Hans-Heinrich Dieter

Friedensfeindliche Siedlungspolitik   (11.11.2014)

 

Der Terrorist, Friedensnobelpreisträger, Fatah-Führer und spätere Präsident der palästinensischen Autonomiegebiete, Arafat, ist heute vor zehn Jahren unter noch nicht ganz geklärten Umständen in einem französischen Militärhospital gestorben. Angesichts der täglichen Proteste in Jerusalem und der angespannten Lage in Israel ist heute sicher kein einfaches Datum, zumal die Experten streiten, ob die dritte Intifada bereits begonnen hat oder bevorsteht. Seit Monaten dreht sich die Spirale der Gewalt. Und Israel lässt nicht erkennen, dass es aktiv für Frieden eintritt.

Im Sommer wurden im Westjordanland drei jüdisch-israelische Jugendliche ermordet. Die mutmaßlichen Täter wurden inzwischen erschossen. Bei einer Gerichtsverhandlung würde sicher vieles über Ursache und Wirkung zutage gefördert. Aus Rache wurde ein arabisch-israelischer Jugendlicher in Jerusalem ermordet. Der jüdische Täter wurde verhaftet. Seitdem kommt die Stadt nicht mehr zur Ruhe. Die Siedlungspolitik der israelischen Regierung heizt die Gewalt weiter an und provoziert sowohl die palästinensische Autonomiebehörde als auch die gewaltbereiten Palästinenser.

So hat der israelische Bauminister Uri Ariel von der Siedlerpartei nach der Vereidigung der palästinensischen Einheitsregierung im Juni 2014 Ausschreibungen für 1100 Siedlerhäuser im Westjordanland veröffentlicht. 400 weitere Wohnungen sollen zusätzlich im Ostteil Jerusalems entstehen. Für Ariel ist das die "angemessene zionistische Antwort" auf die Bildung der "palästinensischen Terrorregierung". Die Palästinensische Autonomiebehörde wirft Israel "systematischen" Landraub vor - und droht mit Konsequenzen. Die USA reagieren empört und sogar die Bundesregierung hat Israel wegen dieser Siedlungspläne deutlich kritisiert.

Anfang Oktober 2014 werden dann israelische Pläne bekannt, nach denen im annektierten Ostteil von Jerusalem mehr als 2600 Wohnungen für jüdische Siedler gebaut werden sollen. Die USA reagieren scharf und bezeichnen das als "Gift für die Atmosphäre" zwischen Israel und den Palästinensern. Die internationale Gemeinschaft verurteilt solche Pläne. Schweden hat inzwischen Palästina als Staat offiziell anerkannt und das britische Unterhaus hat die Regierung aufgefordert, diesem Beispiel zu folgen. Die UN brandmarken Israels Siedlungspolitik als illegal. Israel isoliert sich international weiter durch seine friedensfeindliche Siedlungspolitik.

Vergangene Woche überfuhr in Ramallah ein israelischer Siedler zwei palästinensische Kindergartenkinder, eine Fünfjährige starb. Prompt fuhr in Jerusalem ein 21-jähriger Palästinenser in eine Menschenmenge und tötete ein drei Monate altes Baby und eine junge Frau aus Ecuador. Die Polizei erschoss den 21-Jährigen bei seinem Fluchtversuch zu Fuß. Die israelischen Sicherheitsbehörden sind allgemein und offensichtlich schnell mit dem Erschießen auch mutmaßlicher Täter. Das ist allerdings kein Grund für palästinensische Jugendliche, den Erschossenen für seine schlimme Tat als Helden zu feiern.

Am 28.Oktober 2014 kündigt dann die israelische Regierung trotz internationaler Kritik den Bau von tausend weiteren Wohnungen im arabischen Teil von Jerusalem an. Zuvor hatten die rechtsradikalen Wirtschaftsminister Naftali Bennett und Wohnungsbauminister Uri Ariel Regierungschef Netanjahu mit einer Regierungskrise gedroht, sollte er Siedlungsvorhaben nicht freigeben, die aus diplomatischer Rücksicht gestoppt waren. Und es muss als gezielte Provokation verstanden werden, dass der rechtsradikale Minister Ariel angekündigt hat, er wolle mit seiner Familie in ein Haus mitten im arabischen Viertel Silwan in Ostjerusalem ziehen. Trotz der dann zu erwartenden extremen und alle Anwohner stark belastenden Sicherheitsvorkehrungen unterstützt Netanjahu diese eher „kranke“ Absicht seines Ministers.

Kürzlich hat Netanjahu aus Sicherheitsgründen den Palästinensern den Zugang zum Tempelberg verwehrt und gleichzeitig einem neuerlichen provozierenden Besuch jüdischer Fundamentalisten und national-religiöser Fanatiker, die jüdisches Beten auf dem vertraglich dafür nicht vorgesehenen Gelände erzwingen wollen, zugestimmt. Den Anschlag auf einen national-religiösen Rabbi konnte man in diesem Zusammenhang durchaus vorhersehen. Da hat der amerikanische Vertreter des Foreign Office schon recht, wenn er feststellt, Netanjahu sei feige. Wie anders soll man es bezeichnen, wenn ein Regierungschef eher bereit ist, illegal zu handeln und internationales Recht zu brechen als seinen rechtsradikalen Ministern die Stirn zu bieten und jegliche friedensfeindliche Aktionen zu unterbinden.

Aber Netanjahu ist ja nicht nur Getriebener der Nationalreligiösen, der Ultra-Orthodoxen und der rechtsradikalen Siedler, er ist längst selbst Täter, der in Regierungsverantwortung friedensfeindliche Politik nicht nur zulässt sondern selbst betreibt. Gestern hat das israelische Kabinett mehrheitlich beschlossen, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das in Siedlungsgebieten die Anwendung israelischen Rechtes vorgibt. Das ist dann nichts anderes als die widerrechtliche Annexion fremden Staatsgebietes.

Alle, die nicht aktiv für Frieden im Nahen Osten eintreten, machen sich schuldig, denn wenn die Spirale von Unterdrückung, Terror, Provokation und Gewalt nicht gebrochen wird, wird es viele weitere Tote geben und die Gewalt wird nie enden. Bei einer dritten Intifada gibt es erneut keine Sieger, sondern nur Verlierer und Schuldige auf beiden Seiten. Die internationale Gemeinschaft sollte alles tun, um die israelische Regierung von der friedensfeindlichen Siedlungs-Politik, die nur dem Machterhalt zu dienen scheint, abzubringen und dabei helfen, die israelische Bevölkerung vom Status und Image sowie von der Schuld eines „Besatzervolkes“ zu befreien. In Deutschland haben wir gerade den 25. Jahrestag der Ãœberwindung der Ost und West trennenden Mauer fröhlich gefeiert. Israel hat in den letzten Jahren eine sehr hohe trennende Mauer errichtet, so wie es aussieht, leider für längere Zeit.

(11.11.2014)

 

Lesen Sie auch: http://www.md-office-compact.de/Israel.htm

 

 

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