Hans-Heinrich Dieter

Den Nachrichtendiensten vertrauen!   (14.08.2023)

 

Das naiv-pazifistische Deutschland hat der Bundeswehr in den vergangenen Jahren ein eher unfreundliches Desinteresse entgegengebracht und den Nachrichtendiensten permanent misstraut, zum Nachteil der äußeren und inneren Sicherheit der deutschen Staatsbürger. Während unsere Verbündeten Nachrichtendienste als elementar wichtig für die nationale Sicherheit ansehen, gelten sie in Deutschland eher als eine Art „Sicherheitsrisiko“. Das war schon immer schädlich für die nationale Sicherheit, aber in Zeiten eines erstarkenden Rechts- und Linksextremismus, eines virulenten Islamismus z.B. durch die „grauen Wölfe“, einer ausufernden Clan-Kriminalität und des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, der sich auf ganz Europa auswirkt, ist die deutsche Anti-Haltung geradezu krank und hochgefährlich.

Diese deutsche Anti-Haltung erklärt sich einerseits aus der deutschen Geschichte, in der Geheimdienste nicht selten eine unrühmliche Rolle gespielt haben. Und der Datenschutz wird wohl in Deutschland wichtiger genommen als in anderen westlichen Ländern. Und so sind die Nachrichtendienste immer wieder dem Verdacht ausgesetzt, unangemessen in die Freiheitsrechte der Bürger und in ihre informationelle Selbstbestimmung einzugreifen. Unterstützt wird diese Anti-Haltung durch die links/rot/grünen Mainstream-Medien, die meist der Versuchung nicht widerstehen können, die Arbeit der Dienste zu diskreditieren und zu skandalisieren, um Aufmerksamkeit zu erhöhen und die schwächelnden Auflagen zu steigern. Und so halten sich in Deutschland Vorwürfe gegenüber den Nachrichtendiensten bisweilen recht hartnäckig.

Diese negativen Rahmenbedingungen haben die Arbeit der Dienste natürlich nicht begünstigt und den Ruf in der westlichen Geheimdienst-Community beeinträchtigt. So ist Deutschland kein Mitglied des geheimen Spionagepools namens „Five Eyes“, in dem Australien, die USA, Kanada, Großbritannien und Neuseeland automatisch Informationen austauschen. Zwischen Geheimdiensten gilt beim Informationsaustausch das Prinzip Geben und Nehmen und da wir offenbar weniger zu geben haben, werden wir auch durch unsere Partner weniger schnell und weniger inhaltsreich mit Geheimdienstinformationen versorgt.

Das schadet der Effizienz unserer Dienste und deswegen stehen sie auch immer wieder in der zum Teil berechtigten Kritik. Vor der Wiedervereinigung wusste Deutschland ziemlich wenig über die allgemeine politische Einstellung der ostdeutschen Bevölkerung und die desolate wirtschaftliche Lage der DDR und deswegen konnten die erforderlichen politischen Maßnahmen auch so erfolgversprechend geplant werden wie erhofft. Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan wurde geheimdienstlich nur unzureichend begleitet, man hat sich zu sehr auf die USA verlassen und wurde dann vor zwei Jahren durch die schnelle Machtübernahme der Taliban überrascht – mit den bekannten Konsequenzen. Auch in Mali wurde die Bundeswehr offensichtlich nur unzureichend über die Entwicklung in der Sahel-Zone informiert – oder die noch immer naiv-pazifistische politische Leitung hat Warnungen nicht ernst genommen und unvernünftig gegen die deutschen Sicherheitsinteressen entschieden. Und auch im Hinblick auf die Entwicklung der Lage im Niger und in der gesamten Sahel-Zone macht Deutschland einen realitätsfernen Eindruck. Wenn in solchen Zusammenhängen Kritik am BND aufkommt, dann liegen die Ursachen für Zweitklassigkeit und gelegentliche Ineffizienz auch an den schwierigen Arbeitsbedingungen, die die Politik und die Bürger zu verantworten haben – und die sind auch noch stolz darauf, dass der BND als einer der am besten kontrollierten Dienste der Welt gilt.

In der Innenpolitik sieht die Lage nicht anders aus. Vor drohenden islamistischen Terroranschlägen wird der Verfassungsschutz häufiger von benachbarten Diensten gewarnt, die zum Teil wesentlich bessere gesetzliche Kompetenzen und Möglichkeiten haben als unsere stark regulierten und mit der Kontrolle beschäftigten Dienste. So greifen amerikanische und britische Geheimdienste anlasslos riesige Datenmengen im Netz ab und durchforsten sie mittels Filter nach Bedrohungsszenarien. Das ist dem BND nicht gestattet. Und da ist klar, dass Terroranschläge in Deutschland oft nur deshalb verhindert werden konnten, weil ausländische Geheimdienste gewarnt haben.

BND-Chef Kahl und der Präsident des Verfassungsschutzes Haldenwang beklagen sich teilweise öffentlich über die schlechten Rahmenbedingungen für die Arbeit ihrer Dienste zur zeitgerechten Informationsgewinnung zur Gewährleistung der äußeren und inneren Sicherheit unserer Demokratie, aber sie werden zu wenig gehört. Da ist es gut, dass die ehemaligen BND-Präsidenten August Hanning und Gerhard Schindler sich mit viel Erfahrung und etwas Abstand zum aktuellen Geschehen kritisch zu Wort melden. Sie sind empört über den Umgang mit den Geheimdiensten: „Bei den vielen Kontrollstufen, Zustimmungsvorbehalten, Genehmigungsverfahren, Prüfvorgaben, Eingriffsvoraussetzungen und fehlenden Befugnissen muss man sich nicht wundern, wenn ein Auslandsnachrichtendienst zur Bundeszentrale für geopolitische Bildung mutiert.“ Sie fordern eine „Veränderung der gesamten Sicherheitsarchitektur“ in Deutschland. Und sie beklagen die unzureichende Digitalisierung der deutschen Behörden, einschließlich der Geheimdienste, und fordern einen „neuen technischen Nachrichtendienst nach den erfolgreichen Vorbildern der NSA in den USA und des GCHQ in Großbritannien“ und die Verlagerung der Zuständigkeit für den BND aus dem Kanzleramt in das BMVg. Zudem verlangten sie neue Rechtsgrundlagen für die Funkaufklärung. Außerdem dürften Politik, Medien und Gerichte Nachrichtendienste nicht länger „als Bedrohung für die Rechte deutscher Bürger verunglimpfen“.

Ohne Vertrauen der Bürger und der Politik in die Terrorismusaufklärung in Deutschland und in die Informationsgewinnung für die Gewährleistung der äußeren Sicherheit ist auch der Schutz unserer Soldaten im Einsatz nicht zu gewährleisten. Und Politik und Bürger sollten auch darauf vertrauen, dass die Dienste die Einhaltung von Recht und Gesetz achten und gewährleisten!

Unsere Nachrichtendienste haben Vertrauen verdient!

(14.08.2023)

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klare Worte