Hans-Heinrich Dieter

Zukunft der UNO   (22.01.2022)

 

Die wesentliche Zielsetzung gemäß der UN-Charta ist es, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren, alle Streitigkeiten friedlich zu schlichten und freundschaftliche Zusammenarbeit zur Friedenssicherung zu fördern. Das ist unverändert jede Anstrengung wert!

Unsere Welt ist aber im Umbruch und „aus den Fugen“. Wenn die Vereinten Nationen in unserer heutigen Welt Frieden wahren und die internationale Sicherheit gewährleisten wollen, dann müssen sie handlungsfähig sein – das sind sie derzeit nicht! Um im Sinne der Zielsetzung handlungsfähig zu werden, müssen die Vereinten Nationen grundlegend reformiert werden. Dazu muss die Organisation der UN den Realitäten unserer Zeit gerecht werden. Insbesondere der Weltsicherheitsrat – der den Anforderungen bei Gründung der Vereinten Nationen vor 75 Jahren genügt haben mag - entspricht nicht mehr den Herausforderungen unserer heutigen Zeit.

Denn die Selbstblockade des UN-Sicherheitsrates durch die fünf zerstrittenen Vetomächte verdammt die Vereinten Nationen zur politischen Ohnmacht. Da kommen erhebliche Zweifel am zukünftigen Erfolg und zunehmend auch am Sinn der Weltorganisation auf – und das in einer schwierigen und unsicheren globalen Situation, in der die UN dringend gebraucht werden. Das führt uns die Ukraine-Krise sehr deutlich vor Augen!

Denn die heutige Realität ist gekennzeichnet durch einen neuen „Kalten Krieg“ zwischen Russland und den USA, durch das Ringen um die Vormachtstellung in der Welt zwischen China und den USA und durch das neue Sicherheitsbündnis AUKUS zwischen Australien, den USA und als Juniorpartner auch Großbritannien im Indopazifik, das mit den NATO-Partnern nicht abgesprochen war, das insbesondere Frankreich sicherheitspolitisch schwächt und wirtschaftlich beeinträchtigt - also sehr stark verärgert. Zusätzlich machen die zunehmende Aggressivität Russlands seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und der anschließenden hybriden Kriegsführung und auch die andauernden Destabilisierungsaktionen gegen die Ukraine sowie die ständigen Bemühungen um die Spaltung der EU eine „freundschaftliche Zusammenarbeit zur Friedenssicherung“ der Vetomächte derzeit unmöglich.

Und um den realistischen Eindruck abzurunden, muss man sich auch vor Augen führen, wer die Vetomächte führt: Joe Biden ist ein erfahrener Politiker und gewählter Präsident der westlichen Führungsmacht USA, die allerdings aufgrund der Aktivitäten Trumps und der Beschränktheit vieler seiner republikanischen Follower tief gespalten und nur noch eingeschränkt demokratisch regierbar ist. Putin ist ein politisch weit rückwärtsgewandter Autokrat, der wieder einen russischen Einflussbereich in Größenordnung der ehemaligen Sowjetunion schaffen will, den ein deutsches Gericht jüngst im Zusammenhang mit dem Tiergartenmord – mit Recht - als „Staatsterrorist“ bezeichnet hat, der vor völkerrechtswidrigen Aktionen und Aggressionen nicht zurückschreckt, den Westen als „Feind“ betrachtet und nur noch stark eingeschränkt gesprächsbereit ist. Der chinesische Kommunistenführer und autokratische Staatspräsident Xi Jinping zerschlägt seit mehr als einem Jahr die Demokratiebewegung in Hongkong und ist dabei, sich Honkong gegen die politischen Vereinbarungen einzuverleiben; darüber hinaus setzt er Taiwan höchst aggressiv unter Druck und eignet sich im südchinesischen Meer Inseln an; und die französische Nationalversammlung hat in einer Resolution einen chinesischen »Genozid« an den Uiguren in China angeprangert. Die Resolution verurteilt die Gewalttaten der chinesischen Behörden gegenüber den Uiguren als »Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid«. Frankreich unter Präsident Macron sieht sich als „Grande Nation“ und macht im Rahmen der EU vorwiegend Politik zu Frankreichs Gunsten. Großbritannien unter Boris Johnson strebt nach dem Brexit – illusionsgeschwängert - wieder eigenständige Weltgeltung im Sinne des „British Empire“ an. Wie soll „freundschaftliche Zusammenarbeit“ im multilateralen Sinne und zum globalen Wohl der Menschheit, zwischen solchen eher nationalistisch orientierten Staatenlenkern funktionieren?

Die UNO wird also mehr denn je als handlungsfähige Welt-Organisation zur Lösung globaler Probleme gebraucht. Deshalb darf eine durch die Selbstblockade des Sicherheitsrates erzeugte Handlungsunfähigkeit nicht länger hingenommen werden. Daher ist eine Reorganisation des UN-Sicherheitsrates durch Abschaffung des Vetorechtes der fünf ständigen Mitglieder und Einführung demokratischer, verbindlicher Mehrheitsentscheidungen zwingend geboten.

UN-Generalsekretär António Guterres hat die in ihn gesetzten hohen Erwartungen bisher nicht erfüllt – es wird Zeit, dass er endlich „liefert“!

(22.01.2022)

 

 

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