Hans-Heinrich Dieter

Kampfdrohnen für Deutschland (15.08.2012)

 

Die Diskussion der letzten Wochen um die ins Auge gefasste Beschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert.

Bewaffnete und unbewaffnete Drohnen werden weltweit in stark zunehmender Zahl eingesetzt, denn Drohnen sind Waffensysteme der Zukunft. Marktführer sind die USA und Israel. Unbemannte Flugsysteme dienen der Aufklärung, Kampfdrohen hingegen werden zur gezielten Bekämpfung des Gegners eingesetzt. Deutschland, das viele seiner Rüstungsprojekte immer noch am Kalten Krieg orientiert unter Vertrag hat, ist im Hinblick auf Drohneneinsätze eines der internationalen Schlusslichter. Für militärische Aufklärung im Norden Afghanistans nutzt die Bundeswehr inzwischen die geleaste unbewaffnete Drohne HERON mit großem Erfolg. Wenn im deutschen Verantwortungsbereich zur erfolgversprechenden Bekämpfung von Terroristen und radikalislamistischen Taliban Kampfdrohnen eingesetzt werden sollen, dann müssen die US-Truppen um die Nutzung dieser effizienten Waffensysteme gebeten werden. Die deutsche Öffentlichkeit stört es nicht wirklich, wenn Taliban im Norden Afghanistans ohne deutsche Verluste wirksam und nachhaltig durch US-Drohnen bekämpft werden. Wenn aber die Bundeswehr plant, solche Waffensysteme, wie die Predator B-Drohne oder die Reaper, in den USA zu beschaffen, dann kocht die Diskussion um „Targeted Killing“ und gezielte Tötung â€žmutmaßlicher“ Terroristen hoch. Die damit verbundene Scheinheiligkeit ist nicht wenigen Politikern und Journalisten offensichtlich nicht peinlich.

Die Taliban führen in Afghanistan einen Kleinkrieg mit Methoden des Partisanenkampfes, aus den Dörfern heraus, zum Teil versteckt hinter Zivilisten, und die Taliban haben die Initiative. Wenn man eine solche Lage in den Griff bekommen will, muss man nach allen Regeln der Kunst und unter Nutzung aller gerechtfertigten Mittel die Taliban bekämpfen, zerschlagen und unwirksam machen. Das ist ohne „gezieltes Töten“ von Taliban nicht möglich. Die Entwicklung im Norden Afghanistans ist dafür Beweis genug. Als sich die Sicherheitslage im deutschen Verantwortungsbereich deutlich verschlechterte, hat vorwiegend der massive Einsatz amerikanischer und deutscher Spezialkräfte sowie der intensive Einsatz von US-Kampfdrohnen, hauptsächlich gegen Talibanführer, die Terroristen so nachhaltig geschwächt, dass die Sicherheitsverantwortung in mehreren Regionen inzwischen an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben werden konnte. Bei Erfolg fragt man dann nicht mehr so genau, wer denn die vermeintliche „Schmutzarbeit“ gemacht hat. Aber eines ist bei aller Scheinheiligkeit eindeutig, nämlich wenn durch gezielte Tötung eines gefährlichen Talibanführers verhindert werden kann, dass Selbstmordattentäter auf seinen Befehl hin ungezielt auch unschuldige Kinder mit in den Tod reißen können, dann hat sich die Aktion gelohnt.

Da ist es gut, dass Verteidigungsminister de Maizière im Zuge der schräg geführten Debatte in der Tageszeitung DIE WELT sachlich feststellt, eine Drohne sei nichts anderes als ein Flugzeug ohne Pilot, das Waffen tragen dürfe wie bemannte Flugsysteme. Und er ergänzt mutig, ethisch sei eine Waffe stets als neutral zu betrachten, denn es komme letztlich darauf an, mit welcher Zielsetzung und auf welcher rechtlichen Grundlage Waffen eingesetzt werden. Und der Minister weist mit Recht darauf hin, dass bewaffnete Drohnen den Vorteil haben, dass sie zielgenauer sind als andere Waffen und deswegen Unbeteiligte bei ihrem Einsatz besser als beim Einsatz von Kampfflugzeugen geschont werden können. Natürlich ist außerdem die Gefahr für die eigenen Soldaten beim Einsatz unbemannter Kampf-Drohnen im Vergleich zum Einsatz bemannter Kampf-Flugzeuge deutlich geringer. Das besänftigt die Kritiker natürlich nicht, im Gegenteil, die nüchterne Sachlichkeit regt eher auf.

Vertreter der Fundamental-Opposition sprechen denn auch davon, dass „Opfer“ von Drohnen ohne Gerichtsurteil hingerichtet werden und von „staatlich organisiertem Mord“. Bei Panorama z.B. heißt es am 26.07.: „Die Piloten steuern sie per Joystick viele Kilometer weit entfernt, ohne ihr eigenes Leben zu gefährden. Ein Einsatz ohne Risiko - und ein Todesurteil ohne Gerichtsverfahren. … Auch die Bundeswehr erwägt die Anschaffung der vermeintlich präzisen Waffen, mit denen Menschen auf Verdacht getötet werden können. … Doch der Einsatz von Kampfdrohnen ist rechtlich umstritten, weil auf Verdacht Menschen getötet werden, präventiv, ohne jemals vor ein Gericht gestellt worden zu sein.“

Diffamierung militärischen Handelns sind wir in Deutschland, wo man Soldaten ungestraft als Mörder bezeichnen darf, gewohnt. Pervers wird die Diskussion, wenn die Legitimität militärischen Handelns offenbar von der einhergehenden angemessenen Gefährdung unserer Soldaten abhängig gemacht wird und wenn beleidigend unterstellt wird, dass Fernsteuerung ohne eigene Verluste die „Schwelle für bewaffnete Einsätze senkt“ und sogar Anreize geschaffen werden, die neue Waffentechnologie in bestimmten Situationen frühzeitig einzusetzen. Da haben Journalisten offensichtlich eher Computerspiele im Hinterkopf als verantwortungsbewusstes militärisches Handeln im Auftrag des Bundestages.

Es wird hohe Zeit, dass die Diskussion nach dem Sommerloch zu diesem Thema in der Öffentlichkeit verantwortungsbewusst und sachlich geführt wird, denn wer die deutschen Staatsbürger in Uniform in Kriegs-Einsätze schickt, der muss sie auch so ausrüsten, dass sie bei möglichst geringem eigenen Risiko ihren Auftrag erfolgreich ausführen können. Da führt an zukunftsorientierten Waffensystemen wie Kampfdrohnen kein Weg vorbei.

Wenn es um reale militärische Einsätze deutscher Soldaten geht, muss Verantwortungsethik Vorrang vor Gesinnungsethik haben.

(15.08.2012)

 

 

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