Hans-Heinrich Dieter

Syrien-Hoffnungen?   (16.08.2015)

 

Bundesaußenminister Steinmeier wähnt den Syrien-Konflikt vor einem Wendepunkt, weil das Assad-Regime militärisch geschwächt sei und der Vormarsch der IS-Terrormiliz auch die anderen Staaten im Nahen Osten unter Druck setze. Das steigere allgemein die Bereitschaft zu Kompromissen. Und auch die Atomvereinbarung mit dem Iran stimuliere die Diplomatie in dieser krisengeschüttelten Region. Hauptquelle seiner Hoffnung sind allerdings die ersten Syrien-Gespräche des amerikanischen und des russischen Außenministers mit einigen Golfstaaten. Zu hohe Erwartungen haben aber immer mit Illusionen und mit Naivität zu tun. Denn weder die Lage des Assad-Regimes noch die Ergebnisse des jüngsten Gesprächs in Katar geben Anlass zu Wendepunkt-Optimismus. 

Zu den Fakten: Der russische Außenminister Lawrow hat Anfang August in Doha den Emir von Katar getroffen und mit ihm über Energiewirtschaft und die Vorbereitung auf die Fußballmeisterschaften 2018 und 2020 gesprochen. Es folgten mehrere bilaterale Gespräche mit Omans Premierminister Yusuf bin Alawi, mit dem Vorsitzenden des Politbüros der Hamas, Chaled Maschaal, und mit dem katarischen Außenminister Khalid al-Attiyah. Bei diesen Gesprächen ging es wohl darum, wie man die arabischen Staaten in den Kampf gegen den IS einbeziehen kann. Da Russland der syrischen Regierung direkte Militärhilfe für den Kampf gegen den IS leistet, ist es die offensichtliche Absicht Russlands, dabei aber auch jegliche Gefahr einer Absetzung von Baschar al-Assad auszuschalten. 

Der wichtigste Programmpunkt des Tages war dann sicher das trilaterale Treffen zwischen Lawrow, US-Außenminister Kerry und dem saudischen Außenamtschef. Die Ergebnisse dieser Gespräche sind so mager, dass darüber in unseren Medien nicht berichtet wurde, denn über die Feststellung hinaus, dass man die Bemühungen des UN-Sondergesandten zu Syrien, Staffan de Mistura, unterstützen wolle, haben alle Seiten an ihren stark gegensätzlichen Standpunkten festgehalten. Dementsprechend behauptet die russische Seite, dass die US-Unterstützung für die syrische Opposition Syrien destabilisiere und der Schutz der US-Luftwaffe für von den Amerikanern ausgebildete Kampftruppen kontraproduktiv sei. Die USA werden andererseits weiterhin ihren Schwerpunkt in der Bekämpfung des IS sehen und eine Zukunft Syriens ohne Assad anstreben. 

Wo also sind Ansatzpunkte für den Optimismus Steinmeiers? Die vielgepriesenen "Gesprächskanäle" sind sicher ein Mittel der Diplomatie aber wichtig ist wohl auch, dass Gespräche nicht nur stattfinden, sondern mit den richtigen und wichtigen Partnern geführt werden und Ergebnisse bringen, die eine Wende tatsächlich einleiten können. Das ist bisher noch nicht einmal in Ansätzen der Fall. Zwei wichtige Regionalmächte, der schiitische Iran und das sunnitische Saudi-Arabien führen seit Jahren „Stellvertreterkriege“ in Syrien und jetzt auch im Jemen. Die Atomverhandlungen mit dem Iran verstärken dessen Gegnerschaft mit Saudi-Arabien. Zudem stehen sich Saudi-Arabien und der Irak feindlich gegenüber. Wahrscheinlich ist, dass einzelne Staaten weiterhin bereit sein werden, die internationale Koalition zu unterstützen. Ob eine erfolgversprechende wirkliche Allianz der Arabischen Liga-Staaten gegen den IS gebildet werden kann, ist wegen der inneren politischen, ethnischen und konfessionellen Zerstrittenheit fraglich. Ohne den Iran, ohne die Türkei und ohne Einbeziehung einer handlungsfähigen syrischen Opposition, die mit einer legitimierten Stimme spricht, kann es im Syrien-Konflikt keinen Wendepunkt geben. Eine handlungsfähige syrische Opposition gibt es nicht und die Erfahrungen mit Russland in den letzten zwei Jahren zeigen, dass man mit Russland vielleicht reden kann, auf die Umsetzung möglicher Gesprächsergebnisse seitens Putins Russland kann man nicht vertrauen. Außer Spesen also sehr wenig gewesen! 

Steinmeier ist halt im Hinblick auf Russland Schröder-geprägt illusionsbeladen und naiv!

(16.08.2015)

 

 

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