Hans-Heinrich Dieter

Wichtige deutsche Rüstungsexporte   (11.02.2013)

 

Das Thema deutsche Rüstungsexporte muss mutig angegangen werden. Natürlich sind wir aufgrund unserer Geschichte, unserer politischen Selbstbindungen und der deutschen öffentlichen Meinung nicht frei im rüstungswirtschaftlichen Handeln. Es ist allerdings tatsächlich höchste Zeit, dass in Deutschland sicherheitspolitische Themen ohne Tabus, ohne moralische Totschlagargumente sachlich und vorurteilsfrei diskutiert werden. Bis dahin ist angesichts der aktuell agierenden Oppositionspolitiker allerdings wohl noch ein langer Weg.

Saudi Arabien will möglicherweise für 1,5 Milliarden Euro deutsche Patrouillenboote von der Bremer Lürssen-Werft kaufen. Das nimmt SPD-Oppermann zum Anlass, zu sagen: „Die Bundesregierung will offenbar Saudi-Arabien total hochrüsten.“ Die unvermeidliche Claudia Roth spricht von einem "schmutzigen Rüstungsdeal" und die Meinung der mutmaßlichen IM der Stasi ist bekannt. Nun sieht die Opposition in der Rüstungsexportpolitik aber sogar ein Wahlkampfthema. Der SPD-Spitzenkandidat Steinbrück sagte kürzlich, es sei „skandalös und hochgefährlich, dass Deutschland zum drittgrößten Waffenexporteur geworden ist" und folglich, "Eine rot-grüne Regierung unter meiner Führung würde den Hebel bei Waffenexporten umlegen".

Tatsächlich wird die saudische Wunschliste der deutschen Rüstungsgüter zunehmend länger: Kampfpanzer, Transportpanzer sowie gepanzerte Geländewagen und nun deutsche Patrouillenboote. Aber sind diese moralisierenden, teilweise heuchlerischen, Totschlagworte gerechtfertigt und sinnvoll?

Wir erinnern uns, dass die rot-grüne Regierung im Jahr 1999 unter einem grünen Außenminister mehr Waffen und Rüstungsgüter exportiert hat als in den ganzen 16 Vorjahren unter der Regierung Kohl. Der größte Anteil dieser Waffenexporte, mit einem Wert von 1,9 Milliarden DM, ging in die Türkei, die die Kurden immer noch blutig bekämpft, aber auch, gut verständlich dennoch gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, nach Israel und damit in das Krisengebiet Naher Osten. So viel nur von einem kleinen Blick auf ein Beispiel von vielen für rot-grüne Heuchelei.

Andere Tatsachen sprechen auch für eine rationalere Diskussion als von der Opposition gewollt. Deutschland hat äußerst strenge Rüstungsexportrichtlinien. Das ist weltweit bekannt, deswegen werden Exportanträge auch restriktiv gestellt und daher müssen auch nur wenige abgelehnt werden. Ein Großteil der deutschen Rüstungsexporte, insbesondere in Entwicklungsländer, sind keine Kriegswaffen sondern Rüstungsgüter wie Minensuchgeräte, geschützte Feldkrankenhäuser, Dekontaminierungsausrüstung für den Zivilschutz, Mannschaftstransportfahrzeuge und auch Boote für den Küsten- und Grenzschutz. Mit Patrouillenbooten sind noch keine Angriffskriege gewonnen worden. Kriegswaffen werden auch exportiert, allerdings zu 58 Prozent an Partner in der EU und Nato.

Außerdem erfordern sicherheitspolitisches Kalkül und wirtschaftliche Überlegungen eine vorurteilsfreie und emotionslose Diskussion. Das Panzergeschäft mit Saudi Arabien ist da ein gutes Beispiel. Saudi Arabien ist aus vielerlei Gründen ein einflussreicher Staat im Nahen und Mittleren Osten. Der Staat bedroht seine Nachbarn nicht und auch nicht Israel. Allerdings kann Saudi Arabien als sicherheitspolitisches Gegengewicht zum Iran angesehen werden und dadurch zum geostrategischen Gleichgewicht in der Region beitragen. Stärker gerüstet hätte Saudi Arabien ggf. auch einen stärkeren Einfluss auf Syrien sowie die Arabische Liga und würde an eigener Einsatzfähigkeit gewinnen. Mit der ins Auge gefassten deutschen Panzerlieferung kann genau diesem Kalkül entsprochen werden.

Ein Eurofighter-Geschäft mit Indien wäre ein weiteres gutes Beispiel, denn die Bundeswehr hat Eurofighter-Verträge aus Kalte-Krieg-Zeiten mit Stückzahlen, die wir bei weitem heute und in Zukunft nicht mehr brauchen. Ein solches Rüstungsgeschäft mit Indien hätte diesbezüglich Kompensation bieten und dem deutschen Steuerzahler erhebliche Ersparnisse bringen können, bzw. dazu beitragen können, dass die aktuelle Weiterentwicklung der Bundeswehr auf solidere finanzielle Füße hätte gestellt werden können.

Deutsche Rüstungsexporte müssen aber auch ökonomisch betrachtet werden. Die Exportnation Deutschland ist auf Export und auch auf Rüstungsexporte angewiesen. Der eigene Bedarf an Rüstungshochtechnologie ist stark geschrumpft. Die deutsche Rüstungsindustrie kann mit Produktion nur für die deutschen und Verbündeten Streitkräfte nicht leben. Krauss Maffei z.B. braucht dieses Geschäft mit Saudi Arabien zum wirtschaftlichen Überleben und zum Sichern von vielen Arbeitsplätzen.

Es ist in deutschem Interesse, hochtechnologisches Rüstungs-Know-How zu erhalten, und das geht heute und in Zukunft nur, wenn die Technologie auch in entsprechend wirtschaftlichen Stückzahlen verkauft werden kann. Die deutschen Streitkräfte und verbündete Nationen nehmen absehbar nicht genug Stückzahlen ab. Also müssen deutsche Rüstungsexporte in alle nicht verbündeten aber befreundeten Staaten oder in solche Staaten, mit denen politische und wirtschaftliche Kooperation gepflegt wird, möglich sein.

Es muss also in deutschem Interesse sein, in wirtschaftlich schwieriger werdenden Zeiten, Konjunktur und Wachstum zu fördern und das geht nur, wenn die Arbeitslosenzahlen möglichst niedrig gehalten werden. Als drittgrößter Waffenexporteur darf Deutschland deswegen im Rüstungsgeschäft möglichst keine Einbußen erleiden. Dass dabei Auflagen der UN beachtet werden, ist selbstverständlich.

Die rot-grünen heuchlerischen „Moralapostel“ wollen Steuern erhöhen und nehmen offenbar in Kauf, dass die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands reduziert wird. Die gleichen Politiker, die Deutschland 2001 illusionsbeladen und ohne Plan in den Afghanistankrieg verwickelt haben, wollen den Hebel bei den skandalösen Waffenexporten umlegen und haben sicher noch nicht hochgerechnet, wie viele Arbeitsplätze in Deutschland durch eine solche Politik gefährdet würden. Und die SPD sollte berücksichtigen, dass ein solches Geschäft für die Lürssen-Werft dem durch die SPD in langen Jahren heruntergewirtschafteten Bremen sehr gut tun würde.

Die Regierung der USA hingegen sieht Rüstungsgeschäfte pragmatisch. Das Wall Street Journal berichtete, dass die USA ein 60 Milliarden Dollar Rüstungsgeschäft mit Saudi-Arabien vorbereiten, vorwiegend Kampfflugzeuge und Hubschrauber. Die USA wollen die Saudis für mögliche Auseinandersetzungen mit dem Iran besser wappnen. Außerdem geht es den USA derzeit wirtschaftlich nicht so gut und da kurbelt ein solches Rüstungsgeschäft den Arbeitsmarkt gewaltig an. In den Augen der Amerikaner ist es besser „Jobs in den USA zu schaffen als in Europa“.

Natürlich meldet sich auch die frühere EKD-Ratsvorsitzende Käßmann zu Wort, „Wir können doch nicht an Kriegen verdienen, die wir nachher betrauern.“ Und sie fragt: „Warum muss Deutschland den unrühmlichen dritten Platz unter den Rüstungsexportländern einnehmen?“ Käßmann sieht die Dinge halt – wie so häufig – sehr „christlich schlicht“ und sehr einseitig.

(11.02.2013)

 

 

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