Hans-Heinrich Dieter

Verantwortung im UN-Sicherheitsrat   (14.03.2013)

 

Frankreich hat, wie auch Großbritannien, das bis Mai verlängerte EU-Waffenembargo gegen Syrien mitgetragen. Dass Cameron mit der Ankündigung eines Alleingangs bei Waffenlieferungen an die syrische Opposition nun vorgeprescht ist, verletzt das Ego der Grande Nation. Außenminister Fabius sagt deswegen „Wir können das derzeitige Ungleichgewicht nicht länger akzeptieren.“ Er spielt sich gegenüber seinen Landsleuten sogar in die Vorreiterrolle und betont, dass Großbritannien Frankreich bei Waffenlieferungen an die „syrischen Widerstandskämpfer“ unterstütze. Die ablehnende Haltung anderer EU-Partner interessiert Fabius nicht: „Frankreich ist eine souveräne Nation“. Und Europa interessiert einen sozialistischen Europaskeptiker wie Fabius ohnehin herzlich wenig, deswegen weist er auch stolz auf die Vorreiterrolle Frankreichs bei der Anerkennung der syrischen Opposition als alleinige Vertretung des syrischen Volkes hin.

Durch die Ankündigung Frankreichs, nun möglicherweise in konkurrierender Zweisamkeit mit Großbritannien die syrische Opposition zu bewaffnen, werden solche Alleingänge gegen europäische Politik allerdings politisch nicht richtiger. Die „syrische Opposition“ mag zwar von einem Teil der westlichen Welt zur „alleinigen Vertretung des syrischen Volkes“ hochstilisiert sein, in diesem Bürgerkrieg fühlen sich aber Schiiten, Alawiten, armenische Christen und christliche Minderheiten von diesem Gemenge aus Rebellen, Widerstandskämpfern, Islamisten, Terroristen oder simplen Verbrechern sicher nicht vertreten, im Gegenteil.

Diese „syrische Opposition“ hat kürzlich 21 philippinische UN-Soldaten als Geiseln genommen und erst nach mühsamen Verhandlungen frei gelassen. Verantwortlich war offenbar die sogenannte Märtyrer-von-Jarmuk-Brigade. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International meldet nach Recherchen vor Ort, dass nicht nur die Regierungstruppen einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung mit vielen Toten führen, sondern dass auch die Rebellen immer häufiger an gewaltsamen Ãœbergriffen beteiligt sind. Und Amnesty zufolge gehen zwar die Masse der Kriegsverbrechen auf das Konto von Assads Truppen, allerdings nehmen die Gräueltaten seitens der Oppositionellen zu. Immer häufiger komme es zu Geiselnahmen, "gefangene Soldaten, Angehörige der regierungstreuen Milizen und mutmaßliche Kollaborateure werden gefoltert und hingerichtet“. Die UN haben inzwischen eine Untersuchungskommission eingerichtet, die eine Liste mit mutmaßlichen Kriegsverbrechen und den daran beteiligten Personen als Grundlage für spätere Prozesse vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag erstellt hat. Und auch die unabhängigen Experten der vom UN-Menschenrechtsrat berufenen Syrien-Kommission kommen zu dem Schluss, dass die Auseinandersetzungen zwischen den Truppen von Präsident Assad und den Kämpfern der Aufständischen immer brutaler werden und dass es zu Kriegsverbrechen auf beiden Seiten komme, darunter Morde, Folter, Vergewaltigungen und Angriffe auf Zivilisten. Da ist das Argument nicht von der Hand zu weisen, dass eine Bewaffnung der Opposition möglicherweise dazu beitragen kann, dass die sehr traurige Bilanz der Kriegsverbrechen ausgeglichener wird.

Die Vereinten Nationen haben bisher im Syrien-Konflikt versagt. Hauptursache für dieses Versagen ist die Konfrontation mit Russland und China im Sicherheitsrat. Frankreich und Großbritannien sind mitverantwortlich für dieses Versagen und das lässt sich nicht durch Waffenlieferungen an „die syrische Opposition“ entgegen der EU-Politik kompensieren.

(14.03.2013)

 

 

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