Hans-Heinrich Dieter

Vernünftiger Umgang mit Medien   (21.05.2017)

 

Der neue französische Präsident Macron hat für sein Regierungskabinett neue Regeln für den Umgang mit den Medien erlassen.

Journalisten dürfen zukünftig die Sitzungen des Regierungskabinetts nicht mehr unmittelbar verfolgen. Der Präsident schärfte seinen Ministern außerdem Vorsichtsregeln ein: "Sie sollten sich um Vertraulichkeit, Disziplin, Solidarität und Verantwortungsbewusstsein bemühen und nicht in jedes Mikrofon sprechen, das ihnen hingehalten werde." Nur ein offizieller Fotograf durfte das erste traditionelle Familienfoto der Ministerriege mit Präsident machen, ein Blitzlichtgewitter wurde vermieden und Fernsehkameras blieben vor der Tür.

Macron hat offensichtlich aus dem negativen Vorbild seines "schwatzhaften" und unfähigen Vorgängers Hollande, der 30 Prozent seiner Zeit für Termine mit den Medien aufgewandt haben soll, gelernt. Nie zuvor sind offenbar so viele Vertraulichkeiten aus dem Elysée-Palast in die Öffentlichkeit gelangt. Und warum sollte der neue Präsident Medien privilegieren, denen die Franzosen mehrheitlich nicht vertrauen? Da ist es besser, die Sacharbeit in den Ministerien und im Kabinett zu einem Abschluss zu bringen und Referentenentwürfe nicht schon in Talk-Shows und in Medien verreißen zu lassen. Die Weitergabe von Informationen über Regierungshandeln will Präsident Macron deswegen strikt kontrollieren lassen. Die französischen Medien protestieren natürlich lautstark.

Dabei sollten die Journalisten eigentlich froh sein, denn sie gewinnen Zeit für Recherche, sie können ihre Sacharbeit qualitativ steigern, sie können endlich wieder wirkliche Nachrichten bringen und müssen nicht ständig um die Wette spekulieren und skandalisieren. Sie gewinnen Zeit, um den Vertrauensverlust wettzumachen.

Wie wohltuend wäre es, wenn sich die politisch Verantwortlichen auch in Deutschland  der "Vertraulichkeit, Disziplin, Solidarität und dem Verantwortungsbewusstsein" verpflichtet fühlten? Wie gut wäre es für die Sacharbeit, wenn man Regierungsmitgliedern und Staatssekretären die Teilnahme an Talk-Shows untersagen und die erforderlichen Diskussionen um die Sache nicht von weniger fähigen Talkmastern medienwirksam moderieren, sondern in den Fachgremien sach- und ergebnisorientiert führen lassen würde? Wenn eine Sache intern ausdiskutiert und reif für eine Veröffentlichung ist, dann kann die Sachinformation auf Pressekonferenzen oder durch Hintergrundgespräche und Interviews bekanntgegeben werden.

Mit einem solchen Ansatz könnte die Politikerverdrossenheit reduziert und der auch in Deutschland festgestellte starke Vertrauensverlust in die Medien verringert werden.

In unserer Mediendemokratie sollte die Richtlinienkompetenz des Kanzlers/der Kanzlerin auch in der Zusammenarbeit mit den Medien wirksam werden - insbesondere dann, wenn durch den erkennbar ausufernden und eigensüchtigen Selbstdarstellungsdrang  von Regierungsmitgliedern  Medien-Spekulationen, Skandalisierung und Generalverdächtigungen zu Lasten von Staatsbürgern hervorgerufen werden.

(21.05.2017)

 

 

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