Hans-Heinrich Dieter

Verschwendung von Steuergeldern!  (01.08.2017)

 

Seit Gründung der Bundeswehr kommt es beim Rüstungsmanagement zu Problemen und Pannen. Die Rüstungsgüter waren häufiger nicht von der geforderten Qualität, wurden zu spät an die Truppe geliefert und kamen - auch aufgrund schlechter Vertragsgestaltung durch das für die Beschaffung zuständige Bundesamt - zu teuer.

Diesen Missständen wollte Verteidigungsministerin von der Leyen ein Ende bereiten. Und so wurde die Reform des Beschaffungswesens zum Topthema dieser Legislaturperiode - auch weil entsprechende Ziele im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurden.

Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit stellte die Ministerin mangelnde Klarheit und Transparenz bei Rüstungsvorhaben fest und kündigte an, „strukturelle und auch personelle Veränderungen vornehmen“ zu wollen. Als Grundlage für solche Maßnahmen ließ Staatssekretärin Suder, selbst vorher im Beratungsgeschäft Partnerin bei McKinsey, externe Berater von KPMG die großen Beschaffungsvorhaben einer Schwachstellenanalyse unterziehen. Die kurz gefasste Antwort des über tausend Seiten starken Berichtes: „Zu spät, zu teuer und mit Mängeln.“ Die Fehler liegen dabei in der Administration ebenso wie in der Industrie. Das wusste das Ministerium schon!

Nun will die Ministerin zusammen mit Frau Suder das Rüstungsmanagement  im Ministerium mit Hilfe einer Millioneninvestition transparenter und effizienter machen. Dafür hat der Haushaltsausschuss des Bundestags den ersten Teil eines 100 Millionen Euro umfassenden Budgets freigegeben, mit dem externe Berater finanziert werden sollen. Großvorhaben zur Rüstungsbeschaffung sollen also zukünftig von externen Beratern der Beratungsfirmen EY, Pricewaterhouse Coopers und KPMG statt von den zuständigen Beamten des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr abgewickelt werden.

Interessant ist ein Kostenvergleich in einer Haushaltsvorlage: Die Jahreskosten für nur einen Experten des Beratungsunternehmens Ernst & Young belaufen sich demnach auf 185.402 Euro. Für einen Mitarbeiter von KPMG kalkuliert das Ministerium für „200 Arbeitstage mit je 8,2 Stunden“ pro Jahr sogar 239.071 Euro ein, zuzüglich Reisekosten. Dagegen kostet ein eigener Rüstungsfachmann des Bundesamtes das Ministerium maximal nur rund 111.000 Euro. Oder anders gerechnet: Wenn das Verteidigungsministerium für externe Beratung in den nächsten drei Jahren 100 Millionen ausgeben will, dann entspricht dieser Kostenumfang rund 200 Vollzeitstellen im Bundesamt für diesen Zeitraum und übersteigt alles, was es an Beraterleistungen im Rüstungsbereich bislang gegeben hat. Da muss die Frage gestellt werden ob diese Ausgabe gerechtfertigt ist.

Der Wunsch, den „Augiasstall“ Rüstungsbeschaffung mit Hilfe externer Berater ausmisten zu wollen ist nicht neu. Das Ministerium  hat  über die Jahre bereits mehrfach externe  Berater einbezogen. Doch die „Experten“ gingen wieder, und der Stall war nicht ausgemistet sondern hatte möglicherweise eine neu gestrichene Tür. Die immergleichen Vorschläge kennt das Ministerium seit Jahren zur Genüge. Denn Berater bringen vornehmlich juristischen und betriebswirtschaftlichen Sachverstand mit, militärisches Hintergrundwissen und Erfahrung in kameralistisch und stark hierarchisch organisierten Bürokratien fehlen ihnen. Die Berater müssen meist aufwändig von Fachleuten informiert und in die Sache intensiv eingearbeitet werden. Empfehlungen sind dann häufig nur grundsätzlicher Art und die Organisation des Rüstungsmanagements betreffend. Und es fehlen natürlich selten deutliche Hinweise auf vorteilhafte Privatisierungen unter Zuhilfenahme von Beratungsfirmen. Bis zu den Problemursachen stoßen die Berater seltener vor, dafür fehlt auch meist die Zeit für die Aufarbeitung und das erforderliche Hintergrundwissen über Rüstungsvorhaben, die teilweise eine wichtige und lange Entstehungsgeschichte sowie eine Laufzeit von über vierzig Jahren haben. Die Beratungsergebnisse helfen in aller Regel den Problemen nicht wirklich ab und deswegen auch nicht weiter.

Dazu kommen weitere Probleme. Dass Frau Suder als ehemalige Partnerin von KPMG in diesem Umfange Geschäfte mit Beratungsfirmen in die Wege leitet entbehrt nicht einem gewissen „Geschmäckle“. Alle Beratungsfirmen sind auch in großem Umfang für die Rüstungsindustrie tätig. Von KPMG wechselten mehrere Top-Manager in den vergangenen Jahren in die Rüstungsindustrie oder umgekehrt. Da entstehen Netzwerke, entwickeln sich Interessenkonflikte, wächst die Gefahr, dass die Rüstungskonzerne über die Berater an Informationen über anstehende Rüstungsprojekte kommen und so Einfluss auf Beschaffungsentscheidungen nehmen könnten. Darüber hinaus müssen externe Berater für ihre Arbeit Zugang zu eingestuften Informationen und Verschlusssachen bekommen und das birgt ganz natürlich die Gefahr von Sicherheitsvorkommnissen.

Die schon lange überfällige grundlegende Reform des Beschaffungswesens muss angegangen werden. Die hoheitliche Aufgabe der Rüstungs-Beschaffung sollte aber auch dafür den Beamten  überlassen bleiben, die - anders als die privaten Berater - dem Allgemeinwohl verpflichtet sind. Und vergessen wir nicht, 99 Prozent der rund 7.700 Beschaffungs-Verträge im Jahr laufen offensichtlich völlig unproblematisch und erreichen die Spitze des Ministeriums deswegen nicht. Es sind die Großprojekte, die großen Ärger bereiten. Das zuständige Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) muss deswegen reformiert und personell für die effektivere Aufgabenwahrnehmung beim Management von Großprojekten besser ausgestattet und einer strengen fachlichen Kontrolle unterzogen werden. Externe Berater sind in der Regel zu teuer für das erbrachte Ergebnis. Mit einem besser befähigten Bundesamt und deutlich leistungsfähigeren Beamten ist aber eine nachhaltige Verbesserung des Rüstungsmanagements zu erzielen. Die großen Summen von Steuergeldern, die hier in die Hand genommen werden, sollte man besser verwenden, um die strukturellen Probleme beim Amt im Koblenz zu lösen.

Im Rüstungsbereich gibt es am Ende dieser Legislaturperiode zwar mehr Transparenz, was allerdings die Missstände im Rüstungsmanagement von Großprojekten betrifft, hat sich wirklich nicht viel geändert. Auch bei ihrem Topthema Rüstungsbeschaffung war Frau von der Leyen bisher wenig erfolgreich - trotz externer Beratung!

(01.08.2017)

 

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