Hans-Heinrich Dieter

Mutige Frauen!   (05.08.2022)

 

Bereits 2011 wurde in Deutschland intensiv über eine „gesetzlich geregelte Frauenquote“ und auch über eine „flexible Frauenquote“ diskutiert, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft zu erhöhen. Dieses Quotendenken hat sich nur zum Teil durchgesetzt, weil es besser ist, wenn allen Frauen die Chancen gegeben werden, über ihren Lebens- und Berufsweg auf der Grundlage ihrer Qualifikation sowie ihres Leistungsvermögens und ihrer Lebensplanung selbst zu entscheiden. Wichtiger als „Quoten“ sind der Abbau von eventuellen Benachteiligungen, etwa im Hinblick auf ungleiche Bezahlung für gleiche Tätigkeiten, und die Verbesserung der Rahmenbedingungen dafür, dass Frauen in Führungspositionen die hohen beruflichen Anforderungen mit ihren Familienverpflichtungen in Einklang bringen können. Letztendlich müssen aber Qualifikation, Verfügbarkeit und Leistung für die Besetzung von Führungspositionen durch Frau oder Mann ausschlaggebend sein. Wir sollten die Gleichberechtigung auf der Grundlage von Eignung und Leistung gewährleisten und keine sozialistische Gleichbehandlung oder Gleichstellung um jeden Preis anstreben.

Im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2021, der Ampel-Koalitionsverhandlungen und dem damit verbundenen Ämtergeschacher wurde das Thema wieder hochgekocht. Der Anteil von Frauen wurde bei SPD und Grünen in Regierungs- und Parteiämtern weitgehend nach dem Grundsatz der Parität gewährleistet. Dabei spielten Eignung und Leistung offensichtlich keine entscheidende Rolle.

Im Präsidium des Deutschen Bundestages hat man etwas übertrieben, denn es gibt nur einen männlichen Vize-Präsidenten und mit den Vize-Präsidentinnen Özoguz, Göring-Eckardt und Pau mindestens drei eingeschränkt leistungsfähige „Quotenfrauen“.

Bei den Bundes-Ministerinnen hat die SPD teilweise eine weniger gute Hand bewiesen, denn Innenministerin Nancy Faeser ist bisher weniger durch gute und erfolgreiche Innenpolitik aufgefallen als durch ihren fundamentalistischen „Aktionsplan Rechtsextremismus“ und ihren „Kampf für Diversität und gegen Queerfeindlichkeit“ mit dem Hissen der Regenbogenflagge anstelle der Bundesflagge vor dem Innenministerium. Und der SPD fällt nichts Besseres ein, als die unerfahrene „Quotenfrau“ Christine Lambrecht in die Fußstapfen der erfolglosen Verteidigungsminister-innen der vergangenen Jahre treten zu lassen, die die Bundeswehr zum Sanierungsfall heruntergewirtschaftet, das Vertrauen der Soldaten verspielt und zum negativen Image der Streitkräfte massiv beigetragen haben. Diese SPD-Quotenfrauen haben zusammen mit dem Zauderer das Absacken der SPD in den Umfragen eingeleitet.

Die Grünen sind auch dem Grundsatz der Parität gefolgt, haben aber ein geschickteres Händchen gehabt. Annnalena Baerbock mag zwar bei den Grünen als Quotenfrau angefangen haben, hat sich aber aus diesem Stadium herausgearbeitet und ist inzwischen eine respektierte Außenministerin geworden. Da hat sie es natürlich auch nicht schwer, denn ihre drei SPD-Vorgänger waren schwache und teilweise unfähige Außenminister, die eine von Kanzlerin Merkel – sträflich - zugelassene Nebenaußenpolitik betrieben haben.

Der ehemalige Außen-Illusionist Steinmeier hat die Außenpolitik der Bundesregierung und der EU im Zusammenhang mit Sanktionen gegen Russland ständig illoyal hintertrieben und die Sicherheitspolitik der NATO sowie ihres deutschen Mitgliedes als „Säbelrasseln“ schäbig verleumdet. Gabriel war nur kurz im Amt und hat als naiv-pazifistischer Außenminister die Gesprächsfäden-Knüpfpolitik Steinmeiers vielfliegend fortgesetzt und das umweltschädlich verflogene Steuergeld sicher nicht hereingearbeitet! Und die „wandelnde Plattitüde“ Maas hat sich über das angestrengte Offenhalten von Gesprächskanälen als weitgehend untauglich erwiesen und ist nicht der Rede wert. Im Vergleich zu diesen „Klinkenputzern“ macht Baerbock einen starken Eindruck.

Außenministerin Baerbock eiert nicht rum, sondern redet Klartext auf der Grundlage von Ãœberzeugungen. Sie hat sich schon im Februar 2022 vor dem verbrecherischen Ãœberfall Putins persönlich einen Eindruck von der Lage im Donbass verschafft und drohte Putin schon damals: „Jede weitere Aggression hätte massive Folgen für die russische Seite.“ und versicherte: „Wir stehen an der Seite der Ukraine!“ Im Mai 2022 reiste Baerbock als erstes Regierungsmitglied in die Ukraine, um die Unterstützung der Bundesregierung persönlich deutlich zu machen. Bei ihrem Besuch in der Hauptstadt Kiew hat sie weitere Unterstützung zugesagt und die deutsche Botschaft wieder eröffnet. Bei allen Pressekonferenzen hat sie den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands mit deutlichen Worten und scharf verurteilt. Bei ihren Antrittsreisen hat Baerbock immer die deutsche Außenpolitik „Zeitenwende“-gemäß vertreten, die politischen Positionen der NATO und der EU unterstützt und verdeutlicht sowie für die europäischen Werte und für eine regelbasierte Friedenspolitik gekämpft. So eindeutig haben sich deutsche Politiker schon lange nicht mehr gegenüber unseren Freunden, Partnern und Gegnern eingebracht.

Das bringt natürlich auch Schwierigkeiten mit sich, denn die Autokraten dieser Welt sind deutliche Ansprachen von deutschen Politikern nicht gewohnt. Bei Baerbocks Antrittsbesuch in Moskau hat sie deutsche Interessen, ohne große Umschweife, mit europäischen Leitplanken vertreten und Lawrow zum Staunen gebracht. Und da Scholz von seiner Richtlinienkompetenz keinen Gebrauch machen will oder kann, sprach sie als Chefaußenpolitikerin der deutschen Regierung - ernsthafte Dialogbereitschaft signalisierend und gleichzeitig Härte demonstrierend.

Bei ihrem Antrittsbesuch in Griechenland wurde auch der Konflikt mit dem NATO-Partner Türkei besprochen. Zum einen streiten beide Länder über mögliche Erdgasvorkommen im Mittelmeer. Zum anderen zweifelt die Türkei den Grenzverlauf vor der türkischen Küste an und damit die territoriale Zugehörigkeit mehrerer Inseln zu Griechenland. Auch da wird Baerbock sehr deutlich „Griechische Inseln sind griechisches Territorium, und niemand hat das Recht, das infrage zu stellen.“ Und die Bundesregierung werde keinen Zweifel daran lassen, dass man solidarisch an der Seite Griechenlands stehe und für die europäische Familie einstehe! Beim darauffolgenden Besuch in der Türkei kam es dann zum offenen Streit mit dem türkischen Außenminister Cavusoglu, der Deutschland bei Streitthemen mit Griechenland, wie etwa beim Konflikt um Inseln im Mittelmeer, Parteilichkeit und Propagandaaktivitäten vorgeworfen hat. Es schadet nicht, den Wadenbeißer des Möchtegern-Sultans Erdogan aus der Reserve zu locken. Baerbocks Offenheit und klare Stellungnahme zu Streitpunkten unter NATO-Partnern hat aber auch bei deutschen Politikern Kritik hervorgerufen, denn die haben sich an falsche Unterwürfigkeit Erdogan gegenüber gewöhnt und noch nicht erkannt, dass der Autokrat „klare Kante“ braucht!

Und die mutige grüne Außenministerin kümmert sich auch um Sicherheitspolitik. Sie ist der Auffassung: „Sicherheitspolitik ist mehr als Militär plus Diplomatie.“ Und anders als ihre pflichtvergessenen SPD-Vorgänger arbeitet sie mit anderen Ressorts federführend an einer „Nationalen Sicherheitsstrategie“. Seit Beginn des Afghanistan-Engagements haben deutsche Außenpolitiker über die Notwendigkeit „vernetzter Sicherheitspolitik“ gesprochen, aber es nie geschafft, unter Federführung eines Außenministers das dafür erforderliche Grundlagenpapier zu erarbeiten. Dazu braucht es offensichtlich eine mutige grünen Politikerin, die davon überzeugt ist: „Unsere Wehrhaftigkeit entscheidet über unsere Sicherheit.“ Da ist es schade, dass sich Baerbock beim Thema Laufzeitverlängerung oder Streckung der letzten drei AKW fundamentalistisch und ideologisch verbohrt zeigt!

Die FDP hat keine Quotenprobleme aber eine mutige erfahrene, sachkundige und leistungsfähige Politikerin als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses in Stellung gebracht. Frau Strack-Zimmermann hätte eine geeignete und wohl auch erfolgreiche Verteidigungsministerin abgegeben. Auch sie macht klare Ansagen, stellt konkrete Forderungen und spart auch nicht mit berechtigter Kritik an Koalitionspartnern. Solche mutigen Politikerinnen brauchen wir in Zeiten, wo es darauf ankommt, dass Deutschland auch sicherheitspolitisch das Vertrauen der Partner zurückgewinnt.

Die Beispiele machen deutlich, dass „Quoten“ sehr schädlich sein können - genau wie lasche und unfähige Politiker. Wir brauchen Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Politik auf der Grundlage von Eignung und Leistung. Wir brauchen erfahrene, sachkundige, charakterstarke, mutige und ehrliche Politikerinnen und Politiker, die „sagen, was ist“ und entsprechend handeln! Da kann man nur hoffen, dass Friedrich Merz beim nächsten CDU-Parteitag einen „vernünftigen“ Quotenkompromiss findet.

(05.08.2022)

 

 

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