Hans-Heinrich Dieter

Ampel-Koalitionsvertrag   (25.11.2021)

 

Der Ampel-Koalitionsvertrag bietet auf 178 Seiten viele zukunftsorientierte Absichtserklärungen, wird aber im Detail meist nicht konkret genug. Das gilt hauptsächlich auch für die Finanzierungsvorstellungen der auf Deutschland zukommenden gigantischen Querschnittsaufgaben mit den Schwerpunkten Klimapolitik, Wirtschafts- und Industriepolitik, aber natürlich auch Sozialpolitik.

Da ist klar, dass die zukünftige Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik erst im vorletzten Kapitel VII: „Deutschlands Verantwortung für Europa und die Welt“ behandelt wird.

Für das Verständnis dieses Ansatzes „Mehr Fortschritt wagen“ in der Außen- und Sicherheitspolitik will ich einige aus meiner Sicht wichtige Zitate bringen und kommentieren:

„Wir setzen uns für eine echte Gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa ein. Die EU muss international handlungsfähiger und einiger auftreten. Wir wollen deshalb die Einstimmigkeitsregel im EU-Ministerrat in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) durch Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit ersetzen und dafür mit unseren Partnern einen Mechanismus entwickeln, um auch die kleineren Mitgliedstaaten auf diesem Weg angemessen zu beteiligen. … Zivile und militärische Missionen der EU betten wir stets in ein politisches Gesamtkonzept ein, das Konfliktursachen berücksichtigt, eine Exit-Strategie vorsieht und parlamentarisch kontrolliert wird. Bei der Zwischenevaluierung der Verordnung des Verteidigungsfonds soll das EP Mitsprache- und Kontrollrechte erhalten.“ Es ist wichtig, dass Deutschland seine zukünftige Außen- und Sicherheitspolitik im EU-Rahmen „denkt“. Um die EU allerdings handlungsfähig zu machen, braucht es umfangreichere Strukturreformen!

„Unsere Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik werden wir wertebasiert und europäischer aufstellen. Die deutsche Außenpolitik soll aus einem Guss agieren und ressortübergreifend gemeinsame Strategien erarbeiten, um die Kohärenz unseres internationalen Handelns zu erhöhen.“ Seit über zwanzig Jahren unternimmt Deutschland den Versuch, eine „vernetzte Außen- und Sicherheitspolitik“ zu gestalten. Das ist bisher an der unzureichenden Wahrnehmung der Richtlinienkompetenz durch Kanzlerin Merkel und die Unfähigkeit der SPD-Außenminister gescheitert. Es wäre ein wirklicher „Fortschritt“, wenn die Ampel diese Absicht in die Tat umsetzen könnte!

„Wir wollen, dass Deutschland im Sinne eines vernetzten und inklusiven Ansatzes langfristig drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in internationales Handeln investiert, so seine Diplomatie und seine Entwicklungspolitik stärkt und seine in der NATO eingegangenen Verpflichtungen erfüllt.“ Das ist durchaus ein Bekenntnis für eine Investitionssteigerung in vernetzte Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Ob dabei die mit der NATO vereinbarten und für die Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit der Streitkräfte bis 2031 erforderlichen 2% BIP-Investitionen in die Bundeswehr geleistet werden, bleibt offen. Zumindest wird hier die Absicht angedeutet, dass Deutschland sich aus der Rolle des wenig vertrauenswürdigen sicherheitspolitischen Trittbrettfahrers verabschieden will!

„Die NATO bleibt unverzichtbare Grundlage unserer Sicherheit. Wir bekennen uns zur Stärkung des transatlantischen Bündnisses und zur fairen Lastenteilung. Wir bringen uns aktiv in den Prozess zur Entwicklung eines neuen Strategischen Konzepts ein, um die neuen Herausforderungen der NATO anzugehen. Die NATO-Fähigkeitsziele wollen wir in enger Abstimmung mit unseren Partnern erfüllen und entsprechend investieren. Wir setzen uns dafür ein, die politische Dimension der NATO zu stärken, auch um im Bündnis bestehende Spannungen zu adressieren.“ Dieses Bekenntnis zur Transatlantischen Gemeinschaft ist sehr wichtig, denn eine strategische Autonomie der EU ist nur langfristig – wenn überhaupt - zu erreichen und nur die NATO mit den nuklearen Fähigkeiten der USA können die Sicherheit Deutschlands und Europas gewährleisten. In dem Zusammenhang fällt das Bekenntnis zur nuklearen Teilhabe Deutschlands zu undeutlich aus!

„Die Bundeswehr leistet einen wesentlichen Beitrag zum Schutz und zur Verteidigung unseres Landes sowie unserer Partner und Verbündeten. Als Parlamentsarmee unterliegt sie der parlamentarischen Kontrolle. Neben den Auslandseinsätzen im Rahmen des Internationalen Krisen- und Konfliktmanagements, die auf dem Völkerrecht insbesondere der Beschlüsse der VN basieren, hat die Landes- und Bündnisverteidigung an Bedeutung gewonnen. Beide Aufgaben sind durch die Bundeswehr gleichermaßen zu erfüllen. Auftrag und Aufgabe der Bundeswehr müssen sich an den strategischen Heraus-forderungen und Sicherheitsbedrohungen unserer Zeit orientieren. Das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr muss sich daraus ableiten. Die Bundeswehr muss entsprechend ihres Auftrages und ihrer Aufgaben bestmöglich personell, materiell sowie finanziell verlässlich ausgestattet werden.“ Die Zeiten der Bundeswehr im Zustand der eingeschränkten Einsatzfähigkeit sollen also enden. Damit das Vertrauen der Soldaten in die politische Leitung und militärische Führung diesbezüglich zurückgewonnen werden kann, müssen Fortschritte im Hinblick auf die Einsatzbereitschaft deutlich erkennbar sein und eine entschiedene und hinreichende mittelfristige Finanzplanung den Erfolg auch gewährleisten! Die Soldaten sind die unglaubwürdigen Ankündigungen unfähiger Minister*innen leid!

„Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Internationalen Sicherheit. Wir verbessern ihre Ausrüstung wie auch die der Bundeswehr. Wir beschleunigen die Modernisierung der Infrastruktur. Wir richten die Schwerpunkte bei der Beschaffung der Bundeswehr strategisch aus und modernisieren das Beschaffungswesen und seine Strukturen. Dies betrifft auch Materialverantwortung und Nutzung. Besondere Bedeutung kommen bei der Beschaffung der Digitalisierung, der Führungsfähigkeit und der Interoperabilität zu.“ Dieses anerkennende Bekenntnis zu unseren Soldatinnen und Soldaten sollte im Zusammenhang mit einer lebendigen und sachorientierten sicherheitspolitischen Diskussion in die Öffentlichkeit transportiert werden, um das teilweise unfreundliche Desinteresse der Bevölkerung zu überwinden!

„Bewaffnete Drohnen können zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz beitragen. Unter verbindlichen und transparenten Auflagen und unter Berücksichtigung von ethischen und sicherheitspolitischen Aspekten werden wir daher die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr in dieser Legislaturperiode ermöglichen.“ Das hat die Grünen und die SPD sicherlich Ãœberwindung gekostet, Respekt!

„Wir bekennen uns zu Deutschlands Rolle und Verantwortung für Frieden, Freiheit und Wohlstand in der Welt. Als verlässlicher Partner in Systemen kollektiver Sicherheit werden wir an unserem außen- und sicherheitspolitischen Engagement festhalten. Gleichwohl muss jedem Einsatz der Bundeswehr eine kritisch-inhaltliche Auseinandersetzung und eine Ãœberprüfung der Voraussetzungen vorausgehen sowie die Erarbeitung möglicher Exit-Strategien. Der Einsatz militärischer Gewalt ist für uns äußerstes Mittel und muss stets in eine realistische politische Bearbeitung von Konflikten und ihrer Ursachen eingebunden sein. Bewaffnete Einsätze der Bundeswehr im Ausland sind in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit, basierend auf Grundgesetz und Völkerrecht, einzubetten. Eine regelmäßige Evaluierung von laufenden Auslandseinsätzen werden wir sicherstellen.“ Es wird nicht reichen, am „außen- und sicherheitspolitischen Engagement“ festzuhalten. Angesichts „unserer Welt aus den Fugen“, der zunehmenden Aggressivität Russlands und der Weltmachtambitionen Chinas muss unser außen- und sicherheitspolitisches Engagement deutlich verstärkt werden. Ob das mit den außenpolitisch „ungeübten“ friedensnaiven Grünen und den eingeschränkt befähigten friedensillusorischen SPD-Vertretern möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Der positiv eingestellte Volksmund sagt ja mit einer gewissen Erfahrung: „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“

(25.11.2021)

 

Ampel-Koalitionsvertrag: Lesen Sie hier das Dokument im Wortlaut

Bei Interesse an der Thematik lesen Sie auch:

http://www.hansheinrichdieter.de/html/euinderkrise-2.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/globalpolitischeeu.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/zukunftsfaehigeeu.html

 

 

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