zu bemühen, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren, alle Streitigkeiten friedlich zu schlichten und freundschaftliche Zusammenarbeit zur Friedenssicherung zu fördern. Solche Bemühungen sind angesichts der Weltlage zum Scheitern verurteilt.

Denn die Organisation der Vereinten Nationen genügt nicht mehr den Realitäten unserer Zeit. Insbesondere der Weltsicherheitsrat – der den Anforderungen bei Gründung der Vereinten Nationen vor 75 Jahren entsprochen haben mag - entspricht nicht mehr den Herausforderungen unserer Welt im Umbruch. Und die Selbstblockade des UN-Sicherheitsrates durch die fünf zerstrittenen Vetomächte verdammt die Vereinten Nationen zur politischen Ohnmacht.

Man muss sich nur noch einmal vor Augen führen, dass das kriegsverbrecherische Russland am 01.02.2023 den Vorsitz des UN-Sicherheitsrates, dem wichtigsten UN-Gremium, turnusmäßig für einen Monat übernommen hat. Mit Russland im Welt-Sicherheitsrat kann doch „freundschaftliche Zusammenarbeit zur Friedenssicherung“ nie und nimmer gefördert werden. Und da sollte sich nicht nur die Ukraine daran erinnern, dass Russland davor den Vorsitz im Weltsicherheitsrat im Februar 2022 innehatte - als es völkerrechtswidrig und unter Verletzung der UN-Charta die Ukraine überfiel.

Nicht erst seit Ausbruch des Ukraine-Krieges gelten die Vereinten Nationen als handlungsunfähig. Mehrere Missionen in Afrika, auch unter Beteiligung der Bundeswehr, haben ihre Ziele nicht erreicht. Doch auch gegen die bewaffneten UN-Missionen auf dem Kontinent gab es zuletzt verstärkt Widerstand. Sechs der zwölf Friedenseinsätze der Vereinten Nationen auf der Welt finden in Afrika statt – und sind mit 80 Prozent des Budgets besonders teuer. Doch ihr Erfolg ist sehr überschaubar. Und Mali ordnete im Juni den unverzüglichen Abzug der verbliebenen 11.700 Blauhelmsoldaten an. Betroffen sind auch rund 1000 Bundeswehrsoldaten. Die UNO lässt sich aus einem unterstützten Land hinauswerfen – erniedrigender geht es kaum!

Darüber hinaus droht die Weltgemeinschaft bei der Erreichung ihrer Ziele in Sachen Armut, Hunger und Klimawandel zu scheitern. Am 25. September 2015 haben die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auf dem UN-Nachhaltigkeitsgipfel in New York die sogenannte Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung beschlossen. Kernelement der Agenda 2030 sind die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung, die im Rahmen des Aktionsplans konkrete und überprüfbare Zielsetzungen für eine nachhaltigere Entwicklung vorgeben. Von diesen 17 Zielen wurde nicht einmal die Hälfte zu etwa 30% vorangebracht. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat deshalb schon vor Beginn der regulären Vollversammlung die Mitglieder zu einem Krisengipfel eingeladen. Es steht erfahrungsgemäß nicht zu erwarten, dass die bisherigen beschämenden Ergebnisse bis 2020 deutlich verbessert werden. Das ist nur eines von nicht wenigen Beispielen von „UN-Bemühungen“, die zu scheitern drohen.

Dieses Trauerspiel findet in einer Zeit statt in der die Vereinten Nationen mehr denn je als handlungsfähige Welt-Organisation zur Lösung globaler Probleme gebraucht werden. Deswegen ist es gut, dass sich die Welt in New York City trifft und Gedanken austauscht. Da werden wichtige Reden – teilweise vor fast leeren Plenarsälen – geschwungen. Die Wirkung ist jeweils schlecht einzuschätzen. Bei seiner Rede in New York präsentierte Kanzler Scholz Deutschland als verlässlichen Partner. Er drang auf eine Reform des UN-Sicherheitsrates und verwies auf die Pflicht der Generalversammlung, über eine Reform des Sicherheitsrates zu entscheiden, dabei sei zu berücksichtigen, dass Afrika, so wie auch Asien und Lateinamerika mehr Gewicht gebührt, gut so. Deutschland strebt zusammen mit Indien, Brasilien und Japan im Rahmen der sogenannten G 4-Gruppe einen ständigen Sitz an. Den deutschen Wunsch nach einem eigenen ständigen Sitz im höchsten UN-Gremium wiederholte Scholz nicht ausdrücklich, sondern erwähnte lediglich die deutsche Kandidatur für einen zweijährigen, nichtständigen Sitz 2027/28.

Präsident Selenskyj hat vor der Vollversammlung eine flammende Rede gehalten und die UN zur „Einheit im Kampf gegen Russland“ aufgerufen, um einen fairen Frieden für alle zu erreichen. Dazu schlug er erneut eine UN-Friedenskonferenz vor. Das ist der richtige Ansatz – aber wohl ohne Aussicht auf baldigen Erfolg!

Im derzeit handlungsunfähigen und erfolglosen Zustand dürfen die Vereinten Nationen nicht verharren. Deshalb darf die hauptsächlich durch die Selbstblockade des Sicherheitsrates erzeugte Handlungsunfähigkeit nicht länger hingenommen werden. Daher ist eine Reorganisation des UN-Sicherheitsrates durch Abschaffung des Vetorechtes der jetzigen fünf ständigen Mitglieder und Einführung demokratischer, verbindlicher Mehrheitsentscheidungen zwingend geboten. Und im zukünftigen Weltsicherheitsrat sollten der EU, Afrika, sowie auch Asien und Lateinamerika mehr Gewicht eingeräumt werden!

(21.09.2023)

 

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