Hans-Heinrich Dieter

Kampfdrohnen für die Bundeswehr   (29.06.2014)

 

Die Entscheidung, ob auch die Bundeswehr bewaffnete Drohnen bekommt, ist überfällig. Nun will sich Verteidigungsministerin von der Leyen um diese emotionsgeladene Problematik bemühen. Nach einer Expertenanhörung am 30.06.2014 im Bundestag zum Thema "Völker-, verfassungsrechtliche sowie ethische und sicherheitspolitische Fragen im Zusammenhang mit unbemannten Luftfahrzeugen, die über Aufklärung hinaus auch weitere Kampffähigkeiten haben" soll eine breite gesellschaftliche Debatte aufgenommen werden. Die Ministerin will Position beziehen und dann schnell entscheiden.

Das Thema ist nicht neu. Die Argumente sind mehrfach ausgetauscht. Die Meinung der Drohnengegner ist mit der Position beschrieben: Die Entwicklung autonomer Killer-Roboter könnte befördert werden. Gezielte Tötungen von Menschen innerhalb und außerhalb von Kriegen ohne Anklage, Verfahren und Urteil würden auch der Bundeswehr ermöglicht. Der Wehrbeauftragte als Drohnenbefürworter sagt in einer Studie: "Nur bewaffnete unbemannte Luftfahrzeuge bieten eine Gewähr dafür, dass die Soldaten ihren Auftrag so erfüllen können, dass sie sich nicht unnötig selbst gefährden müssen und gleichzeitig der jeweiligen Auftrags- und Bedrohungssituation entsprechend abgestuft, angemessen und damit verhältnismäßig agieren können." Militärs und Amtsvorgänger Thomas de Maizière vertreten die gleiche Meinung und haben engagiert und mit guten Argumenten für die Anschaffung unbemannter, ferngesteuerter und waffentragender Flugzeuge geworben.

Bei den Koalitionsverhandlungen hat sich die Arbeitsgruppe Außen- und Sicherheitspolitik um Festlegungen gedrückt und das Thema Drohnen mit umfangreichen Prüfaufträgen versehen für die kommende Legislaturperiode zunächst aus dem Entscheidungsspektrum genommen. Umso wichtiger ist es, dass Frau von der Leyen sich der Thematik stellt, denn es wäre beschämend bis verantwortungslos, wenn sich die Politik aus Angst vor einer ausufernden - in Deutschland grundsätzlich hochemotional geführten - Moraldiskussion vor der dringenden Entscheidung drücken und den Soldaten im Einsatz auf nicht absehbare Zeit die effizienteste und beste Kampfunterstützungs-Technologie vorenthalten würde. Immerhin bestand Einigkeit zwischen den Verhandlungspartnern, dass eine neue Bundesregierung eine europäische Entwicklung bewaffneter unbemannter Flugkörper auf den Weg bringen müsse.

Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee, die Abgeordneten entscheiden jeweils über die Einsätze der Bundeswehr. Wer die deutschen Staatsbürger in Uniform in Kriegs-Einsätze schickt, der muss sie auch so ausrüsten, dass sie bei möglichst geringem eigenem Risiko ihren Auftrag erfolgreich ausführen können. Die Volksvertreter wissen, dass die Bundeswehr im derzeitigen Afghanistaneinsatz erhebliche Defizite in der Führungsfähigkeit, bei der Aufklärungskapazität, in der Luftbeweglichkeit, einschließlich der Luftrettung, und bei der Luftnahunterstützung hat. Aufklärungsdrohnen und bewaffnete unbemannte Flugzeuge sind daher eine unbedingt notwendige Erweiterung der militärischen Fähigkeiten der Bundeswehr, über die schon in der vergangenen Legislaturperiode dringend hätte entschieden werden müssen. Deswegen ist es wichtig, dass die Ministerin das Parlament und dort hauptsächlich die Abgeordneten der bei dieser Thematik zögerlich wirkenden SPD mit in die Verantwortung nimmt.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Göring-Eckardt hat sich nun schon vor der Expertenanhörung im Bundestag gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr ausgesprochen. Aufklärungsdrohnen seien sinnvoll; bewaffnete lehnten die Grünen aus ethischen Gründen ab, denn ihr Einsatz sei völkerrechtlich hoch problematisch. Warum sollte man die Meinung von Experten anhören, wenn man schon indoktriniert und ideologisch festgelegt ist? Und die Meinung von Politikern der Partei Die Linke ist in sicherheitspolitischen Fragen ohnehin uninteressant.

Knapp 100 Staaten sind anderer Meinung als die deutsche Opposition und verfügen heute selbst über Drohnen, entwickeln sie oder wollen sie beschaffen. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich im Dezember 2013 grundsätzlich für die Entwicklung einer europäischen Drohne ausgesprochen. Deutschland, Frankreich und Italien bereiten nun die Entwicklung einer gemeinsamen Drohne zur militärischen Aufklärung vor. Rüstungsunternehmen der drei Länder wollen in den nächsten zwei Jahren die Anforderungen an das Projekt untereinander abstimmen. Bis 2020 soll diese Drohne verfügbar sein. Deswegen wird auch über eine Übergangslösung für bewaffnungsfähige Drohnen zu entscheiden sein.

Afghanistan wird nicht der letzte Kampfauftrag der Bundeswehr im Ausland sein. Die deutschen Streitkräfte müssen daher in Zukunft im Rahmen von Militäroperationen Aufklärungs- und Kampfdrohnen als moderne Instrumente für erfolgreiche Gefechtsführung sowie zum Schutz und zur Unterstützung unserer Soldaten einsetzen können, wenn eigene Luftwaffe oder Artillerie nicht verfügbar sind. Die Drohnengegner sollten der Parlamentsarmee Bundeswehr etwas mehr Vertrauen entgegenbringen, denn ihr Handeln ist nach dem Grundgesetz Artikel 20 an Recht und Gesetz gebunden und das verbietet extralegale, völkerrechtswidrige Tötungen.

Wenn Aufklärungs- und Kampfdrohnen nicht beschafft werden, wird die Bundeswehr zukünftig - anders als konzeptionell gefordert - kein „breites Spektrum an Fähigkeiten und damit Handlungsoptionen“ bieten können. Die Bundeswehr ist ohne Drohnen materiell nicht einsatzorientiert genug und nur eingeschränkt einsatzfähig. Deswegen darf Deutschland den Anschluss an die Entwicklung und Nutzung dieser Waffen des modernen Krieges nicht verpassen, insbesondere wenn Deutschland mehr internationale Verantwortung übernehmen will.

(29.06.2014)

 

 

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