Hans-Heinrich Dieter

Tendenz-Funk?   (19.06.2015)

 

Der Deutschlandfunk ist öffentlich-rechtlich organisiert und ein Leitmedium in Deutschland. Von einem Leitmedium, das offensichtlich vielen Journalisten als Grundlage ihrer Arbeit dient, sollte man Qualitätsjournalismus erwarten dürfen.

Neben dem Presse-Kodex gibt es Regeln, die qualifizierten Journalismus auszeichnen:

1. Eine Quelle allein ergibt keine Nachricht.

2.Bei Konflikten sind die Positionen beider Seiten darzustellen.

3. Ein Journalist macht sich aus Prinzip keine Sache zu eigen, nicht einmal eine gute.

4. Nachricht und Meinung müssen klar getrennt sein.

Ich bin engagierter DLF-Hörer und deswegen missfällt es mir, wenn in diesem Leitmedium gegen Regeln guten Journalismuses verstoßen wird. Ein Beispiel:

In den Informationen am Morgen interviewt Friedbert Meurer die Vorsitzende des Edathy-Untersuchungsausschusses, MdB Högl (SPD), zur Vernehmung der SPD-Spitzenpolitiker Gabriel, Steinmeier und Oppermann sowie MdB Friedrich (CSU).

Frau Högl gibt sich sehr zufrieden: "Ich muss feststellen, wir konnten viele Fragen beantworten, die wir hatten, denn wir sind gestern unserer zentralen Nachfrage nachgegangen: Wurde Sebastian Edathy vor den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gewarnt, auch konkret vor den Durchsuchungen."

F. Meurer hinterfragt diese Darstellung: "Aber die Antwort darauf haben Sie gestern ja nicht gefunden, oder?"

Daraufhin Frau Högl: "Diese Frage können wir schon beantworten, denn wir gehen alle davon aus, dass Sebastian Edathy gewarnt wurde. Aber den zweiten Teil der Frage, wer warnte ihn, den konnten wir gestern nicht beantworten. Aber wir konnten ihn für die Personen ausschließen, denn alle vier haben sehr überzeugend dargelegt, dass sie es nicht waren, die Sebastian Edathy gewarnt haben."

F. Meurer ist damit nicht ganz zufrieden: "Was war daran für Sie überzeugend? Sie haben das behauptet, dass sie es nicht gewesen sind. Aber die Opposition, wie wir gehört haben, hat da ja Zweifel." daraufhin wiederholt sich Frau Högl und stellt noch einmal den überzeugenden und glaubwürdigen Eindruck heraus, den die SPD-Politiker gemacht haben.

Das überzeugt F. Meurer noch nicht und er hakt nach: "Was sagen Sie denn zu den Ungereimtheiten, dass der SPD-Vorsitzende sich nicht mehr so genau daran erinnern kann, wann er denn an diesem Tag, an dem ja doch ziemlich Bedeutsames passiert ist, wann er denn Frank-Walter Steinmeier als Fraktionsvorsitzenden angerufen hat und ob er Thomas Oppermann angerufen hat?" Daraufhin zeigt Högl Verständnis, dass sich Gabriel nicht mehr erinnern kann und sich auch widersprüchlich geäußert hat. Und so geht das Spiel weiter....

In den 0700 Uhr-Nachrichten im DLF heißt es dann:

"Die SPD-Politikerin Högl sieht Fraktionschef Oppermann, Parteichef Gabriel und Außenminister Steinmeier in der Edathy-Affäre in einem wichtigen Punkt entlastet. Die Vorsitzende des Bundestags-Untersuchungsausschusses sagte im Deutschlandfunk, die drei Politiker hätten bei ihrer Anhörung sehr überzeugend dargelegt, dass sie den damaligen SPD-Abgeordneten Edathy nicht vor Ermittlungen wegen Kinderpornografie gewarnt hätten. Sie seien erst vom früheren Innenminister Friedrich über den Fall informiert worden. Högl betonte, heute sei man aber dessen ungeachtet sicher, dass Edathy von irgendjemandem über die Ermittlungen informiert wurde - nur wisse man nicht, von wem. Die Befragung Oppermanns soll am 1. Juli fortgesetzt werden."

Und diese "Nachrichten" werden den ganzen Morgen über wiederholt!

Dazu ist anzumerken: Die "Nachricht" stammt nur aus einer Quelle und ist deswegen keine Nachricht, sondern gibt eine einseitige Meinung wieder. Die CDU/CSU und die Opposition sind nicht der Auffassung von Frau Högl, auf diese Position wird aber in der "Nachricht" nicht verwiesen. Die Art wie aus dem Interview des durchaus kritisch hinterfragenden F. Meurer durch die Nachrichtenredaktion eine einseitige Mitteilung gemacht wurde, lässt den Schluss zu, dass der verantwortliche Redakteur sich die Sache der SPD stark zu eigen macht.

Leider ist diese Fehlleistung kein Einzelfall im DLF. Dass andere Medien in dieser Hinsicht noch schlechter sind, kann nicht beruhigen. In den Interviews der Informationen am Morgen mit teilweise hochrangigen und auch hochkarätigen Partnern fällt auf, dass Oppositionspolitiker sehr viel häufiger zu Wort kommen als das durch das Wählervotum gerechtfertigt ist. Die Interviewer versuchen - häufig sehr hartnäckig - kritische Meinungen zu Regierungshandeln herauszulocken, die dann, wie am Beispiel Högl aufgezeigt, als "Nachricht" verbreitet werden. Durch unausgewogene Auswahl der Interviewpartner, durch die Verbreitung einseitiger Meinungen als "Nachricht" und durch die häufige Vermischung von Meinungen und Nachrichten macht sich der Deutschlandfunk leider der tendenziösen Meinungsmache schuldig. Das ist eines öffentlich-rechtlichen Mediums von der Bedeutung des DLF unwürdig!

(19.06.2015)

 

 

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