Hans-Heinrich Dieter

Unglaublich unglaubwürdig

 

Wirtschaftminister Phillip Rösler hat vor Monaten öffentlich gesagt, die beste Lösung sei die geordnete Insolvenz Griechenlands. Wenn man schon damals auf diese Lösung hingearbeitet hätte, würde man einige Gipfel und wohl auch einiges Geld gespart haben. Rösler hatte Recht, aber da er der FDP angehört und schon deswegen unbeliebt ist, konnten auch die weniger Begabten ihn beschimpfen.

Nun hat der Wirtschaftsminister öffentlich gesagt, Griechenlands Austritt aus der Eurozone - der "Grexit" - sei kein Schreckensszenario mehr - und hat natürlich einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen. Die Opposition wirft ihm "unverantwortliches Gequatsche" vor und legt Kanzlerin Merkel gar die Entlassung des Vizekanzlers nahe. Der FDP-Europapolitiker und Plagiator Chatzimarkakis erklärte dann liebedienerisch im griechischen Fernsehen, er schäme sich für das, was sein Parteichef gesagt habe. Vielleicht bereitet ja dieser Herr den Umzug in sein Heimatland vor und möchte mit dem nötigen populistischen Schwung in die griechische Politik einsteigen. Er würde da wahrscheinlich gut reinpassen.

Dabei hat der Wirtschaftsminister doch nur gesagt, was viele wissen, für richtig halten und wofür in den Ministerien der Eurozone und in Brüssel doch hoffentlich schon tragfähige Pläne ausgearbeitet sind.

Die Opposition hält es, um der Opposition willen, sicher lieber mit den Aussagen des griechischen Ministerpräsidenten Samaras: "Wir tun, was wir können, damit das Land wieder auf eigenen Beinen stehen kann und sie tun alles, was in ihrer Macht steht damit wir scheitern." Wenn Samaras sagt, er und seine Kollegen täten alles, was sie können, um das Land wieder auf die Beine zu bringen, dann ist das möglicherweise noch nicht einmal gelogen, denn wie die Vergangenheit und die gegenwärtigen Bemühungen zeigen, sind die griechischen Politiker offenbar nicht befähigt genug, Griechenland erfolgreich zu führen und die erforderlichen Strukturreformen einzuleiten. Gegen die bodenlose Frechheit und infame Unterstellung Samaras´, die anderen unendlich langmütig solidarischen Euroländer täten alles, damit Griechenland scheitert, erhebt sich keine Stimme der Opposition und es erhebt sich kein Proteststurm der sogenannten Fachleute und vermeintlichen Experten. Und die Kanzlerin lässt einen solchen griechischen geistigen Unsinn im Raum und geht in den verdienten Urlaub.

Die Wähler wollen in dieser Krise, die ihnen auch Angst macht, ehrlich informiert werden. Es trägt nicht zum Rückgewinnen der Glaubwürdigkeit von teilweise sehr unglaubwürdigen Politikern bei, wenn sie ohne klare, plausible und tragfähige eigene Vorstellungen marktschreierische Opposition betreiben. Und die Bürger, die möglicherweise mit großen Summen Steuergeldes zur Krisenbewältigung beitragen müssen, lassen sich nicht gerne von denen beschimpfen, die unbotmäßig und undankbar die Hände aufhalten.

Keine Leistung ohne Gegenleistung! Und zur Gegenleistung gehört auch, dass Griechenland sich in der teilweise hasserfüllten Rhetorik gegenüber Deutschland zügelt. Griechenland lebt vom Tourismus und sollte die deutschen Touristen nicht vergraulen.

(27.07.2012)

 

 

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