Hans-Heinrich Dieter

Anmaßender Erdogan   (19.09.2023)

 

Der türkische „Möchtegern-Sultan“ gibt sich anmaßend und vom Größenwahn gepackt. Er möchte als eigenständige Regionalmacht Einfluss gewinnen auf den Balkan, den Nahen Osten und auf Länder Afrikas. Er will sich von den USA und von Europa keine Vorschriften machen lassen und strebt trotzdem bessere Beziehungen zu westlichen Demokratien an, um seiner maroden Wirtschaft auf die Beine helfen zu lassen - allerdings nicht als solidarischer Partner, sondern zu türkischen Bedingungen.

Seit Jahren erfüllt die Türkei die Bedingungen für einen EU-Beitritt nicht, im Gegenteil, denn die von Atatürk gedachte türkische Demokratie entwickelt sich zunehmend in eine Autokratie, in der die Menschenrechte nicht hinreichend geachtet werden und die den Werten der westlichen Welt in vielerlei Hinsicht nicht entspricht. Diese Lage beschreibt der jüngste Zustandsbericht des EU-Parlaments und spart nicht mit Kritik. Das verärgert natürlich den „Möchtegern-Sultan. Er wirft der EU vor, sie wolle den Bruch mit der Türkei provozieren und droht mit dem Abbruch der EU-Beitrittsgespräche, die seit 18 Jahren geführt werden – mit äußerst dürftigen Ergebnissen. Das sollte der EU im Hinblick auf die türkischen Realitäten keine wirklichen Sorgen machen!

In den letzten Jahren hat Erdogan die EU im Zusammenhang mit der massenhaften Migration nach Europa erfolgreich erpresst. Derzeit unterstützt die Türkei die EU-Sanktionen gegen Russland nicht. Darüber hinaus hat sich die Türkei – und von der EU hochbezahlt - in letzter Zeit im Hinblick auf die Erfüllung der EU-Beitritts-Kriterien deutlich verschlechtert.

Und auch als NATO-Mitglied hat sich die Türkei als sehr schwierig gezeigt, als sie von Putin das S-400-Luftabwehrsystem kaufte und damit eine gemeinsame NATO-Luftabwehr an der Süd-Ost-Flanke der NATO unmöglich machte, und so einen Keil in das Bündnis trieb. Die NATO hat daraufhin nicht konsequent gehandelt. Immerhin haben die USA damals die Türkei aus dem gemeinsamen Programm für den F-35-Kampfjet ausgeschlossen.

Genauso spalterisch wie der Kauf des russischen S-400-Luftabwehrsystems wirkt das Veto im Zusammenhang mit NATO-Norderweiterung durch den geplanten schwedisch-finnischen NATO-Beitritt. Darüber hinaus belebt Erdogan den jahrelangen Streit um griechische Inseln in der Ägäis neu. Erdogan erwartet die Rückgabe von bis zu zwölf Inseln der Dodekanes-Inselgruppe in der Ost-Ägäis, darunter auch die Touristeninseln Rhodos und Kos, an die Türkei, da man diese als „geraubt“ ansehe. Und nun verletzt er auch noch griechische Hoheitsgewässer durch Ölbohrungen.

Die Türkei ist seit 2016 mehrfach völkerrechtswidrig in Syrien einmarschiert, um die syrisch-kurdische Miliz YPG zu bekämpfen, die die Türkei als Schwesterorganisation der PKK und damit für eine Bedrohung der türkischen Sicherheit ansieht. Und kürzlich hat die Türkei einen erneuten Einmarsch in das nördliche Syrien angekündigt, um dort Flüchtlinge anzusiedeln. Das wäre ein erneuter Völkerrechtsbruch!

Kürzlich hat Erdogan angekündigt, dass das NATO-Mitglied Türkei der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) beitreten wolle, deren größte Mitglieder China und Russland sind. Weitere Mitgliedstaaten sind Indien, Pakistan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan und seit dem jüngsten Treffen auch Iran. Für Belarus, das als „letzte Diktatur Europas“ gilt, begann jetzt der Aufnahme-Prozess. Aus der Sicht Erdogans hat die Türkei „historische und kulturelle“ Verbindungen zum asiatischen Kontinent – sowie zu diesem Autokraten-Club – und will auch deshalb in dieser Organisation, deren Mitglieder zusammen „30 Prozent der Weltwirtschaftsleistung“ ausmachen, eine Rolle spielen. Dadurch wollte Erdogan die wirtschaftliche Lage der Türkei verbessern und gleichzeitig vor den Präsidentschaftswahlen von innenpolitischen Problemen ablenken. Mit dieser Absicht macht Erdogan einmal mehr deutlich, dass ihm die westliche Welt „Schnuppe“ ist!

Die EU und die NATO dürfen sich ein solches Verhalten nicht gefallen lassen und müssen sehr deutlich machen, dass Solidarität keine Einbahnstraße sein kann. Die EU braucht die Türkei nicht und eine Mitgliedschaft der Türkei wäre neben Ungarn und Polen eine weitere starke Belastung. Die NATO braucht die Türkei zwar auch in Zukunft, allerdings nicht zu jedem Preis und nicht als vorwiegend muslimische Regionalmacht im Nahen und Mittleren Osten mit tendenziell nationalistischem Verhalten. Das NATO-Mitglied Türkei belastet die Allianz und ist als EU-Beitrittskandidat EU-untauglich.

Die Türkei hat sich in letzter Zeit für die EU von einem unbrauchbaren Partner zu einem autokratischen und nationalistischen Gegner entwickelt. Dementsprechend muss die westliche Wertegemeinschaft politisch handeln. Erdogan versteht nur westliche Stärke und wird von Heuchelei nicht beeindruckt.

Deswegen sollte die EU Erdogans Angebot annehmen, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beenden und die damit verbundenen Zahlungen sofort einstellen. NATO-Generalsekretär Stoltenberg muss die Türkei zur Ordnung und zu partnerschaftlichem Umgang mit NATO-Partnern aufrufen. Wenn das keinen Erfolg hat, dann sollten die USA gebeten werden, massive Sanktionen gegen die Türkei zu verhängen!

Und Deutschland muss die Politik der EU und der NATO vorbehaltlos unterstützen, zukünftig jegliche Alleingänge unterlassen und in Abstimmung mit der EU eine unbefristete Reisewarnung für die Türkei aussprechen – denn deutsche Reisende sind in der autokratischen Türkei offensichtlich vor der Erdogan-abhängigen Justiz nicht mehr sicher!

(19.09.2023)

 

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