Hans-Heinrich Dieter

Problematische Waffenlieferungen   (24.03.2013)

 

Die EU-Außenminister haben bei ihrem jüngsten Treffen in Dublin dem Druck Großbritanniens und Frankreichs sowie mancher – ja auch nicht verantwortlicher - Medien nicht nachgegeben und werden zunächst am Waffenembargo für Syrien bis Ende Mai 2013 festhalten. Bis auf weiteres wird es also keine Lieferungen europäischer Waffen an die syrischen Rebellen geben. Die Zurückhaltung der EU, Partei im syrischen Bürgerkrieg zu werden, ist mehrfach gut begründet. Und es ist wünschenswert, dass sich die Europäische Union auch weiterhin auf ein gemeinsames Vorgehen im Syrien-Konflikt verständigen und Alleingänge von Mitgliedsstaaten verhindern könnte. Denn Waffenlieferungen an „Rebellen“ und „Aufständische“ haben sich schon mehrfach als problematisch erwiesen.

Die USA haben 1998 mit dem Iraq Liberation Act den "Regimewechsel" im Irak zum amerikanischen Gesetz erklärt und Oppositionsgruppen Militärhilfe in Höhe von 97 Millionen Dollar zur Destabilisierung Saddam Husseins gewährt. Während des zweiten Irak-Krieges waren solche Waffen zweifellos ursächlich für den Tod vieler amerikanischer Soldaten.

Die USA haben die Taliban und islamistische Gruppierungen der Nordallianz Afghanistans gegen die russische Besatzung bewaffnet und militärisch ausgebildet. Solche Waffen und die militärischen Kenntnisse haben die Taliban dann nach 2001 gegen die Soldaten der westlichen Staatengemeinschaft erfolgreich eingesetzt.

Im libyschen Bürgerkrieg hat die französische Regierung entgegen dem UN-Embargo Waffen an die libyschen Rebellen geliefert - ohne dies mit den NATO-Verbündeten abgesprochen zu haben. Frankreich wiegelte damals ab: "Das geht die UN nichts an." Auch Italien hat Waffen an die islamistischen Aufständischen geliefert. Unter Nutzung solcher Waffen wurden Waffenlager Gaddafis erobert und geplündert. Die Islamisten und Dschihadisten in der Sahel-Zone nutzen diese Waffen heute für ihre Terroraktionen und die Islamisten im Norden Malis haben damit nicht nur die dort lebende Bevölkerung terrorisiert, sondern auch die Franzosen und malischen Truppen bekämpft.

Vor einem guten Jahr hat Frankreich die Tuareg der „Nationalen Bewegung für die Befreiung von Azawad“ (MNLA) in Mali zu dem Feldzug animiert und wohl auch mit Waffen alimentiert, mit dem diese Tuareg-Kämpfer, unterstützt durch islamistische Gruppierungen und Al Kaida den Norden Malis förmlich überrannten. Diesen mit Islamisten vermischten Tuareg werden Kriegsverbrechen und ein Massaker an hundert gefangenen malischen Soldaten vorgeworfen, weswegen die malische Regierung in Bamako den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angerufen hat. Kurze Zeit später kämpften die französischen Truppen gegen die nach Süden vorrückenden Tuareg/Islamisten und nun nur noch gegen Islamisten und sind dabei den auch von ihnen selbst gelieferten Waffen ausgesetzt.

Mit dem zweiten Irakkrieg haben die USA nicht nur Saddam Hussein „destabilisiert“ sondern den ganzen Irak und damit auch die Region. Das hat zur Folge, dass der Iran zu der ausschlaggebenden Regionalmacht geworden ist und heute Syriens Machthaber Assad, aber auch islamistische Gruppierungen massiv mit Waffenlieferungen unterstützt.

Wer also die immer noch zerstrittene, heterogene und von Islamisten, Terroristen sowie militanten Gotteskriegern unterwanderte syrische Opposition mit Waffenlieferungen unterstützen will, sollte zunächst einmal offenlegen, wie er sich die syrische Zukunft nach Assad vorstellt, wer in Syrien diese Zukunft in welchem Zeitrahmen gestalten soll. Es muss klar sein, wie die Alawiten, Schiiten und Christen nach dem Sturz Assads geschützt werden sollen, welche militärischen Kräfte der Opposition genau welche Menge und Qualität an Waffen brauchen, um sich mit Aussicht auf Erfolg gegen die Regierungstruppen zur Wehr setzen und Teile der Zivilbevölkerung schützen zu können. Es muss geregelt sein, wie verhindert werden kann, dass Waffen in die Hände von Islamisten und Al Kaida kommen und wie eine Rüstungsspirale durch Waffenlieferungen durch Russland und Iran an Assad und durch Bewaffnung von Oppositionsgruppen seitens der EU verhindert werden kann. Es gab schon viele Konferenzen und Tagungen gutmeinender Politiker, es gibt aber bisher kein Konzept und keine Lösungsvorschläge zu solchen, nur bruchstückhaft skizzierten Problemen. Auch das vielzitierte „Schlagwort“ der Flugverbotszone ist eben ein Schlagwort und kein Lösungsansatz. Die USA halten sich nicht ohne Grund zurück. Und ohne Ãœberwindung der Blockade im UN-Sicherheitsrat wird es kein wirkungsvolles sicherheitspolitisches Engagement der westlichen Staatengemeinschaft zum Beispiel in Form eines UN-Einsatzes geben.

Der syrische Bürgerkrieg ist zunehmend ein Bürgerkrieg verfeindeter arabischer ethnischer und religiöser Gruppen unter massiver Einflussnahme von nicht-syrischen islamistischen Terrorgruppierungen. Dieses sehr arabische Problem kann nur durch eine Kraftanstrengung der arabischen Welt, humanitär und logistisch unterstützt durch die UN und die EU, gelöst werden.

(24.03.2013)

 

 

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