Hans-Heinrich Dieter

Machtlose EU   (15.05.2019)

 

Für US-Präsident Trump ist die EU inzwischen ein Gegner – aber kein starker und handlungsfähiger!

Die EU hat keine definierten außen- und sicherheitspolitischen Vorstellungen, besitzt keine Nuklearwaffen, verfügt über keine Interventionskräfte mit Flugzeugträgern und Raketensystemen, die EU-Mitgliedstaaten bringen mehrheitlich – allen voran Deutschland - zu wenig für die gemeinsame Verteidigungsfähigkeit im Rahmen der NATO auf und die EU hat keine politische Struktur, die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit gewährleistet. Einen solchen ehemaligen Partner und heutigen Gegner nimmt Trump nicht richtig ernst und auch deswegen ist das transatlantische Verhältnis empfindlich gestört.

Und vor diesem Hintergrund zerstören die zunehmend isolationistischen USA unter Trump Zug um Zug die friedenserhaltende Nachkriegsordnung, während das zunehmend aggressive Russland unter Putin die Krim annektiert und damit Völkerrecht bricht, hybride Kriege und Cyberattacken gegen Staaten der westlichen Welt führt und keinen Versuch auslässt, die EU zu spalten. China profitiert davon auf seinem Weg zur Weltmacht. Und die EU verhängt wohl schon einmal Sanktionen, wenn das politisch nicht zu vermeiden zu sein scheint, schaut aber in der Regel hilflos zu und versucht im diplomatischen Gespräch zu bleiben. Die EU ist haltlos und beliebig und in ihrer heutigen Verfassung weniger als ein zahnloser Tiger, sie wirkt eher wie ein abgetretener Tiger-Bettvorleger!

Vor einem Jahr hat Trump das 2015 geschlossene Atomabkommen mit dem Iran, das durch die UN-Resolution 2231 völkerrechtlich bindend geworden ist, einseitig aufgekündigt – und die UN nehmen das hin. Trump schert sich einfach nicht um UN-Resolutionen, um internationale Abmachungen, um ehemalige Verbündete und Freunde, wenn es seinen egozentrischen „America first“-Vorstellungen zu widersprechen scheint. Dabei haben auch die US-Geheimdienste die mehrmaligen Feststellungen der Internationalen Atomenergiebehörde bestätigt, dass sich Teheran an die Wiener Abmachungen hält, keine Atomwaffen besitzt und auch mittelfristig nicht herstellen können wird. Den USA geht es letzten Endes um das Herbeiführen eines Regimewechsels im Iran – auch als kleine Handreichung für Israel.

Die iranische Regierung hat nun ihrerseits in der vergangenen Woche einen Teilausstieg aus dem Atomabkommen verkündet, als Reaktion auf den Ausstieg der USA und weil die EU ihre Zusagen, den Iran teilweise vor den Auswirkungen der US-Sanktionen zu schützen, nicht eingehalten hat. Der handlungsunfähigen EU kann der Iran dann dabei auch schon einmal ein Ultimatum stellen! Und die EU ist tatsächlich in einem wirklichen Dilemma. Sie kann sich kaum ostentativ auf die Seite des Iran und damit direkt gegen die USA stellen. Und so tun sich alle an den Verhandlungen beteiligten europäischen Länder, aber auch Russland und China sehr schwer, das Abkommen am Leben zu erhalten. Und kaum jemand wird einen wirklich wirksamen Schritt gegen die US-Sanktionen unternehmen, weil die USA einen bestimmenden Einfluss auf das internationale Finanzsystem haben. Trotzdem muss die EU alles tun, um einer Eskalationsspirale – bis hin zur bewaffneten Auseinandersetzung - in dem Konflikt entgegenzuwirken, und versuchen, den Iran im Abkommen zu halten. Die europäischen Unterzeichnerstaaten dürfen auf keinen Fall - zusammen mit der EU - in Untätigkeit verharren!

Und ausgerechnet in einer Zeit, da die EU auch im Atomstreit zwischen den USA und dem Iran marginalisiert wird, haben sich die EU-Mitgliedsstaaten bei ihrem jüngsten Treffen in Sibiu zu ihrer Verantwortung auf der Weltbühne bekannt. Während das Iran-Abkommen, an dem die Europäer einen entscheidenden Anteil hatten, zur Makulatur zu werden droht, beschwören die 27 verbleibenden EU-Staaten nun ihre „globale Führungsrolle“. Das ist einigermaßen lächerlich, wenn den euphorischen, großspurigen aber wenig glaubhaften Reden keine mutigen Taten folgen.

Europa muss sich endlich entscheiden, was es wirklich will. Und die EU muss sich reformieren und weiterentwickeln von einer friedensstiftenden Nachkriegs-Wirtschaftsunion zu einem strukturell entscheidungsfähigen und international handlungsfähigen außen- und sicherheitspolitischen Akteur mit leistungsfähigen politischen Instrumenten, die sie auf der Grundlage einer Gesamtstrategie zur Wirkung bringen kann. Sonst marginalisiert sich die EU auch noch selbst!

(15.05.2019)

 

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