Namibia (21. - 28.01.2011)
Länder lernt man sehr gut über ihre Hauptstädte kennen. Von Windhoek International erwarten wir einen Hauptstadtflugplatz mit regem Flugbetrieb, schickem Ambiente und gutem Serviceangebot. Aber obwohl Tourismus der drittgrößte Wirtschaftsfaktor ist, starten/landen Maschinen eher im Zwei-Stunden-Takt. Vielleicht liegt das auch an der Regenzeit.
Man darf allerdings auch nicht zu viel erwarten, denn Namibia hat nur ca. 2,2 Millionen Einwohner und Windhoek ist mit 300.000 registrierten Bürgern auch überschaubar. Der Hauptstadteindruck will sich dann auch nicht so recht vermitteln, es wirkt eher etwas heruntergekommen. Dazu kommt das erkennbare „Gewirr“ aus unterschiedlichen Kulturen und politischen Epochen.
Windhoek liegt auf dem Khomas Highland Plateau, in ca. 1700 m Höhe
Häuseransichten in der Hauptstraße
der sog. „Tintenpalast“, heute Sitz des Parlaments
Hosea Kutako-Statue (bis zu seinem Tode Führer der in Namibia lebenden Herero) im Garten vor dem Tintenpalast
Man trifft bei der neoromanischen lutherischen Christuskirche auch auf die kaiserliche Realschule, auf das Reiterstandbild, das an die Niederschlagung des Herero-Aufstandes 1904 erinnert und auf die alte Feste mit dem namibischen Nationalmuseum.
die Christuskirche
das Reiterstandbild vor der Alten Feste
Die Aufmachung des Museums zeugt weniger von einem rational fundierten als von einem etwas vordergründigen emotionalen Nationalstolz. Wenn die Namibier wirklich auf sich hielten, wäre das Museum in der Alten Feste nicht so heruntergekommen und geradezu liederlich gemacht.
die kaiserliche Realschule
Das soll alles besser werden, wenn das gigantomanische, im Bau befindliche Unabhängigkeitsmuseum fertiggestellt ist. Das kann sehr schnell der Fall sein, denn dort arbeiten ausschließlich Chinesen rund um die Uhr und die Woche, und das bei einer über 50 prozentigen Arbeitslosigkeit im Lande. China hat das Rennen um lohnende Investitionen in Afrika längst gewonnen und die Namibier beginnen sich zu fragen, wann und wie sie die vielen Chinesen mit ihren Familien wieder loswerden.
gigantisch, was wollen die Namibier dort alles ausstellen?
Der Innenstadtbereich ist neu gestaltet. Eine Mall steht neben der anderen in der in Bonbon-Farben gehaltenen Fußgängerzone. Der „Fortschritt“ wirkt hier etwas künstlich und aufgeblasen. Wollen wir hoffen, dass die Investitionen zu einem möglichst nachhaltigen Wachstum beitragen können.
Clocktower am Beginn der Fußgängerzone
schräg gegenüber das Justizministerium
Die Kreuzung der Kulturen ist häufig sichtbar.
Die heutigen Schwarzen sympathisieren eher mit Castro und das kann man auch im Stadtbild erkennen. Weh tut, dass eine der größten Straßen im Innenstadtbereich „Robert Mugabe Avenue“ heißt. Aber die Verehrung für diesen korrupten afrikanischen Diktator, der sein einst blühendes Land total heruntergewirtschaftet hat, ist wohl Teil des unabhängigen schwarzen Selbstverständnisses.
Windhoek als Hauptstadt hat uns sehr wenig beeindruckt, das Township Katutura werden wir allerdings nicht so schnell vergessen. Im Slum von Windhoek leben geschätzt 200.000 nicht registrierte schwarze Menschen ohne Stromanschluss, ohne Kanalisation und ohne Toiletten in ausgedehnten Wellblechsiedlungen links und rechts von unbefestigten Wegen und Straßen mit weit voneinander entfernten zentralen Wasserversorgungsanlagen, wo man für 5 namibische Dollar 20 Liter Wasser kaufen kann, das die Frauen und Mädchen dann in die Hütten tragen, während die Männer und Jungen, häufig schon angetrunken, herumlungern.
Bilder aus Katutura:
die einzige zentrale Laterne
Diese Siedlung wächst noch und immer mehr Kinder werden in die Armut und in diese menschenunwürdigen Bedingungen hineingeboren. Und eine offenbar nicht sehr menschenfreundliche SWAPO-Regierung lässt diese Bedingungen zu. Unter diesen unwürdigen Bedingungen sind massive Alkoholprobleme an der Tagesordnung und AIDS breitet sich aus. Offiziell sind 18 Prozent der namibischen Bevölkerung infiziert, Schätzungen der WHO gehen von über 40 Prozent aus. Solche Fakten lassen Zweifel an einer guten Zukunft aufkommen.
Namibia hat aber natürlich auch seine sehr schönen Seiten. Die vorherrschenden Landschaften sind Buschland im Norden und Wüsten an der Küste und im Süden Namibias.
Buschland im Norden
überall und doch ungewöhnlich: Termitenhügel
das Buschland geht Richtung Südwesten immer mehr in Wüste über
Welwitschia mirabilis, die berühmte Wüstenpflanze Namibias
zum Atlantik hin wird die Wüste immer karger
Die kleinen Städte und die Dörfer sind in dem dünnbesiedelten Land hauptsächlich Versorgungsmittelpunkte und bieten Schulen und medizinische Versorgung. Okahandja ist ein solches Dorf mit den nötigsten Einrichtungen und einem im Reiseführer hervorgehobenen Handwerkermarkt. Dieser Markt ist allerdings eher eine Ansammlung von Wellblechhütten und alten Planen sesshaft gewordener Straßenhändler mit einem bunten Angebot. Es sind schöne Stücke dabei, am besten sind aber das engagierte Feilschen und die lautstarke Konkurrenz sich nicht immer freundlich gesinnter Händler.
Marktansichten aus Okahandja
Outjo ist ein solches Mittelpunktstädtchen. Die erste Sprache des Landes ist Englisch, die Zweitsprache Afrikaans, Deutsch wird aber in mehreren Landesteilen engagiert gesprochen.
die reformierte Kirche in Outjo
Stadtansicht von Outjo
Der Verkehr auf den Straßen ist alles andere als dicht, man kann lange Strecken vollkommen alleine fahren.
an der C39 nach Khorixas
Da sind auch langsamere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet. Und auch die Tiere, vor denen gewarnt wird, hätten nichts zu fürchten.
das Reisen ist sehr gemütlich
Auch in Khorixas ist nicht viel los. Hier sind die Auswirkungen der Apartheid heute noch gut zu sehen. Auf der einen Seite die Wohnsiedlung der Weißen, auf der anderen Seite die Häuser der Schwarzen. Auch wenn es heute keine Apartheid mehr gibt, halten die Bevölkerungsgruppen weitgehend am getrennten Leben fest.
eines der Häuser,die die Stadtverwaltung stellt
die sogenannten Government-Häuser
hier wird gekocht, um Strom zu sparen
In solchen Häusern der Stadtverwaltung leben auch Rentner. Ab dem 60. Lebensjahr kann man eine monatliche Rente von 600 ND (ca. 60 Euro) beziehen, muss sich natürlich etwas dazu verdienen, um „einfaches“ Überleben zu garantieren, oder die Menschen sind auf die solidarische Unterstützung der meist großen Familien angewiesen.
Und natürlich hat auch Khorixas sein Township mit den bekannten Problemen.
Township am Berghang
hier wird reichlich Alkohol verkauft
ein Markt
SWAPO behält alles im Griff
Das normale Leben abseits der Townships bietet natürlich schöne Lichtblicke.
Die Touristenattraktion im Norden Namibias ist der Etosha Nationalpark. Dieser Park ist auch die Haupteinnahmequelle in dieser Region. Nachdem viele Wildtiere wie Nashorn, Elefanten und Raubkatzen durch Jagd und Wilderei fast ausgerottet worden waren, haben sich die Wildbestände jetzt wieder gut erholt. Im Etosha NP kann man die gesamte Fauna Namibias an den natürlichen und künstlichen Wasserstellen beobachten. In der Regenzeit sind die Tiere nicht auf die Wasserstellen angewiesen. Deswegen haben wir hauptsächlich Giraffen, Strauße, und alle Antilopenarten Namibias in freier Wildbahn beobachten können.
Strauss...
...mit Familie
Familie Gnu
Springböcke
Impala
Zebra
Kudu
Oryx, Namibias Wappentier
Giraffen
Der Etosha NP ist gut gepflegt, schön gestaltet und bietet auch in den verschiedenen Lodges gut Unterkunftsmöglichkeiten in der „Wildnis“. Die Etosha Pfanne ist darüber hinaus wegen der Savannen- und Wüstenlandschaft sehr sehenswert.
Namibia hat über die schönen Landschaften mit urwüchsiger Flora und Fauna hinaus wenige herausragende Sehenswürdigkeiten zu bieten. Da gehört ein Besuch beim UNESCO Weltkulturerbe Twyfelfontein mit seinen 2500 Felsbildern zum Pflichtprogramm.
eines der vielen „Lese-und Lehrbücher“ in Twyfelfontein
Der nahe Vingerklip steht in einer Tafelberglandschaft. Dabei ist die Deutschen gehörende wunderschöne und preisgekrönte Vingerklip-Lodge nahezu die größere Attraktion.
der Vingerklip
die Lodge schmiegt sich an den Hang der Ugab-Terrassen
Weiter im Westen wird die Landschaft in Richtung Atlantik immer karger und wüster. Dafür kann man mit Blick auf den Brandberg grandiose Sonnenuntergänge genießen, am besten bei einem guten Schluck Cabernet Sauvignon.
Swapokmund liegt im Wüstengürtel als „Perle am Atlantik“. Selbst in der Wüste will man hier auf Golf nicht verzichten.
Golfplatz “verkehrt” in Hentjes Bay
Löcher 17 bis 19 in Meeresnähe
Swapokmund verströmt die wilhelminische Eleganz deutscher kolonialer Vergangenheit. Die Strandpromenade lädt zum Bummeln ein und rund um den alten Leuchtturm kann man die prächtigen Kolonialhäuserhäuser bewundern. Die auch heute noch vielen deutschen Namen muten dabei etwas unwirklich an, wo findet man bei uns noch eine Kaiser Wilhelm Straße?
schöner Blick auf die Stadt von der ehemaligen Landungsbrücke “Jetty”
hier lässt es sich gut promenieren
Jugendstil in Swakopmund
Innenstadt von Swakopmund
der Leuchtturm hinter dem kaiserlichen Bezirksgericht
Innenstadtansicht
die Dünen südlich der Innenstadt
Swakopmund hat als einzige Stadt Namibias einen weißen Chef der Stadtverwaltung. In allen anderen Städten wurden die Weißen aus Verwaltungsämtern verdrängt. In ganz Namibia gibt es nur schwarze Bürgermeister. Nach dem Stadtbild zu urteilen macht der einzige weiße Chef seine Sache vergleichsweise sehr gut. Swakopmund hat auch eine deutlich geringere Arbeitslosigkeit aufgrund von vier Uranminen, einer Goldmine, Industrie und mittelständischer Betriebe. In Swakopmund kann man gut leben. Irgendwie hat man hier aber den etwas störenden Eindruck, dass viele weiße und deutsch sprechende Namibier noch in Deutsch-Südwest-Manier leben, zumindest ihrem erkennbaren Gehabe nach.
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... glaubt man das? Wir bevorzugten die wunderbaren Steaks in Namibia.
Wir waren froh, dass wir einen an einer deutschen lutherischen Missionsschule ausgebildeten und gebildeten schwarzen Reiseführer (Ovambo) hatten, der über die Herausforderungen Namibias und seiner Bürger offen und ungeschminkt informiert hat. Ein Weißer wäre wohl zurückhaltender gewesen, aus Angst, für rassistisch gehalten zu werden. Wir freuen uns, dass wir dieses schöne, interessante aber durchaus problembeladene Land kennengelernt haben.
Mit wachen Augen in eine hoffentlich gute Zukunft!
(08.02.2011)
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