Hans-Heinrich Dieter

Es geht nicht um Aufrüstung!   (01.03.2019)

 

Im November 2018 konnten die Soldaten der Bundeswehr einen schwachen Hoffnungsschimmer  haben, dass die verantwortlichen Politiker in Regierung und Parlament zur sicherheitspolitischen Vernunft gefunden haben, sowie ihrer Verantwortung für die Parlamentsarmee gerecht werden wollen und die Streitkräfte nun endlich mit der Wiederherstellung ihrer stark beeinträchtigten Einsatzfähigkeit beginnen können. Dabei geht es nicht um „Aufrüstung“ (Gabriel und andere links/rot/grüne Politiker), sondern um dringend benötigte Ausrüstung für unsere Soldaten.

Nun droht erneut erhebliches Ungemach, denn das Kabinett will am 20. März 2019 über die Finanzplanung der nächsten vier Jahre beraten und der vertrauliche Eckwertevorschlag, den Finanzminister Scholz (SPD) dafür vorgelegt hat, entspricht in keiner Weise dem errechneten Bedarf und den Erwartungen der Bundeswehr.

Gemessen am 52. Finanzplan und am bisherigen Eckwertebeschluss (2019-2022) der Bundesregierung verlangt Verteidigungsministerin von der Leyen für die kommenden vier Jahre (2020-2023) insgesamt 28 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr. Im Eckwertevorschlag von Scholz ist allerdings lediglich ein Mehrbetrag von 3 Milliarden Euro vorgesehen. Wenn Scholz damit durchkommt, fehlen der Bundeswehr in den kommenden vier Jahren 25 Milliarden Euro. Mit einer solchen Finanzplanung ist der gewaltige Modernisierungsbedarf der durch jahrelange Unterfinanzierung zum „Sanierungsfall“ kaputtgesparten deutschen Streitkräfte nicht zu decken. Die Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr wird sich über unvertretbar lange Zeiträume hinziehen und Deutschland wird über Jahre seine Verpflichtungen gegenüber der NATO und der EU nur höchst unzureichend erfüllen können. Die Soldaten und zivilen Mitarbeiter der Bundeswehr werden das Vertrauen in die politische Leitung aber auch in unsere parlamentarische Demokratie noch nachhaltiger verlieren, denn die Parlamentarier haben die jahrelange Unterfinanzierung der Parlamentsarmee Bundeswehr ja jahrelang mitgetragen und letztendlich haushaltshoheitlich entschieden.

Und Deutschland wird seine Versprechen erneut brechen. Mit der NATO wurde mehrfach vereinbart, dass alle NATO-Mitglieder die Verteidigungsinvestitionen bis 2024 in Richtung zwei Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts (BIP) allmählich steigern. 2018 hat Deutschland lediglich blamable 1,24 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in Verteidigung investiert. Beim NATO-Gipfel im Juli 2018 in Brüssel hat Kanzlerin Merkel deswegen sehr unangenehme Fragen beantworten müssen. Um die Wogen etwas zu glätten, hat die Bundesregierung der NATO dann offiziell mitgeteilt, dass Deutschland im Jahr 2024 Verteidigungsinvestitionen in Höhe von 1,5 Prozent BIP leisten will. Deutschland steht also ganz offiziell nicht zu den einvernehmlich getroffenen NATO-Vereinbarungen und wird seine erbärmliche „Trittbrettfahrerei“ fortsetzen. Und nach dem Scholz-Entwurf würde Deutschland 2023 nur 1,23 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben und würde noch nicht einmal das selbst vorgeschlagene „Kompromissziel“ erreichen. Deutschland präsentiert sich der NATO und der EU als unzuverlässiger und nicht vertrauenswürdiger – und damit unwürdiger – Partner.

Der deutsche Wehretat wird leider aller Voraussicht nach unzureichend und die Bundeswehr ein „Sanierungsfall“ bleiben. Von Merkel ist nicht zu erwarten, dass sie von ihrer Richtlinienkompetenz positiv Gebrauch machen wird. Und wenn der Bundestag bei dieser erkennbar schädlichen Politik für Deutschland erneut seiner parlamentarischen Kontrollpflicht nicht genügt, offenbart sich auch erneut das Desinteresse großer Teile der deutschen Bevölkerung und ihrer gewählten Volksvertreter an einer verantwortungsbewussten Sicherheitsvorsorge für Deutschland, die NATO und die EU!

Will Deutschland ein großmäuliger aber unzuverlässiger sicherheitspolitischer Zwerg bleiben?

(01.03.2019)

 

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