Hans-Heinrich Dieter

Sanierungsfall Bundeswehr   (25.03.2016)

 

Der Chef des Bundeswehrverbandes Wüstner hat die Bundeswehr von der Politik unwidersprochen als „Sanierungsfall“ bezeichnet und befürchtet, dass die Streitkräfte in einen „burnout“ getrieben werden, „wenn nichts passiert“. In dem Zusammenhang fordert der Bundeswehrverband 18,5 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen in den nächsten vier Jahren.

Schon der Wehrbeauftragte Bartels hat in seinem letzten Jahresbericht der Bundeswehr „planmäßige Mangelwirtschaft“ vorgeworfen und die Medien haben schon mehrfach vom „Trümmerhaufen“ Bundeswehr berichtet. Die Diktion und die Höhe der zusätzlich geforderten Investitionen in den Verteidigungshaushalt zeigen das Maß politischen Versagens deutlich auf.

Für die Bundeswehr gilt der Primat der Politik, den die Politiker immer gerne vehement einfordern, dem aber viele nicht verantwortungsbewusst gerecht werden. Und die Bundeswehr leidet bis heute darunter, über Jahre unfähigen, ungeschickten, erfolglosen, wenig mutigen oder irgendwie unglücklich agierenden Verteidigungsministern ausgesetzt gewesen zu sein, die eine ständige Unterfinanzierung zugelassen haben.

Verteidigungsministerin von der Leyen ist es bisher nur unzureichend gelungen, die Unterfinanzierung zu beenden und die vielen Altlasten zu bereinigen. Immerhin will sie in den nächsten 15 Jahren 130 Milliarden allein in die Modernisierung der Bundeswehr investieren, was mindestens vier Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr im Verteidigungshaushalt erfordern würde. Das klingt zwar gut, hat aber erfahrungsgemäß keine Realisierungschance.

In dieser Woche hat das Bundeskabinett die Eckwerte für den Haushalt 2017 und die mittelfristige Finanzplanung beschlossen. Gemäß Pressemitteilung des Finanzministeriums ist „die äußere Sicherheit ... ein weiterer Schwerpunkt der neuen Haushaltseckwerte. Die Ausgaben des Verteidigungsministeriums sollen 2017 um 1,7 Mrd. Euro auf 36,6 Mrd. Euro steigen. Im Finanzplanungszeitraum ist eine weitere Erhöhung bis auf 39,1 Mrd. Euro im Jahr 2020 vorgesehen.“ Und die Presseabteilung fügt hinzu: „Damit kann die Bundeswehr in einem sich stark wandelnden sicherheitspolitischen Umfeld den vielfältigen Herausforderungen gerecht werden.“ Um diese Aussage zu machen, hat man sicher nicht bei Fachleuten recherchiert!

Wenn eine Institution wie die Bundeswehr, trotz hoher Einsatzbelastungen, einer jahrelangen „planmäßigen Mangelwirtschaft“ unterworfen war und zum „Sanierungsfall“ geworden ist, dann bedarf das besonderer Anstrengungen. Sanieren wird immer erheblich teurer als verantwortungsbewusste Instandhaltung. Die Steigerung des Verteidigungshaushaltes 2017 um 1,7 Mrd. auf 36,6 Mrd. Euro und die schrittweise Erhöhung bis 2020 auf 39,1 Mrd. Euro bleiben weit unter den Forderungen der Ministerin zur Deckung des von ihr festgestellten „riesigen Modernisierungsbedarfs“. Und Deutschland bleibt weiterhin deutlich unterhalb des vereinbarten Ziels der NATO-Mitglieder, jeweils zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung aufzuwenden. Wir dümpeln unverändert auch in den nächsten Jahren bei etwa 1.2 unrühmlichen Prozent herum.

Wir haben es also erneut nicht mit einer verantwortungsbewussten Erhöhung auf der Grundlage einer Analyse des sicherheitspolitischen Bedarfs der Bundeswehr zu tun, sondern mit einem finanziellen Zugeständnis des Finanzministers angesichts seiner Kassenlage. Es bleibt also bei der „planmäßigen Mangelwirtschaft“, mit der die Bundeswehr nicht saniert werden kann.

(25.03.2016)

 

 

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