Hans-Heinrich Dieter

Unzuverlässige Sozis  (22.07.2019)

 

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hat sich am Wochenende in der „FAS“ für eine deutliche, schrittweise Steigerung der Verteidigungs-Investitionen bis 2024 in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausgesprochen. Und weil Deutschland 2014 auf dem NATO-Gipfel in Wales eine „klare Zusage gegeben“ habe, sei es klar, dass man den Weg dorthin auch wirklich gehen müsse. 

Das ruft natürlich die Proletarier – oder sollte es nicht richtiger heißen: die Proleten - der SPD aus den Umfrageniederungen. Generalsekretär Klingbeil wies solche Forderungen der Verteidigungsministerin barsch, linkspopulistisch und fehlerhaft zurück: Eine Aufrüstung der Truppe nach den Vorstellungen von US-Präsident Trump werde es mit der SPD nicht geben. … Seine Partei wolle nicht Trumps Verteidigungsfantasien erfüllen. … Die Soldaten der Bundeswehr sollten gut ausgerüstet in die Einsätze gehen, dafür sei eine moderate Erhöhung der Verteidigungsausgaben sinnvoll …

Der sicherheitspolitische „Dünnbrettbohrer“ Klingbeil weiß offenbar nicht, dass das Zwei-Prozent-Ziel der NATO bereits 2002 entschieden und 2014 auf dem NATO-Gipfel in Wales von allen NATO-Partnern vereinbart wurde. Die Vereinbarung wurde damals von Kanzlerin Merkel und SPD-Außenminister Steinmeier unterzeichnet, US-Präsident war Obama. Es geht also nicht um „Verteidigungsfantasien von Trump“, sondern es geht darum, die NATO-Verpflichtungen gem. Artikel 5 verlässlich erfüllen zu können. Und es geht seit 2014 nicht mehr nur um Auslandseinsätze, es geht auch um Einsatzfähigkeit der Bundeswehr in der Landes- und Bündnisverteidigung. Und Klingbeil vertraut offenbar nicht einmal einem der wenigen Genossen, die die Lage der Bundeswehr gut kennen, dem Wehrbeauftragten Bartels, SPD, der die Charakterisierung der Bundeswehr als „Sanierungsfall“ in seinem letzten Jahresbericht belegt und von jahrelanger „Mangelwirtschaft“ spricht. Fakt ist, Deutschland kann mit der Bundeswehr derzeit die NATO-Verpflichtungen gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrages nicht erfüllen und verfehlt mit derzeit 1,24 Prozent die NATO-Vereinbarung erheblich. So wird Deutschland die Einsatzfähigkeit in der Landes- und Bündnisverteidigung bis 2031 bei weitem nicht wieder erreichen können!

Seit der Wahl Trumps zum US-Präsidenten 2016 verstärkten sich die Forderungen an Deutschland, die Vereinbarung zu erfüllen. Im Wahlkampf erklärte die SPD den Beschluss von Wales für „falsch und unsinnig“, während die CDU/CSU bekräftigte, man wolle die Verteidigungsausgaben bis 2024 schrittweise in Richtung zwei Prozent des BIP erhöhen. Im Koalitionsvertrag vereinbarten CDU, CSU und SPD später, dem Ziel der NATO-Vereinbarungen zu folgen. Den Koalitionsvertrag hat Klingbeil wohl intellektuell noch nicht vollständig verarbeitet!

Sachstand ist, dass der Haushalt 2020 und die mittelfristige Finanzplanung vom Kabinett, also mit Zustimmung der CDU beschlossen ist. Für 2020 ist dort zunächst eine leichte Erhöhung der Rüstungsausgaben vorgesehen (1,37 Prozent), bis 2023 sollen die Ausgaben aber wieder zurückgehen. Vom Zwei-Prozent-Ziel der NATO ist Deutschland damit weiterhin weit entfernt und auch von dem deutschen Kompromissvorschlag, bis 2024 zunächst 1,5 Prozent des BIP investieren zu wollen. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hat nun klar zum Ausdruck gebracht, dass sie sich dafür einsetzen werde, dass die Etatplanung auch mittelfristig in die richtige Richtung gehe. Damit bringt sie nicht mehr zum Ausdruck als ihren Willen zur verantwortungsbewussten Pflichterfüllung als deutsche Verteidigungsministerin.

Solche Vorstellungen von verantwortungsbewusster Pflichterfüllung sind SPD-Politikern weniger geläufig. Vielmehr ist das Verhalten von SPD-Politikern in diesen Zusammenhängen nicht selten geradezu blamabel. Außenminister Sigmar Gabriel hatte schon auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2017 das Zwei-Prozent-Ziel der NATO als unrealistisch und wenig später die Verteidigungsministerin in dem Zusammenhang als „naiv“ bezeichnet. Auch der damalige SPD-Außenminister ist sicherheitspolitisch wenig gebildet, sonst hätte er gewusst, dass dieses Zwei-Prozent-Ziel bereits 2002 von der NATO mit Zustimmung der damaligen Regierung Schröder-Fischer beschlossen wurde. 2014 hat die NATO diesen Beschluss auf dem Gipfel von Wales bekräftigt und 2016 in Warschau erneut bestätigt. Der damalige SPD-Außenminister Steinmeier hat diese Verpflichtung damals unterschrieben. Aber was jucken einen Gabriel Verpflichtungen und Vereinbarungen von gestern und vorgestern, wenn man eigentlich linkspopulistische Parteipolitik machen will? So warnte Gabriel damals – sicherheitspolitisch vollkommen weltfremd - vor „einem deutschen Großmachtstreben“, und vor einem deutschen „Militärbullen“ mitten in Europa. Deutschland hat auch durch diese unverantwortlichen „Wahlkampfaussagen“ des damaligen SPD-Außenministers an Glaubwürdigkeit und Vertrauen verloren und wird heute nicht mehr uneingeschränkt als ein verlässlicher und vertrauenswürdiger Partner wahrgenommen. Auch von Klingbeil und anderen Genossen ist vertrauenswürdiges und zuverlässiges Handeln in der Sicherheitspolitik nicht zu erwarten.

Dieser verantwortungsbewussten Pflichterfüllung, die Kramp-Karrenbauer jetzt zum Ausdruck gebracht hat, ist ihre Vorgängerin von der Leyen zusammen mit der Inhaberin der Richtlinienkompetenz Merkel, dem SPD-Finanzminister Scholz und auch mit dem Deutschen Bundestag nicht gerecht geworden. Und das wird sich wohl für die Dauer der politischen Wirksamkeit der zerstrittenen GroKo nicht ändern. Deutschland bleibt zunächst ein sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer!

(22.07.2019)

 

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