Hans-Heinrich Dieter

Problem Seenotrettung   (22.09.2019)

 

Die Hilfe für Flüchtlinge und Asylsuchende bleibt eine staatliche Pflicht. Der Staat hat aber auch eine Fürsorgepflicht für seine Bürger, muss eine Überforderung unserer sozialen Systeme verhindern und darf sich keine unabsehbaren oder nicht beherrschbaren Lasten, die das Wohl der Bürger nachhaltig zu beeinträchtigen drohen, aufbürden.

Horst Seehofer als mutiger Bayer hat als CSU-Ministerpräsident die plan-, konzeptions- und verantwortungslose Flüchtlingspolitik Merkels noch mit gutem Recht heftig kritisiert. Nun schlägt er als Bundesinnenminister vor, dass Deutschland ein Viertel der aus Seenot geretteten Flüchtlinge aufnehmen soll. Mit der Ankündigung einer solchen verpflichtenden Hilfsquote schafft er Anreize für Migranten, sich bei verbrecherischen Schleusern einzukaufen und die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer anzutreten. Eine Politik, die letzten Endes zu einem Zusammenspiel mit den Schleuserbanden führt und Anreize für eine Flucht schafft, ist wenig verantwortungsvoll.

Und nun verstärkt die EKD die Anreize für eine Flucht über das Mittelmeer noch, indem sie nun angekündigt hat, dass sie gemeinsam mit anderen Organisationen einen Verein gründen will, der ein Schiff für die Seenotrettung im Mittelmeer betreibt. „Wir können nicht wegschauen, wenn Menschen ertrinken, wir müssen jetzt etwas tun: helfen!“, erklärte der badische Landesbischof Cornelius-Bundschuh kürzlich. Und er fügte hinzu, da die Staaten ihrer Verantwortung nicht nachkämen, müssten sich die Menschen, die Kirchen, engagieren. Hintergrund solcher EKD-Anstrengungen ist eine Resolution, die im Juni auf dem Kirchentag in Dortmund verabschiedet worden war und die Landeskirchen dazu auffordert, selbst ein Schiff zur Rettung von Menschen in Seenot ins Mittelmeer zu entsenden.

Der extrem eitle Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Bedford-Strohm, sagte damals, dass ein Kirchenschiff die Probleme zwar nicht lösen, aber ein starkes Signal sein könne: „Wir sind dabei, ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis zusammenzubringen, das ein klares Zeichen setzen soll, dass wir uns nicht mit einer Politik des Sterben-Lassens auf dem Mittelmeer zufriedengeben, nicht wir als Kirchen und nicht all die Menschen, die außerhalb der Kirchen mit uns daran arbeiten, dass die Grunddaten der Humanität in Europa sich nicht verschieben.“ Es geht der EKD also nicht um Problemlösung, sondern um das Setzen eines moralisierenden Signals. Es geht um Symbolpolitik, bei der man in Kauf nimmt, dass man die verbrecherische Arbeit der Schlepper fördert oder unterstützt, und bei der man möglichst viele illegale Migranten und Flüchtlinge im Zuge der Drei-Meilen-Zone Libyens an Bord nimmt, denn es muss ja ein „starkes Signal“ sein. Und bei allem moralisierenden Eifer wird vergessen, dass vor dem „Retten“ auch die Frage geklärt werden muss, in welchem Hafen „Gerettete“ angelandet werden können, welcher Staat sie aufnimmt und dann für die Verwaltungskosten, die Sozialleistungen, die Gerichtskosten und andere Transfererfordernisse aufkommt. Es ist nicht davon auszugehen, dass die evangelische Kirche jemals solche Voraussetzungen als Betreiberin eines christlichen Seenotrettungsdampfers schafft. Bisher ist die Kirche in solchen Zusammenhängen durch Gewährung von Kirchenasyl für abgelehnte Asylanten anmaßend bereit gewesen, gegen Recht und Gesetz zu verstoßen!

Wenn die evangelische Kirche ihre Pläne nun in die Tat umsetzt, sollte man das zum Anlass nehmen, die in Deutschland längst fällige Trennung zwischen Staat und Kirchen zu vollziehen. Denn es kann nicht sein, dass die deutsche Gesellschaft für mögliches politisches und juristisches Fehlverhalten christlicher Kirchen in Haftung genommen wird.

Und im Hinblick auf die von Seehofer aus dem Tirolerhut gezauberte Quote sollte der Bundestag diesen Vorschlag beraten und darüber entscheiden, bevor sich Deutschland mit einer Zusage von großer Tragweite in die EU einbringt. Der Bundestag hat schon in der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin seiner Pflicht zur parlamentarischen Kontrolle des Regierungshandelns nicht genügt und sollte solche Pflichtversäumnisse nicht zur Regel werden lassen.

Wenn Seehofer in der kommenden Woche am EU-Seenotrettungsgipfel auf Malta teilnimmt, dann sollte er solche Vorschläge Deutschlands nur mit dem Hinweis auf die Zustimmung des Parlamentes einbringen. Ziel dieses EU-Seenotrettungsgipfels sollte es sein, ein gerechtes Verteilungssystem zu erarbeiten, das zum Beispiel EU-Mitgliedsstaaten, die sich einer Aufnahme von Flüchtlingen verweigern, finanzielle Sanktionen auferlegt. Ãœber ein solches „gerechtes EU-Verteilungssystem“ muss dann der Rat der EU für Inneres am 8. Oktober 2019 entscheiden.

Mehrere Unionspolitiker kritisieren Bundesinnenminister Seehofer erfreulicherweise für seine Ankündigung, ein Viertel der aus Seenot geretteten Migranten aufzunehmen. Auch der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor lehnte den Vorschlag ab: Die Seenotrettung dürfe nicht zum Migrationstrittbrett werden!

Die Politiker sollten nicht in Talkshows und in Medien-Mikrofone reden, sondern sie sollten solche wichtigen Themen im Deutschen Bundestag zur Sprache bringen, diskutieren und von den gewählten Volksvertretern mehrheitlich entscheiden lassen!

Und die Abgeordneten sollten die Meinung des Bundespräsidenten Steinmeier, der die Umverteilungsquoten natürlich begrüßt und bei seinem kürzlichen Staatsbesuch in Italien sagte: „Zentral ist aus unserer Sicht, dass der Rest von Europa Italien bei dieser Aufgabe nicht alleinlässt.“, nicht allzu ernst nehmen. Denn allein in Nordrhein-Westfalen leben heute mehr Asylzuwanderer als in ganz Italien, wie aus Auflistungen des Bundesinnenministeriums hervorgeht. Und auch die Asylantragszahlen zeigen, dass die Bundesrepublik deutlich stärker als Italien belastet ist. Laut den aktuellen Zahlen der OECD gab es in Italien 2016 (121.000), 2017 (127.000) und 2018 (53.000) viel weniger Anträge als in Deutschland (2016: 722.000, 2017: 198.000, 2018: 162.000). Im laufenden Jahr zeichnet sich für das südeuropäische Land sogar ein deutlicher Rückgang ab: Im ersten Halbjahr gab es dort laut Eurostat lediglich 16.865 Erstanträge auf Asyl (Deutschland: 73.000).

Auch moralische Appelle sollten faktenbasiert sein!

(22.09.2019)

 

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