Hans-Heinrich Dieter

Manische Debatte   (28.07.2013)

 

Politiker haben dafür zu sorgen, dass auch beim Kampf gegen den Terrorismus die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit der Bürger stimmt und dass Recht und Gesetze eingehalten werden. Die Bürger wollen nicht ausspioniert, aber natürlich vor Terroristen geschützt werden. Das erfordert, dass sich die Politik auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene mit den Vor- und Nachteilen, mit den Errungenschaften und Gefahren des world wide webs auseinandersetzt und die Rechte der Bürger auf unterschiedlichen nationalen Gesetzesgrundlagen im grenzenlosen Netz zu schützen versucht. Das ist ein sehr komplexes Thema und erfordert harte und langwierige Sacharbeit und politisches Fingerspitzengefühl. Die sich rasant entwickelnde IT-Welt und der weltweit agierende Terrorismus räumen die erforderliche Zeit nicht so recht ein. Aufgeregte Debatten schaden zusätzlich.

Im Umgang mit Terrorismus sollten die geltenden Sicherheitsregeln - nicht ängstlich aber höchst aufmerksam - beachtet sowie möglichst pannenfrei und lückenlos angewandt werden. Geheimdienstliche Tätigkeit im Rahmen unserer Gesetze ist eine unabdingbare Voraussetzung für Erfolge in der Verbrechensbekämpfung. Emotionale Verteufelungen von Geheimdiensten sind da fehl am Platze, die Sache muss im Vordergrund stehen. Jede übertriebene Aufregung, jedes Anzeichen von Hysterie und jede Überreaktion tragen nicht zur Abschreckung von Terroristen bei, sondern sind Erfolge der Verbrecher. Die Terroristen wollen politisch spalten, verunsichern, sie wollen Organisationen und Dienste lahmlegen, überstrapazieren und blockieren. Die Terroristen ergötzen sich an der erkennbaren, hochgezüchteten Angst von Bürgern und Politikern.

Ex-Innenminister Otto Schily kennt sich als ehemaliger RAF-Anwalt - mit damals durchaus bemerkenswerter Nähe zur Gedankenwelt seiner Mandanten - mit Terrorismus aus und war als Law and Order-Vertreter sicher ein erfolgreicher Innenminister, wenn man von teilweisem Versagen bei der Aufklärung der NSU-Verbrechen absieht. Deswegen sollte nicht nur die SPD hinhören, wenn er seine Meinung zur derzeitigen National Security Agency-Debatte in Deutschland kundtut.

Dem SPIEGEL sagt Schily, man solle nicht so tun, als ob die größte Gefahr für die Menschen in Deutschland von der NSA ausgehe. "Die größte Gefahr geht vom Terrorismus und von der Organisierten Kriminalität aus. Ich finde manches Getöse, was da im Moment zu hören ist, nicht angemessen." Schily warnt außerdem davor, das Thema im Wahlkampf zu strapazieren und stellt fest, dass die Furcht der Bürger vor dem Staat "teilweise wahnhafte Züge" trage und er hält Datenschutz für wichtig, man dürfe aber nicht überziehen. Und von der Idee seines SPD-Chefs Gabriel, Snowden in Deutschland als Zeugen zu vernehmen und möglicherweise in ein Zeugenschutzprogramm zu integrieren, hält Schily überhaupt nichts, denn er fragt sich, "Ob Sigmar Gabriel die außenpolitischen Folgen bedacht hat?" Die eingeschränkte politische Befähigung Gabriels kann man als Parteifreund kaum besser deutlich machen.

Nun hat sich auch das deutsche Staatsoberhaupt von der nationalen Hysterie anstecken lassen, äußert seine tiefe persönliche Beunruhigung wegen der NSA-Affäre und zeigt als deutscher Bundespräsident öffentlich Respekt für den Geheimnisverrat des ehemaligen Mitarbeiters des US-Geheimdienstes Snowden. Präsident Obama wird vermutlich kein Interesse mehr daran haben diesen Bundespräsidenten erneut zu treffen.

Auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zeigt Respekt und sogar Bewunderung für den Gesetzesbrecher: „Snowden hat ein Maß an zivilem Ungehorsam gezeigt, das ich bewundere". Und natürlich versucht der Möchtegern-Innenminister aus dem Kompetenzteam Steinbrücks, Oppermann, das aus seiner Sicht tolle Wahlkampfthema zusammen mit der unverbesserlichen Nahles am Kochen zu halten.

Die Terroristen hingegen freut es diebisch, dass sie Anlass dazu geben, wahlkämpferisch aufgeregt einen Keil zwischen die westliche Führungsmacht und Deutschland zu treiben. Die Verbrecher empfinden es auch als ihren Triumph, wenn Deutschland in der manisch geführten Debatte seine Geheimdienste und damit sich selbst schwächt. Und natürlich gefällt es ihnen, im Wahlkampf in Deutschland überhaupt mitmischen zu können.

Die Wähler sind nicht alle intelligent und politisch gebildet, aber die Mehrheit durchschaut solche platten oder auch dümmlichen Manöver und weiß, dass die SPD zusammen mit den Grünen auf keinen Fall bessere Politik für Deutschland und seine Bürger machen könnte.

(28.07.2013)

 

 

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