Hans-Heinrich Dieter

Petersburger Dialog 2019

 

Das Format des „Petersburger Dialogs“ wurde 2001 für den gegenseitigen zivilen Austausch zwischen der deutschen und der russischen Gesellschaft durch den damaligen Bundeskanzler Schröder und den russischen Präsidenten Putin ins Leben gerufen – und hat seitdem sehr wenig gebracht!

Nachdem 2014 die Tagung wegen der Annexion der Krim abgesagt worden war, wurden die Gespräche in den Folgejahren fortgesetzt, allerdings ganz bewusst ohne die Teilnahme jeweils führender Politiker beider Staaten. In diesem Jahr nahmen Außenminister Maas und Außenminister Lawrow teil. Maas will „zwischenmenschliches Vertrauen“ mit Russland „wiederaufbauen“, welches „durch politische Differenzen in Frage gestellt wurde“. Dabei sind nicht allgemeine politische Differenzen die Hauptursache für den Vertrauensverlust, sondern das aggressive politische Verhalten Russlands. Lawrow will im reinsten „Petersburger Propagandastil“ gegen die „aggressive NATO“, gegen die Sanktionen der EU und gegen Deutschland, das sich aus Putins Sicht unter dem Druck der USA an „einer aggressiven antirussischen Politik“ beteiligt, hetzen. In der FAZ fasst ein Redakteur das treffend zusammen: Maas nähert sich an – Lawrow teilt aus!

Dabei schien es zunächst so, als ob der damals neue sozialdemokratische Außenminister Maas mit dem verhängnisvollen Kurs der SPD gegenüber Moskau brechen wollte, denn er hat zunächst eine härtere Haltung gegenüber Russland angekündigt und so ein positives Zeichen für die deutsche Außenpolitik gesetzt. Hatte doch Lobby-Schröder die SPD in zwielichtige Nähe zum Kreml-Regime rücken lassen und auch die Versuche von SPD-Gabriel, die gemeinsame westliche Sanktionsfront gegen Russland wegen dessen fortgesetzter Aggression in der Ukraine aufzuweichen, hatten das Gefühl aufkommen lassen, dass sich sozialdemokratische Außenpolitik nicht selten schon mit den Interessen Putins deckt. Und so hat Maas mit seinem neuen Kurs bei vielen Genossen, die die Augen vor der akuten Bedrohung für die westliche Welt durch das aggressive Russland verschließen, keine Begeisterung hervorgerufen. Der Gegenwind der Genossen und der unaufhaltsame Niedergang der SPD haben Maas nun wohl auf einen seichten Kuschelkurs mit Russland einschwenken lassen. Deutsche sozialdemokratische Außenminister haben halt sehr schnell und häufig Probleme mit dem aufrechten Gang!

Maas verzichtet darauf, die harten Vorwürfe gegenüber Deutschland und der EU zu kontern und appelliert seicht und zart an Russland, nun einen „konstruktiven Beitrag“ zur Lösung des Ostukraine-Konflikts zu leisten und vergisst zu betonen, dass ohne Rückgabe der Krim an die Ukraine Sanktionen nicht aufgehoben werden können. Dialoge haben immer dann keinen Wert, wenn sie unaufrichtig geführt werden, nur dem Offenhalten von Gesprächskanälen dienen und keine konkreten Ergebnisse oder Fortschritte bei der Konfliktbewältigung bringen.

Russland trägt spätestens seit 2014 nicht mehr zu Problemlösungen bei, sondern ist die Ursache der Probleme. Russland zeigt dabei keinerlei Interesse, auf Lösungsvorschläge einzugehen, sondern führt westliche Vermittler am Nasenring durch die Manege. Russland will nicht mit Deutschland verhandeln, Russland will Deutschland benutzen. Alle Vermittlungsversuche zur Ostukraine im Normandie-Format haben keine Erfolge erzielt. Russland denkt nicht daran, die Völkerrechtsverletzung durch die Annexion der Krim zu heilen, es zementiert diese Verletzung internationalen Rechts und wartet geduldig darauf, dass die westliche Politik das als nicht mehr veränderbare Tatsache beurteilt und zur Tagesordnung übergeht, weil man ja die Vetomacht Russland zur Lösung globaler Probleme auch zukünftig braucht. Das aggressive Russland versucht weiterhin die EU und die NATO zu spalten und unternimmt alles, um seine Nachbarn in Angst und Schrecken zu halten. Polen und die baltischen Staaten kennen Russland, man sollte sie ernster nehmen und ihre Erfahrungen und Urteilskraft im Hinblick auf das Russland Putins berücksichtigen. Ein Putin reagiert nur dann konstruktiv, wenn Russland durch starke, konsequente Gegenmaßnahmen Nachteile hat und seine Macht dadurch beeinträchtigt wird. Ein „Kuschelkurs“ hat bisher nichts gebracht und wird auch in Zukunft nichts bringen.

Und auch dieser Petersburger Dialog hat die deutsche und die russische Gesellschaft einander nicht nähergebracht. Das einzige konkrete Ergebnis ist eine Initiative für Reiseerleichterungen für Jugendliche beider Staaten. Es ist noch nicht einmal gelungen, die am Dialog teilnehmende deutsche NGO, „Europäische Plattform für freie Wahlen“ von der Liste „unerwünschter ausländischer Organisationen“ in Russland streichen zu lassen. Warum soll eine deutsche NGO mit Aussicht auf Erfolg an einem Dialog mit einem Staat teilnehmen, der sie immer noch auf der Liste „unerwünschter ausländischer Organisationen“ führt und nicht nach Russland einreisen lassen würde? Und auf dieser Liste stehen noch 70 weitere westliche Gruppen und Organisationen! Die Rahmenbedingungen für einen sinnvollen Dialog sind schlecht und das Ergebnis des diesjährigen Dialogs ist für den hohen Aufwand – in Verbindung mit der damit zwangsläufig einhergehenden Umweltverschmutzung – deutlich zu mager!

Gesprächskanäle mit Russland können auf Außenministerebene offengehalten werden. Den „Petersburger Dialog“ sollte Deutschland so lange aussetzen, solange Russland keine konstruktiven Schritte unternimmt, um den Ostukraine-Konflikt zu lösen und die Rahmenbedingungen für konstruktiven Dialog zu verbessern!

(20.07.2019)

 

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