Hans-Heinrich Dieter

Schlangengruben und Piranha-Becken (21.02.2011)

 

Die Bevölkerung riecht den Braten und lässt sich so schnell nicht verführen. Nach ARD sind 74 Prozent der Bürger für ein Verbleiben von Minister zu Guttenberg im Amt, andere Umfragen bestätigen solche Trends. Die Bürger sind vielleicht auch mündig und fair genug, die Ergebnisse der Untersuchungen der Universität Bayreuth abwarten zu wollen. Ganz anders Politik und Medien.

Politik wird häufig mit einer "Schlangengrube" verglichen. In der Schlangengrube beißt das Reptil zu, verspritzt das Gift und hofft, dass der Parteifeind oder -freund daran zugrunde geht. Die Ankündigung der Befragung im Bundestag in dieser Woche durch SPD-Oppermann kündigt genau diese Schlangengrube an.

In unserer heutigen konkreten Welt kommt das "Piranha-Becken" der Medien dazu. Piranhas haben einen sehr großen Kopf, das Größte am Kopf ist allerdings nicht das Gehirn sondern das Maul. Im Piranha-Becken werden Opfer mit Genuss abgenagt oder verspeist. Im Zusammenhang mit der angeblasenen Jagd auf KT zu Guttenberg werden die Erbarmungslosigkeit von Schlangengruben und die gnadenlose, meist tödliche Gefräßigkeit im Piranha-Becken deutlich vor Augen geführt.

Natürlich müssen die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Doktorarbeit zu Guttenbergs aufgeklärt werden, allerdings nicht von interessierten Oppositionskreisen und per "Schwarmintelligenz" mit Geierinstinkt, sondern von der zuständigen Universität. Die Prüfung läuft.

Natürlich muss der Minister sich erklären. Das hat er - alles andere als geschickt - getan. Er hat, wie alle Betroffenen unter großem Druck, deutliche Schwächen gezeigt. Aber reicht das, um die gnadenlose, großflächige Vorverurteilung und die geradezu menschenverachtende Hatz fortzusetzen?

Natürlich müssen die Medien berichten und informieren, aber möglichst nicht alle im Boulevardstil. In einer seriösen und konservativen Zeitung wie der F.A.Z. sind auf der Politikseite der Online-Ausgabe am 20.02.2011 bis zu 70 Prozent der Artikel zum Thema zu Guttenberg, bis hin zu Schmähtexten mit Lügenvorwürfen der Herren Lohse und Wehner, die sich nicht zu verkommen vorkommen, wenn sie die Situation zu einer miesen Werbekampagne für ihre im März erscheinende "Biographie zu Guttenberg", sehr zu Lasten des Menschen Guttenberg, geradezu infam nutzen. Und das Bonner Provinzblatt Generalanzeiger mit erkennbar großer Erfahrung im Abschreiben von größeren, schnelleren und besseren Blättern, ruft am 21.02.2011 zur Diskussion auf dem GA-Blog unter der Überschrift "Guttenberg: Ein Plagiator als Hoffnungsträger?", und dafür gibt sich der stellvertretende Chefredakteur Marinos her. Es wollen offenbar halt alle Medien, groß oder klein, wichtig oder unwichtig, überregional oder provinziell, an der Vorverurteilung und Vernichtungskampagne teilhaben.

Natürlich muss der Minister nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Dazu braucht es aber weder "Schlangengrube" noch "Piranha-Becken". Mit vernünftigem , fairem Umgang kämen wir in Politik und Medien weiter und würden der Politikerverdrossenheit entgegenwirken sowie die Auflage wirklich seriöser Medien stärken.

(21.02.2011)

 

nach oben

 

zurück zur Seite Kommentare