Hans-Heinrich Dieter

Bundeswehrreform, kein großer Wurf (11.02.2011)

 

Die anstehende Bundeswehrreform wurde schon mit einer ganzen Reihe von Maximal-Begriffen verbunden, die große Erwartungen geweckt haben. „Verkaufsshow“ und Semantik sind das eine; wenn die ersten Ergebnisse öffentlich werden, dann ist einerseits das Erschrecken groß über die möglichen Auswirkungen der Reform und es macht sich starke Ernüchterung breit, weil Sparziele nicht eingehalten werden können und lautstark angekündigte Verbesserungen nicht realisierbar erscheinen oder aus macht-taktischen Gründen nicht realisiert werden sollen.

Die Bundeswehrreform wurde als tiefgreifendste Reform in der Geschichte der Bundeswehr angekündigt und die mutigen und größtenteils guten sowie zukunftsorientierten Vorschläge  der Weise-Kommission ließen einen großen Wurf erwarten. Aber der Weise-Kommission geht es wie früheren Kommissionen, die Ergebnisse werden zur Kenntnis genommen und dann verwässert oder verworfen.

Wenn man auf das Organigramm (http://aussen-sicherheitspolitik.de/wp-content/uploads/Organigramm.pdf) des zukünftigen Ministeriums schaut, wird die Verwässerung der Weise-Vorschläge auf den ersten Blick deutlich. Entgegen den Kommissionsvorschlägen soll es nun doch zwei beamtete Staatssekretäre geben und der Generalinspekteur ist nicht auf gleicher Ebene mit diesen, sondern deutlich nachgeordnet. Der Generalinspekteur wird auch mit der Reform nicht Teil der Leitung, sondern auf den Funktionsbereich „Militärische Auftragserfüllung“ reduziert. Der Generalinspekteur ist nicht mehr zuständig für den Bundeswehrplan und sitzt auch nicht mehr dem Rüstungsrat vor. Damit verliert er wichtige Kompetenzen für die Weiterentwicklung der Streitkräfte.

Nun wird immer wieder hervorgehoben, dass der Generalinspekteur gestärkt würde durch die unmittelbare Verantwortlichkeit für Führung, Einsatzfähigkeit und Einsatzbereitschaft der Streitkräfte sowie für den Einsatz der Bundeswehr dem Minister gegenüber und die dementsprechende truppendienstliche Unterstellung der Streitkräfte unter den Generalinspekteur. Das ist eine sehr zweckmäßige Lösung für die streitkräftegemeinsame Aufgabenwahrnehmung und für bundeswehrgemeinsame Einsätze. Zum „Chief of Defence“ wird der Generalinspekteur dadurch außerhalb des Leitungsbereiches aber noch nicht. Und der Generalinspekteur soll zwar Zugriff auf das gesamte BMVg erhalten, allerdings ist er eher in einer „Bittstellerrolle“, wenn er Unterstützung braucht, denn seine fachliche Weisungsbefugnis ist ausdrücklich auf den Bereich der militärischen Auftragserfüllung begrenzt. Darüber hinaus ist das so wichtige Planungs- und Steuerungssystem (Controlling) offensichtlich eindeutig der Leitung zugeordnet. Der Generalinspekteur ist dementsprechend weniger Chief of Defence als vielmehr militärisches Ausführungsorgan im Ministerium.

Und der Generalinspekteur wird gegenüber den Vorschlägen der Weise-Kommission nicht nur dadurch geschwächt, dass er nicht Teil der Leitung und den Staatssekretären nachgeordnet ist, sondern auch durch das Ungleichgewicht Zivil-Militär im zukünftigen BMVg. Der Generalinspekteur ist eine Art Hauptabteilungsleiter ohne Hauptabteilung und den fünf zivil geführten Abteilungen stehen nur drei militärisch geführte Abteilungen gegenüber. Da wünscht man sich auch als Verfechter der Ausgliederung der Führungsstäbe der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche aus dem Ministerium die Inspekteure und den Militärischen Führungsrat geradezu zurück, weil man sehr gut weiß, wie sich solche „Unwuchten“  im ministeriellen Alltag negativ auswirken.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat ein sehr schweres Amt. In Zukunft ist er noch weniger zu beneiden.

(11.02.2011)

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klartext