Hans-Heinrich Dieter

Irrglaube   (06.11.2016)

 

Der künftige UNO-Generalsekretär Guterres setzt bei einem Treffen mit US-Außenminister Kerry in Washington auf eine enge Zusammenarbeit mit den USA, um die gegenwärtige, vielfach desolate Weltlage zu verbessern. Guterres meint, eine solche vertiefte Partnerschaft sei entscheidend, um globale Krisen zu lösen, den Schutz von Menschenrechten sowie Frieden und Sicherheit zu erreichen.

Guterres hat viel Erfahrung mit den häufig erfolglosen Anstrengungen der UN und es ist zu hoffen, dass er dann in Amt und Würden weit mehr unternimmt, als nach solchen fragwürdigen Strohhalmen zu greifen.

Sicher, die USA sind nominell weiterhin die einzige Supermacht und die Führungsmacht der demokratischen westlichen Welt mit starken politischen und militärischen Einflussmöglichkeiten. Diese Möglichkeiten nutzen die USA derzeit aber nicht - und das liegt nicht nur am laufenden, unwürdigen Wahlkampf um die Präsidentschaft.

Die USA haben mit der nicht gerechtfertigten Intervention im Irak das Land in einen nahezu unregierbaren Zustand versetzt und es im Chaos zurückgelassen. Damit haben die USA ihren moralischen Anspruch als Supermacht weitgehend beschädigt. Die politischen Versuche der USA zur Lösung des Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern sind mehrfach gescheitert. Im Zusammenhang mit der Beendigung des syrischen Bürgerkriegs scheitern die USA gerade an der aggressiven Großmachtpolitik Russlands und bei der Bekämpfung des IS sind die USA nur eingeschränkt erfolgreich, auch weil die USA keine tragfähige Strategie haben und es zulassen, dass der „Partner“ Türkei seine ganz eigenen Ziele verfolgt. Im nahen und mittleren Osten haben die USA als Supermacht weitgehend politisch versagt. Im Pazifik ist die nominelle Supermacht USA mit dem nach Großmacht strebenden China konfrontiert und weitgehend handlungsunfähig, während China Fakten schafft. Und wer auch immer der/die nächste Präsident/in der USA wird, das tief gespaltene und demokratisch zerrüttete Land wird Jahre brauchen, bis es wieder Verantwortung als Supermacht tragen kann.

Diese nicht vollständige Beschreibung der Handlungseinschränkungen und der Handlungsunfähigkeit der Supermacht USA zeigt deutlich, dass eine vertiefte Partnerschaft der UN mit den USA die globale Krise höchstens ansatzweise lösen kann, denn die Handlungsunfähigkeit sowohl der UN als auch der USA wird durch die überholte Struktur des Weltsicherheitsrates und die zunehmend nationalistisch agierenden Veto-Mächte USA, Russland und China, die sich nun schon seit Jahren z.B. im Syrienkrieg blockieren, hervorgerufen. Eine Verbesserung der politischen Verhältnisse der Veto-Mächte zueinander ist nicht zu erwarten, eher eine Verschlechterung. Deswegen müssen die UN - und hauptsächlich der Weltsicherheitsrat - reformiert werden.

Die derzeitige Lage mit einer Vielzahl von Krisen, mit starken Bedrohungen durch islamistischen Terror und mit der stärksten Flüchtlingsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg schreit geradezu nach friedensfördernder Aktivität der UN und deswegen muss die Selbstblockade und Paralyse der Weltgemeinschaft endlich überwunden werden. Das geht nur mit grundlegenden Reformen, die schon vor langer Zeit angestoßen aber nicht voran getrieben wurden.

Mit solchen Reformen könnten die UN zeigen, dass sie es nicht länger hinnehmen wollen, wenn Vetomächte wie Russland eine an Frieden, demokratischen Werten und an humanitären Zielen orientierte Politik der internationalen Staatengemeinschaft blockieren und eine nicht mehr gerechtfertigte herausgehobene Rolle spielen. Und nur mit solchen Reformen können die Vereinten Nationen ihre Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit zurückgewinnen.

Die UN-Vollversammlung scheint bereit zu sein, Veränderungen vorzunehmen, denn z.B. Russland wurde im Oktober 2016 nicht wieder in den UN-Menschenrechtsrat gewählt. Einem solchen ersten Schritt sollten weitere mutige Schritte folgen.

(06.11.2016)

 

 

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