Hans-Heinrich Dieter

Der 9. November   (09.11.2018)

 

Der 9. November ist ein dreifacher „Schicksalstag der Deutschen“. Am 9.11.1918 hat der Sozialdemokrat Scheidemann die erste deutsche Republik ausgerufen. Am 09.11.1938 stürzte sich Deutschland in die Barbarei und am 09.11.1989 begann mit dem Fall der Mauer die friedliche Vereinigung der beiden Teile Deutschlands. Daran erinnerte Bundespräsident Steinmeier in einer Gedenkstunde des Deutschen Bundestages.

In einer Zeit, in der auch der Bundespräsident Gefahren für unsere Demokratie erkennt, ist es gut, dass er dem 09. November 1918 als „Meilenstein der deutschen Demokratiegeschichte“ besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat. Er sprach sich in diesem Zusammenhang für einen „demokratischen Patriotismus“ aus, der „ständiger Ansporn“ sein sollte. An anderer Stelle wirbt er für einen „aufgeklärten Patriotismus“ anstelle eines „aggressiven Nationalismus“.

Es ist erstaunlich, dass der Bundespräsident den Mut aufbringt, in unserer von links/rot/grüner Ideologie beherrschten Republik den im Milieu verpönten Begriff „Patriotismus“ in den Mund zu nehmen. Denn Patriotismus hat ja auch mit Heimatverbundenheit und Vaterlandsliebe von Konservativen, Rechten, Rechtsradikalen und solchen, die tunlichst vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollten, zu tun und passt nicht in das links/rot/grün infizierte Weltbild von Vielfältigkeitsdogmatikern und Multikulturisten des Mainstream. Chapeau!?

Aber der Mut des Bundespräsidenten ist doch nicht ganz so groß, wie er sein sollte. Denn er spricht ja vom „demokratischen Patriotismus“, also vom Engagement der vermeintlich „Anständigen“ für unsere weltoffene, vielfältige, multikulturelle Gesellschaft, in der das deutsche Volk mit einer deutschen Sprache und einer deutschen Leitkultur – wenn überhaupt – nur eine nachgeordnete Rolle spielt. Wenn dieser „Patriotismus“ der Anständigen, der Aktivisten bis hin zu den Linksautonomen gemeint ist, dann wird dem Präsidenten ein sonst verpönter rechter Begriff sicher nachgesehen.

Und der Präsident wird noch deutlicher, wenn er einen „aufgeklärten Patriotismus“ einem „aggressiven Nationalismus“ gegenüberstellt. Nun spricht er also vom Engagement der sogenannten gebildeten Anständigen, die sich den unterstellt hassgetrieben eher völkischen Aktionen der pöbelnden rechtsradikalen Dumpfbacken entgegenstellen sollen. Und da ist Steinmeier ganz Mainstream: politisch Andersdenkende ausgrenzen und pauschal in die rechte bis rechtsextreme Ecke stellen, anstatt sich argumentativ mit Bürgern, die eine andere Meinung vertreten, auseinanderzusetzen. Für mich ist das ein undemokratisches Verhalten. Und vor „aggressivem Nationalismus“ muss Steinmeier die deutschen Staatsbürger auch nicht warnen, denn zu Nationalgefühlen sind die deutschen Michel ohnehin doch nur für ein „…schland“ im Zusammenhang mit einer Fußballmeisterschaft fähig. Lediglich die Deutschtürken sind ganz offensichtlich mehrheitlich türkische Nationalisten!

Und vor dem Parlament, das ja mehrheitlich eine demokratisch gewählte Partei ständig ausgrenzt, sagt der Bundespräsident, dass Demokratie auch heute keine Selbstverständlichkeit sei und der Bundestag kein „Alltagsgegenstand, ganz wie ein altes Möbelstück“. Und er deklamiert: „Nein, dieses Parlament ist keine Selbstverständlichkeit und erst recht keine Nebensache“, vielmehr sei es eine historische Errungenschaft, für die man streiten müsse. Da hat der Bundespräsident recht!

In unserer Parlamentarischen Demokratie hat die „historische Errungenschaft“ Bundestag aber auch wichtige Aufgaben, die zum Wohl der deutschen Staatsbürger – also zum Wohl des deutschen Volkes - erfüllt werden müssen. Im Rahmen der Gewaltenteilung ist es die vornehmste Aufgabe der gesetzgebenden Gewalt, die regierende Exekutive zu kontrollieren. Und da vermittelt unser Parlament gelegentlich den Eindruck eines zu „alten Möbelstücks“ - schlimmer noch, diese vornehmste Aufgabe erfüllt der Bundestag höchst unzureichend.

Denn es sind die Parteien, die den politischen Prozess inzwischen weitgehend beherrschen und nicht das Parlament. Deswegen kann man durchaus sagen, dass Deutschland als parlamentarische Demokratie in gewissem Maße zur Parteiendemokratie „verkommen“ ist. Das hängt auch mit der langjährigen Verantwortlichkeit der „Volksparteien“, teilweise in großen Koalitionen, zusammen. Die Regierungsparteien haben über ihre - einer strengen Parteidisziplin und rigidem Fraktionszwang unterworfenen – Abgeordneten-Parteifreunde oder -genossen die Gewissheit, dass ihre jeweilige Regierungsabsicht im Parlament bestätigt wird. Das verhindert tatsächliche Diskussion und ein „dem Wohl des deutschen Volkes“ verpflichtetes Ringen um die jeweils beste Sachentscheidung, denn es geht derzeit vorwiegend nicht um das Wohl des deutschen Volkes, sondern eher um das Parteiwohl und das Verteidigen der jeweiligen Partei- oder Koalitionsmehrheit.

Bei der selbstherrlich von Merkel entschiedenen, volksverdummend mit Fukushima begründeten Energiewende ohne Konzept und ohne Abstimmung mit der EU, hat das Parlament das Regierungshandeln nicht hinterfragt, sondern abgenickt - zum volkswirtschaftlichen Nachteil Deutschlands.

Im Herbst 2015 hat Merkel mit ihrer konzeptionslosen „Willkommenskultur“ Flüchtlinge aller Art geradezu angelockt und damit die Krise verstärkt – eine grandiose politische Fehlleistung. Das Parlament hat die Regierung Merkel weder kontrolliert noch korrigiert, sondern das selbstherrliche Handeln Merkels abgenickt und sich so im Hinblick auf den unverantwortlichen Kontrollverlust des Staates zum Schaden seiner Bürger mitschuldig gemacht. Das sind nur zwei von mehreren Beispielen des vielfältigen Politikversagens der großen Koalition und der unzureichenden Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrollpflichten des Bundestages gegenüber der Regierung.

Damit sind die Bürger nicht einverstanden und strafen die „Volksparteien“ entsprechend ab. Diese Unzufriedenheit mit der aktuellen Politik hat nicht nur „Rechtsradikale“ ergriffen, sondern weite Teile der Bevölkerung und die politisch gebildete Mitte. So auch mich als einen liberal-konservativen Bürger, der sein Vaterland liebt. Wenn also auch der Bundespräsident für die parlamentarische Demokratie „streiten“ will, um diese „Errungenschaft“ zu erhalten, dann sollte er die Parlamentarier aufrufen – ihrem Gewissen verpflichtet – aufrichtig für das Wohl der deutschen Staatsbürger einzutreten und ihre Kontrollpflicht gegenüber der Regierung sachgerecht und problemorientiert in offener Diskussion auszuüben und dabei den Wählerwillen zu respektieren. Und der Bundespräsident sollte die Politiker in Regierungsverantwortung dazu aufrufen, die realen Probleme der Bürger im Lande ernst zu nehmen und ihnen – nicht nur bei gelegentlichen PR-Besuchen – wirklich zuzuhören, um die Probleme im Sinne der Bürger lösen zu können.

Die Gefahr für unsere Demokratie entsteht nicht durch die herbeigeredeten „Verschwörungstheorien“ verbohrter Rechter sondern durch die unzureichende Politik bürgerferner Bundespolitiker und die unzureichende Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Pflichten durch viele Volksvertreter. Wer negative Wirkung von Politik bekämpfen will, um unsere Demokratie zu erhalten, muss an der Ursache arbeiten. Die Politik in Deutschland muss wieder - im Sinne eines Verfassungspatriotismus  - erkennbar zum Wohl der Bürger gemacht werden. Ein solcher Appell des Bundespräsidenten hat gefehlt!

(09.11.2018)

 

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