Hans-Heinrich Dieter

Teure Bundeswehr (03.07.2011)

 

Die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) hat eine interessante Studie zur Effizienz europäischer Armeen veröffentlicht. Gerade im Zusammenhang mit der "Neuausrichtung" der Bundeswehr, die ja vom Einsatz her gedacht werden soll, muss man sich die Ergebnisse nicht nur auf der Zunge zergehen lassen, sondern vor allen Dingen auch im Kopf bewegen.

Der Bericht macht deutlich, dass die Bundeswehr lediglich 7.000 Soldaten einsetzen kann, während es bei den britischen Streitkräften 22.000 und bei der Grande Armee 30.000 Soldaten sein sollen.

Das vereinfachte Ergebnis der Studie: die Bundeswehr ist im Vergleich der europäischen Armeen äußerst ineffizient.

Besonders wichtig sind im Zusammenhang mit der derzeitigen "Neuausrichtung" der Bundeswehr folgende haarsträubende Personalverhältnisse und Kostenrelationen: Gemäß "Wirtschaftswoche", die sich auf die EU-Studie beruft, stehen hinter jedem Bundeswehrsoldaten im Einsatz 35 Soldaten und 15 zivile Mitarbeiter in Deutschland für den Grundbetrieb und zur Unterstützung. Bei den Franzosen stehen hinter jedem Einsatzsoldaten acht Soldaten und zwei zivile Mitarbeiter in der Heimat, bei den Briten sind es neun Soldaten und vier Zivilisten und EU-weit unterstützen 16 Soldaten und vier Zivilbedienstete die Soldaten im Einsatz. Nach der Studie der EDA liegen außerdem die Ausgaben pro deutschem Soldat im Einsatz mit 5,16 Millionen Euro dreimal so hoch wie im EU-Durchschnitt.

Inzwischen wurde die Bundeswehr im Zusammenhang mit den Guttenbergschen "Reformen" und mit der "Neuausrichtung" de Maizières durch unzählige Politiker und durch die Mehrzahl der Medien mehr oder weniger als "Trümmerhaufen" diffamiert. Ein Trümmerhaufen ist die Bundeswehr wahrlich nicht, sie ist aber in der falschen Struktur. Die eklatanten Strukturdefizite, die jetzt die Bundeswehr zur Großbaustelle machen, und die haarsträubenden Zahlen der EU-Studie sind mit drei Namen maßgeblich verbunden. Der unglückliche Verteidigungsminister Jung hat einsatzbedingte Probleme verdrängt, schöngeredet und die Bevölkerung unwahr informiert - seine Schuld ist allerdings begrenzt, weil er schlecht beraten war und das mit seinen begrenzten Fähigkeiten nicht erkennen konnte. Der langjährig zuständige Staatssekretär Wichert hat sich als graue Eminenz gebärdet und die Bundeswehr nicht zukunftsorientiert gestaltet sondern streng bürokratisch verwaltet. Ihm ist außerdem anzulasten, dass die Wehrverwaltung nicht gezwungen wurde, die personellen Strukturziele der "Reform 2000" zu erreichen. Generalinspekteur Schneiderhan war der "Erste Soldat der Bundeswehr" mit der längsten Dienstzeit im Amt, aber gleichzeitig der mit der negativsten Wirkung auf die Truppe. Denn er hat die "Reform 2000" den Veränderungen nicht angepasst, über mehrere Jahre untaugliche Bundeswehrpläne vorgelegt, als Vorsitzender des Rüstungsrates angesichts der aktuellen Beschaffungsplanungen versagt, und als einsatzunerfahrener Offizier die Verbürokratisierung der Einsätze der Bundeswehr zugelassen. Der Bundeswehr hat er auch dadurch geschadet, dass er offensichtlich nicht Manns genug war, die politisch Verantwortlichen sach- und zukunftsorientiert zu beraten, sonst wäre die Bundeswehr nicht in dieser Lage.  

Zukünftig sollen 10.000 deutsche  Soldaten gleichzeitig in mehreren Einsätzen Dienst tun können. Auch die "Neuausrichtung" der Bundeswehr soll vom Einsatz her gedacht werden, wenn auch nicht ausschließlich. Die Anzahl der Zivilbediensteten soll diesmal tatsächlich deutlich reduziert werden. Die Freiwilligenstreitkräfte Bundeswehr sollen durch diese Reform nun wirklich effizienter und einsatztauglicher werden. Jammern über die Zahlen hilft jetzt genauso wenig wie das Rechten über die Parameter der EU-Studie. Gefragt ist eine große politische und militärische Kraftanstrengung, die auch Geld kostet.

 

(03.07.2011)

 

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