Hans-Heinrich Dieter

Türkische Zumutungen   (05.03.2017)

 

Die Liste türkischer Zumutungen ist sehr lang.

Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat 2010 in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ die Einrichtung türkischer Gymnasien in Deutschland gefordert. Die fast drei Millionen in Deutschland lebenden Türken müssten zuerst ihre eigene Sprache beherrschen, meint Erdogan. Das fordert der türkische Ministerpräsident, dessen Regierung für die 15 Millionen Kurden in der Türkei keine Schule zulässt, in der die Kinder in ihrer Muttersprache unterrichtet werden. Und solche Forderungen stellt der türkische Chauvinist, der 2008 in Köln seinen türkischen Landsleuten sehr halbherzig Integration empfohlen und im gleichen Atemzug die hier von niemandem verlangte Assimilation demagogisch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit genannt hat.

Erdogan warnte erneut vor der "Assimilation", die in Deutschland keiner fordert, und wandte sich in scharfer Form gegen die verlangten Deutschkenntnisse für den Nachzug von Familienangehörigen: "Wer Deutschkenntnisse zur wichtigsten Voraussetzung erklärt, verletzt die Menschenrechte." Und Erdogan ging mit seiner das Gastrecht deutlich verletzenden Verhaltensweise so weit, dass er seine schon abgegriffene Forderung wiederholt, Türken in Deutschland sollten ihren Kindern zuerst Türkisch und dann Deutsch beibringen. Erdogan benimmt sich so, als ob er in einer türkischen Provinz auftritt.

Als der solidarische NATO-Partner Patriot-Raketen in der Türkei stationiert hat, um den Luftraum der Türkei zu schützen, stellte der Wehrbeauftragte erhebliche Missstände bei der Unterbringung der deutschen Soldaten fest. Außerdem gab es offenbar grundsätzliche Spannungen mit der Bevölkerung sowie mit dem türkischen Militär und ein nicht hinzunehmendes Verhalten des türkischen Lagerkommandeurs gegenüber einer deutschen Soldatin, bis hin zu Handgreiflichkeiten. Hinsichtlich der offiziellen Beflaggung des Lagers mit den Fahnen Deutschlands, der Türkei und der NATO gab es Probleme, weil die deutsche Flagge nicht gezeigt werden sollte und der deutsche Kommandeur durfte seine Uniform nicht außerhalb des Lagers tragen. Die Türkei hat sich als mieser und grottenschlechter Gastgeber enttarnt.

In diesem Zusammenhang muss auch die wenig solidarische Haltung des NATO-Partners Türkei im Zusammenhang mit dem Rückzug der deutschen Truppen aus Afghanistan erwähnt werden. Denn die Türkei wollte zunächst nicht zulassen, dass Waffen der Bundeswehr im Hafen Trabzon in der Nordtürkei auf Schiffe umgeladen werden. Nur Container und unbewaffnete Fahrzeuge sollten umgeschlagen werden dürfen. Das hätte bedeutet, dass Panzer und Kanonen nur auf dem Luftweg und mit erheblich höherem Kostenaufwand direkt nach Deutschland transportiert werden müssten. Dieser höchst unfreundliche Ansatz konnte nur mit großer Mühe und "Zugeständnissen" bereinigt werden.

Deutschland hat Aufklärungsflugzeuge im Rahmen des Kampfes der internationalen Koalition gegen den IS auf der Luftwaffenbasis Incirlic stationiert und die Türkei hat zeitweilig den Besuch deutscher Politiker bei den deutschen Soldaten verweigert. Das Besuchsverbot wurde erst gelockert, als Investitionen in die Basis Incirlic in Aussicht gestellt wurden.

Als der Bundestag im vergangenen Jahr mit einer großen Mehrheit den Massenmord an bis zu 1,5 Millionen Armeniern im Osmanischen Reich 1915 als Völkermord eingestuft hat, kam es zu zahlreichen Drohungen bis hin zu Morddrohungen gegen Abgeordnete mit türkischem Familienhintergrund und Präsident Erdogan hat türkischstämmige Abgeordnete wegen ihres Abstimmungsverhaltens als verlängerten Arm der verbotenen kurdischen PKK bezeichnet und verlangt, ihr Blut im Labor testen zu lassen. Damit nicht genug, der Möchtegern-Sultan Erdogan beschimpft Deutschland als Herberge von Terroristen.

Erdogan belässt es aber nicht bei Beschimpfungen, er handelt gegen die demokratisch verfasste Bundesrepublik. Der türkische Geheimdienst MIT hat nicht dementierten Meldungen zufolge in Deutschland 500 hauptamtliche Agenten eingesetzt, denen etwa 6000 Spitzel und Informanten zuarbeiten. Damit hat der MIT als türkischer Auslandsgeheimdienst zur Überwachung der türkischstämmigen Bürger in Deutschland ein dichteres Netz geknüpft als die Stasi in der ehemaligen DDR. Und man muss davon ausgehen, dass der MIT nicht nur türkischstämmige Bürger überwacht und gegebenenfalls unter Druck setzt, sondern auch kritische deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund. Abgeordnete des Deutschen Bundestages können davon aus erster Hand berichten. Und man muss davon ausgehen, dass alle türkeikritischen in Deutschland lebenden Bürger Ziel systematischen Ausspionierens sind. Das stellt eine massive Gefährdung der inneren Sicherheit dar.

Deutschlands größter Islamverband DITIB hat inzwischen Bespitzelungen durch Imame gegen Mitglieder der Gülen-Bewegung für den türkischen Staat eingeräumt, von einer Panne gesprochen und sich entschuldigt. Der religionspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Beck, hatte bereits im Dezember beim Generalbundesanwalt Strafanzeige in diesem Fall wegen des Verdachts der Spionage zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland gestellt. Dieser Verdacht hat sich inzwischen mehrfach bestätigt. Dass der Generalsekretär von DITIB, Bekir Alboga, später von einer Panne spricht und versucht zurückzurudern, ist wohl eher verlogen. DITIB-Imame sind türkische Staatsbeamte. Sie werden von Ankara entsendet und bezahlt. Die Vorsitzenden der DITIB-Landesverbände sind in der Regel die Religionsattachés in den türkischen Konsulaten und damit die direkten Vorgesetzten der Imame. Sie haben die besagten Anweisungen des türkischen Religionspräsidiums Diyanet - sicher im Auftrag Erdogans - erhalten und natürlich pflichtbewusst ausgeführt.

Jetzt haben Absagen von Wahlkampfauftritten türkischer Minister in deutschen Städten für erhitzt türkische Empörung gesorgt. Der türkische Justizminister Bekir Bozdag meint: „Es ist eine Skandal-Entscheidung und eine Entscheidung, die gegen die diplomatische Höflichkeit verstößt.“ Er sieht sogar die Absage als „im wahrsten Sinne des Wortes faschistisches Vorgehen“. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu drohte Deutschland natürlich sofort mit Konsequenzen. „Wenn sie mit uns arbeiten wollen, müssen sie lernen, wie sie sich uns gegenüber zu verhalten haben.“ Und die Türkei wird natürlich „ohne Zögern mit allen Mitteln“ antworten. Drohungen und Erpressungen sind halt normale türkische Polit-Folterwerkzeuge.

Das genügt dem Chauvinisten Erdogan nicht. Er wirft den deutschen Behörden Nazi-Methoden vor: "Eure Praktiken unterscheiden sich nicht von den früheren Nazi-Praktiken", und fügt hinzu, er hätte gedacht, diese Zeit sei in Deutschland längst vorbei, "wir haben uns geirrt", Deutschland habe nichts mit Demokratie zu tun. Und den deutsch-türkischen Korrespondenten der "Welt" Deniz Yücel verleumdet er und bezichtigt ihn der Spionagetätigkeit: "Als ein Vertreter der PKK, als ein deutscher Agent hat sich diese Person einen Monat lang im deutschen Konsulat versteckt."

Die türkischen Verbalattacken sind schwer erträglich und die vorwiegende Unterwürfigkeit der deutschen Regierung ist geradezu peinlich.

Außenminister Gabriel warnt vor einer weiteren Eskalation. Gesprächskanäle zuzuschütten sei keine Politik. Es kann aber auch keine Politik einer selbstbewussten und wehrhaften Demokratie sein, Gesprächskanäle offen zu halten, um sich beleidigen und übel verleumden zu lassen.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wirbt für Toleranz und Gewährung von Meinungsfreiheit für türkische Politiker. Einzig der CDU-Abgeordnete Bosbach und der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl sprechen sich öffentlich und klar für ein Redeverbot aus. Uhl macht deutlich, eine „uneingeschränkte Redefreiheit“ habe die deutsche Rechtsordnung nie gekannt. "Wir gewähren Versammlungs- und Redefreiheit und Meinungsfreiheit all denen, die sich auf dem Boden dieses Staatsaufbaus bewegen, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung." Und Uhl fügte hinzu: "Aber wir wehren uns gegenüber den Feinden der Demokratie, denen geben wir eben nicht die Versammlungsfreiheit."

Einige Partner in der EU sind da mutiger sowie konsequenter und zeigen mehr Haltung als deutsche Regierungsvertreter - allen voran Kanzlerin Merkel.

Ministerpräsident Rutte erklärt türkischen Wahlkampf in den Niederlanden für unerwünscht. Und Österreichs Bundeskanzler Kern hat sich dafür ausgesprochen, die Wahlkampfauftritte türkischer Politiker EU-weit zu verbieten. So würden einzelne EU-Länder nicht unter Druck der Türkei kommen. Er forderte zudem ein sofortiges Ende der Beitrittsgespräche. Denn: "Präsident Erdogan muss endlich auf den Boden der Rechtsstaatlichkeit zurückkehren, von dem er sich zuletzt immer weiter entfernt hat." und er fügt hinzu, Menschenrechte und demokratische Grundrechte würden mit Füßen getreten und Pressefreiheit sei ein Fremdwort in dem Land am Bosporus.

Die erheblichen Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei sollten nicht durch falsche Harmonie überkleistert, sondern durch faire aber konsequente und selbstbewusste politische Auseinandersetzung überwunden werden. Die ständige kriecherisch wirkende Unterwürfigkeit deutscher Politiker ist schwer erträglich und wird von egozentrischen Chauvinisten wie Erdogan - und dem seelenverwandten Putin - als Schwäche ausgelegt und entsprechend ausgenutzt.

Deutschland muss zum aufrechten Gang zurückfinden!

(05.03.2017)

 

Bei Interesse an der Thematik lesen Sie auch:

http://www.hansheinrichdieter.de/html/nato-mitglied-tuerkei.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/sperrigernato-partner.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/tuerkisch-chauvinistisch.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/chauvinisterdogan.html

http://www.md-office-compact.de/SchlussmitMultikulti.htm

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klare Worte