Hans-Heinrich Dieter

Unsicheres NATO-Mitglied Türkei   (12.09.2017)

 

Wir haben es heute in der NATO mit einem eher nationalistisch bis chauvinistisch eingestellten unangenehmen Partner Türkei zu tun, der Solidarität fordert aber vielfach unsolidarisch handelt.

2013 wollte die Türkei chinesische Flugabwehrsysteme ausgerechnet von einer mit US-Sanktionen belegten chinesischen Firma kaufen. Als die NATO die Türkei lediglich davor warnte, Waffensysteme anzuschaffen, die mit der Ausrüstung der Partner nicht kompatibel sind, darüber hinaus möglicherweise ein erhebliches Sicherheitsproblem beim parallelen Einsatz mit NATO-Systemen darstellen, verbat sich Erdogan mit scharfen Worten jede Einmischung der Allianz in die souveränen Rüstungsentscheidungen der Türkei. Das unterband zunächst sachliche Auseinandersetzungen über ein gemeinsames Problem und verhinderte gegebenenfalls eine Lösung im Einklang mit gemeinsamen Interessen. Zu dem Geschäft ist es dann nicht gekommen.

Jetzt kauft die Türkei von Russland das Raketenabwehrsystem S-400. Der Vertrag dieses größten, von einem NATO-Mitglied jemals mit Russland vereinbarten, Rüstungsgeschäftes ist offenbar unterzeichnet. Die USA haben die Pläne der Türkei vorab kritisiert, weil es bei der Verwendung russischer Technologie Schwierigkeiten bei der militärischen Zusammenarbeit innerhalb der Allianz geben könne. Über eine Konsultation der NATO vor dem Deal ist nichts bekannt.

Das russische Raketen-Abwehrsystem S-400 ist mit anderen NATO-Systemen nicht kompatibel und seine Nutzung durch die Türkei wird den NATO-Raketenabwehrschild sehr stark beeinträchtigen, weil so nicht nur russische Technologie, sondern auch russisches Militärpersonal für Ausbildung und Wartung zwangsläufig in NATO-Streitkräfte einbezogen wird – das ist ein erhebliches Sicherheitsproblem! Putins Militärberater Koschin hat über die staatliche Tass schon erklärt, dass der Vertrag unterzeichnet sei und dass alle Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Vertrag den „strategischen Interessen Russlands“ entsprächen. Und die strategischen Interessen Russlands  sind bekanntlich seit einiger Zeit gegen den Westen und die NATO gerichtet!

Erdogan ist sich für keinen Affront und keine Provokation zu schade! Deswegen ist es hohe Zeit, dass nicht nur Deutschland allmählich zum aufrechten Gang gegenüber der Türkei zurückfindet, sondern dass auch die NATO der Türkei unmissverständlich klarmacht, was sie von einem NATO-Partner im Hinblick auf Wertebewusstsein und Solidarität erwartet. Das gebietet schon die Selbstachtung!

Die Türkei ist militärisch und geostrategisch für die NATO natürlich ein sehr wichtiger Partner. Aber die innenpolitische Krise in der Türkei verursacht große Unsicherheit bei den NATO-Mitgliedern, die massiven Einschränkungen der Rechtstaatlichkeit passen nicht zu den Wertvorstellungen der NATO und machen die Türkei zu einem noch schwierigeren Partner als zuvor.

Die NATO muss Klartext reden und von der Türkei ein eindeutiges Bekenntnis fordern, dass das Land solidarisches Mitglied in der Allianz bleiben will. Auf keinen Fall darf sich die NATO dieses unbotmäßige und unsolidarische Verhalten der Türkei länger gefallen lassen. Eine Türkei, die ein unsicheres und unsolidarisches Mitglied ist, auf das man sich nicht verlassen kann, ist für die NATO von nur sehr eingeschränktem Wert – und kann sehr schnell zu einem Risiko werden.

(12.09.2017)

 

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