Hans-Heinrich Dieter

Sanierungsfall Bundeswehr   (17.11.2019)

 

Der Korrespondent für Sicherheitspolitik, Dr. Marcus Pindur, machte am 19.09.2019 im Deutschlandfunk eine Bestandsaufnahme zur Bundeswehr, die passt und noch hochaktuell ist:

„Die Bundeswehr macht derzeit Schlagzeilen, auf die jede Armee der Welt lieber verzichten würde: Flugzeuge, die nicht fliegen, Panzer, die nicht fahren, Schiffe, die nicht einsatzfähig sind. Beim großen Nato-Manöver „Trident Juncture“ im Oktober 2018 in Norwegen mussten sich die beteiligten Einheiten der Bundeswehr ihr Material – vom Panzer bis zu warmen Socken – aus der gesamten Bundeswehr zusammenleihen. Das ist derzeit das größte Problem der Bundeswehr: Selbst die Grundausstattung ist oft nicht vorhanden. … Wie es in der Bundeswehr genau aussieht, davon zeugen die jährlichen Berichte des Wehrbeauftragten an den Deutschen Bundestag. Und dem aktuellen Bericht zufolge ist der Zustand der Bundeswehr nach wie vor schlecht. Die Marine sei ressourcenmäßig am Limit, heißt es dort. Die Luftwaffe befinde sich an einem Tiefpunkt. Und auch beim Heer fehle dringend benötigtes Material. … Ursula von der Leyen verließ die Bundeswehr inmitten einer Modernisierungsphase mit schweren Problemen – von Mängeln bei der Ausrüstung bis zu Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Fachpersonal. Vieles ist auf dem Weg, nichts ist abgeschlossen. Große Entscheidungen müssen in nächster Zeit von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer getroffen werden. Versprochen ist eine so genannte „Trendwende Material“. Entscheidungen der Verteidigungsministerin allein genügen aber nicht, denn für die Beschaffung großer Waffensysteme sind Finanzierungszusagen des Bundestages notwendig. … Nicht nur die Grundausstattung der Bundeswehr muss nach Jahren des Sparens wieder vervollständigt werden. Mindestens ein halbes Dutzend neuer Großanschaffungen müssen in nächster Zeit auf den Weg kommen. Darunter: ein neues Luftverteidigungssystem, ein Großhubschrauber, ein Mehrzweckkampfschiff und die Nachfolger von Leopard 2, Eurofighter und Tornado.“

Wir sind das letzte Mitglied der NATO, das noch den Tornado, ein Kampfflugzeug der 70er Jahre, fliegt. Und wir halten uns auch noch etwas zugute, dass wir mit diesem Flugzeug und veralteter Aufklärungsausrüstung den Kampf gegen den IS unterstützen. An solchen Beispielen und an der stimmigen Bestandsaufnahme des Korrespondenten Pindur erkennt man Deutschland als sicherheitspolitischen Zwerg!

Und die Volksvertreter, die sich immer mit ihrer Verantwortung für die Parlamentsarmee Bundeswehr brüsten und auf den Primat der Politik pochen, wissen sehr genau um den Zustand der Bundeswehr und haben zum großen Teil den „Sanierungsfall Bundeswehr“ zu verantworten. Und dazu stellt Pindur richtig fest: „Entscheidungen der Verteidigungsministerin allein genügen aber nicht, denn für die Beschaffung großer Waffensysteme sind Finanzierungszusagen des Bundestages notwendig.“ Diese sehr dringend erforderlichen Finanzierungszusagen werden über die jeweilige Entscheidung zum zukünftigen Bundeshaushalt, einschließlich der mittelfristigen Finanzplanung, gemacht – oder auch nicht!

In der Bereinigungssitzung des Haushaltsauschusses des Bundestages wurden am vergangenen Donnerstag die Ausgaben für Investitionen auf 42,9 Milliarden Euro veranschlagt, das entspricht einer Steigerung von gut 1,2 Milliarden Euro gegenüber dem Regierungsentwurf. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU, Rehberg, sprach von „Rekordinvestitionen“. Deutschland verfüge über die notwendigen Einnahmen, „um die richtigen Schwerpunkte zu finanzieren: Klimaschutz, innere und äußere Sicherheit, Bildung und Forschung sowie soziale Sicherung“. In diesem Zusammenhang erreichen die Ausgaben für Bildung und Forschung einen neuen Höchststand von 18,3 Milliarden Euro. Die Verteidigungsausgaben werden leicht auf 45,1 Milliarden Euro erhöht, das entspricht einer Nato-Quote von 1,42 Prozent des BIP. Mit der Erhöhung der Ausgaben nähere sich Deutschland dem 1,5-Prozent-Ziel im Jahr 2024, erklärte Rehberg.

Gut ist, dass mit den leicht erhöhten Verteidigungsausgaben von geplanten 45,1 Milliarden Euro in 2020 1,5 Prozent vom BIP angenähert werden. Die mit Zustimmung Deutschlands vereinbarte NATO-Quote im Jahr 2024 liegt allerdings bei 2 Prozent am BIP. Das wird in keinem Fall erreicht. Informationen zur mittelfristigen Finanzplanung (53. Finanzplan) liegen noch nicht vor. Der vom Bundeskabinett im Juni 2019 einstimmig beschlossene Gesetzentwurf für den Bundeshaushalt 2020 samt Finanzplanung bis 2023 sah von 2021 bis 2023 bisher fallende Eckwerte vor. Da kann man nur hoffen, dass die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses das korrigiert hat. Starke Skepsis ist berechtigt!

Der Haushalt soll am 29. November vom Bundestag verabschiedet werden. Meine Prognose ist, dass Deutschland sich einmal mehr als unzuverlässig.

und wenig vertrauenswürdig erweist und ein sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer sowie ein im Hinblick auf die NATO-Verpflichtungen unverantwortlich handelnder sicherheitspolitischer Zwerg bleibt. Denn mit diesen Planungen ist die der NATO zugesagten und den Soldaten versprochene Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit bis 2031 nicht zu leisten. Kanzlerin Merkel wird beim Spitzentreffen der NATO im Dezember mit großer Berechtigung an den Pranger gestellt werden!

(17.11.2019)

 

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