Hans-Heinrich Dieter

Putinversteher oder tumbe Toren?   (21.03.2014)

 

Bundeskanzlerin Merkel steuert einen erfreulich klaren und konsequenten Kurs gegen die völkerrechtswidrige Politik Russlands in der Ukraine-Krise. Eine große Zahl deutscher Bürger folgt ihr - jüngsten Umfragen zufolge - dabei nicht.

Denn die Annexion der Krim löst wenig Empörung aus sondern eher Achselzucken. Viele Deutsche wussten wohl nicht, dass die Krim zur Ukraine gehört und sie wollen nicht in diesen, gefühlt weit entfernten, Konflikt hineingezogen werden. Nur etwa 25% der Deutschen unterstützen wirtschaftliche Sanktionen, sie wünschen sich offensichtlich deutlich mehr Zurückhaltung gegenüber Russland und knapp 50% glauben eher an den ausschließlichen Erfolg durch Diplomatie. Weit verbreitet ist die Angst, dass Strafmaßnahmen negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und Arbeitsplätze hierzulande haben und zu Engpässen bei der Energieversorgung führen werden.

Dementsprechend vorsichtig sind auch die "Schuldzuweisungen" zum Ukraine-Konflikt und zur Krim-Krise. Etwa drei Viertel der befragten Bürger sind zwar der Auffassung, dass der russische Präsident ein Politiker sei, dem man nicht über den Weg trauen kann, die Schuld an der Eskalation geben sie nicht nur Putin, sondern auch der neuen ukrainischen Regierung, der EU und den USA und folgen ein wenig den törichten Aussagen und Vergleichen von Altkanzler Schröder. Misstrauen gegenüber der EU sowie antirussische und antiamerikanische Impulse scheinen sich die Waage zu halten. Aufgrund dieser Gefühlsgemengelage entsteht dann der Eindruck, dass die deutschen Bürger die Völkerrechtsverletzungen Russlands am liebsten klaglos hinnehmen würden, weil die Angst vor eventuellen Nachteilen größer ist als der Wille, für die Wahrung internationalen Rechtes einzutreten. Das muss nachdenklich stimmen.

Schlimmer sind die "Russlandversteher" und "Putinverehrer" vom Altkanzler Schröder bis zum Fraktionsvorsitzenden (und Ex-Stasi-IM) Gysi. Schröder agiert aus persönlichen sowie finanziellen Interessen und ist weniger ernst zu nehmen. Gysi und seine sozialistischen Genossen der Linkspartei hingegen entlarven sich in ihrem zur Schau gestellten Verständnis für Putin selbst als krasse Antiamerikanisten, Europaverachter und NATO-Gegner. Sie folgen der Propaganda Putins und wiederholen den falschen und verlogenen Vergleich des westlichen Kosovo-Engagements und der russischen Krim-Annexion. Aus ideologischen Gründen negieren sie ganz bewusst die Gefahr, die von Putins neoimperialistischer Großmachtpolitik für den Frieden Europas und der Welt ausgeht. Sie erliegen nicht nur der geübt meisterhaften Propaganda Putins, sie sind auch deren Werkzeug - zum Teil sicher gerne.

Und dann gibt es noch die Fraktion, die viel Verständnis dafür hat, dass der von der EU und von der NATO eingkreiste, in die Ecke gedrängte und deswegen gereizte russische Bär nun zurückschlägt. Russland verteidigt sich gegen die aggressive NATO und die westliche Welt, die allen ihre demokratischen Systeme mit ihren westlichen Wertvorstellungen überstülpen wollen. Diese Fraktion der "Russlandversteher" ist kaum weniger schlimm als Gysi und Konsorten. Diese Menschen verkennen, dass die ehemaligen Republiken der zerfallenen Sowjetunion souveräne Staaten sind, die über ihre Zukunft in und Zugehörigkeit zu politischen und wirtschaftlichen Bündnissen frei entscheiden können, auch wenn sie Nachbarn Russlands sind. Russland hat darüber hinaus 1999 ein OSZE-Dokument unterzeichnet, wonach alle Nationen frei entscheiden können, welchem Sicherheitsbündnis sie sich anschließen wollen. Die EU ist kein aggressives politisches Bündnis, das neoimperialistische Ziele verfolgt, sondern die EU ist im Einklang mit internationalem Recht und an unserem demokratischen Wertekanon orientiert. Die NATO ist das transatlantische Verteidigungsbündnis, das unsere demokratische Lebensordnung und Wertewelt mit militärischen Mitteln verteidigen will, wenn sie akut bedroht sind. Die NATO steht nicht für aggressive und bedrohliche Sicherheitspolitik a la Russland, sondern handelt auf der Grundlage von Resolutionen der Vereinten Nationen. Diese Fraktion der "Russlandversteher" leugnet unsere Werte und verleumdet die EU sowie die NATO.

So falsch die Argumentation der Putinversteher auch ist, sie fällt leider teilweise auf fruchtbaren Boden und sie verstärkt Putins Propaganda. Der Warschauer Pakt, allen voran die Sowjetunion, war Meister in solcher Propaganda. Russland hat jetzt gezeigt, wie man mit Spezialkräfteoperationen durch Tarnen und Täuschen sowie begleitende Propaganda gegen westliche Demokratien Anfangserfolge erzielen kann. Westliche Demokratien haben Werte und Rechte zu berücksichtigen und wollen militärische Gewaltanwendung vermeiden. Neoimperialisten mit Großmachtträumen brauchen oder wollen das nicht unbedingt. Das ist bei geopolitischen Machtspielen zunächst ein Vorteil. Aber Ziel und Zweck heiligen auch hier nicht die illegalen Mittel. Das berücksichtigt eine Vielzahl der Laien-Kommentatoren von Veröffentlichungen der Online-Medien nicht, im Gegenteil. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der russische Geheimdienst oder auch der russische Botschafter in Deutschland arbeitslose Ex-Stasi-Mitarbeiter ggf. auch Parteimitglieder der Partei "Die Linke" gegen ordentliches Honorar in den Online-Medien massenhaft mit Pseudonymen pro Putin kommentieren lassen. Anders ist der Zuspruch zu derart völkerrechtswidrigem und illegalem russischen Verhalten nicht zu erklären. Russische Propaganda wirkt vielfältig und erfolgreich in Deutschland.

Putin und Genossen wirken nach der illegalen Annexion der Krim wie betrunken vor Stolz. Nach Trunkenheit folgt meist ein Kater. Deutschland, die EU und die USA bleiben hoffentlich nüchtern und konsequent an unseren Werten sowie an Recht und Gesetz orientiert und geben im Falle von Völkerrechtsbrüchen unbeirrt die angemessene Antwort.

(21.03.2014)

 

 

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