Hans-Heinrich Dieter

Wünsche eines Bürgers für 2016   (01.01.2016)

 

Die Wunschliste eines engagierten deutschen Bürgers ist auch für das Jahr 2016 lang, weil es unübersichtlich viele politische Problemfelder gibt, das Vertrauen in die Kompetenz der Politiker zur Problemlösung schwindet und die allgemeine Unzufriedenheit mit der Politik überall verstärkt zu spüren ist.

1. Die Politiker und Volksvertreter sollten die Bürger, möglichst abseits von Talk-Shows, ohne ständiges Schielen auf Umfragewerte sowie die nächsten Wahlen, wahrheitsgemäß informieren, politische Probleme wie auch starke Bürgerbelastungen verständlich und plausibel erklären, Problemlösungsmöglichkeiten nachvollziehbar aufzeigen und die Bürger - wann immer sinnvoll und möglich - in die politischen Prozesse einbinden, um das für unsere Demokratie so wichtige Vertrauen zu gewinnen. Das gilt aktuell besonders für Zuwanderung- sowie Asyl- und Flüchtlingsproblemstellungen. Dabei ist es wichtig, dass wir zu einer vernünftigen Diskussionskultur zurückfinden, bei der die Bürger einander zuhören sowie versuchen, die Argumente des anderen zu verstehen und gegebenenfalls zu entkräften, ohne Andersdenkende zu diffamieren oder mit ideologischen Keulen in eine extreme Ecke zu drängen und damit mundtot zu machen.

2. Die Bürger sollten 2016 zu einem Jahr bürgerlichen Engagements machen, sich entsprechend politisch weiterbilden, sich gründlich über politische Sachverhalte informieren, sich dort einbringen, wo es geboten ist. Dazu müssen sie Wahlprogramme studieren und vergleichen sowie ihr Wahlrecht als Bürgerpflicht begreifen. Nur so ist die oft beschämend geringe Wahlbeteiligung zu überwinden.

3. Bildung in Deutschland muss nicht in politischen Ankündigungen sondern real und konkret so verbessert werden, dass mehr Jugendliche gute Schulabschlüsse machen, besser für Berufsausbildung qualifiziert werden und die Studierfähigkeit gesteigert wird. Dazu sollten die ständigen, ideologiebehafteten Schulversuche auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen beendet und föderale Bildungshindernisse beseitigt werden. Ziel muss es sein, nicht gleichermaßen mittelmäßig auszubilden, sondern individuell zu fördern, also den Schwächeren gezielt helfen und die Stärkeren zu besonderen Leistungen hinführen. Dabei muss politische Bildung ein größeres Gewicht in der Schulbildung bekommen. Wir brauchen auch in Zukunft Eliten, deswegen sollten wir sie mutig fördern. Beim Zustand unseres Bildungswesens wird das viel Zeit brauchen.

4. Deutschland, als wirtschaftsstarke europäische Mittelmacht, sollte sich als Nation für unsere Nachbarn in Europa und für unsere Partner in der Welt berechenbarer und verlässlicher einbringen. Dazu sollten nationale politische Ziele und vitale Interessen unter starker Berücksichtigung unserer Mitgliedschaft in der europäischen Union, in der Eurozone und in der NATO definiert und festgeschrieben werden. Unsere Verpflichtungen gegenüber der EU in den anhaltenden europäischen Krisen und unsere Mitgliedschaft im NATO-Bündnis fordern angesichts derzeitiger sicherheitspolitischer und wirtschaftspolitischer Herausforderungen geradezu eine nachlesbare, eindeutige, werteorientierte und verpflichtende politische Positionierung Deutschlands. Es darf zukünftig keine Auslandseinsätze der Bundeswehr ohne definierte politische Ziele und Strategien geben.

5. Deutschland sollte weiterhin mutig für einen Frieden im Nahen und Mittleren Osten auf der Grundlage einer Zweistaatenlösung mit einem sicheren Israel sowie einem unabhängigen und lebensfähigen Palästinenserstaat eintreten. Das erfordert auch die Bereitschaft immer dann zu aufrichtiger Kritik an israelischem Regierungshandeln, wenn es mit unzweifelhaft nationalistischer Politik eine friedenstiftende Zweistaatenlösung konterkariert. Deutschland sollte in diesem Zusammenhang den richtigen Politikansatz der EU unterstützen, denn eine schuldbewusste deutsche "Sonderpolitik" ist gegenüber den überwiegend rechtsradikalen israelischen Regierungsverantwortlichen nicht mehr angebracht. An der Bekämpfung des IS-Terrorismus sollte sich Deutschland weiterhin aktiv beteiligen und sich gegebenenfalls noch stärker engagieren.

6. Die Integration unserer deutschen Bürger mit Migrationshintergrund sollte mit großem Engagement partnerschaftlich im Sinne von eindeutigen Integrationsforderungen, individuellen Integrationshilfen und auch erkennbaren Integrationsanstrengungen der Migranten – insbesondere beim Erlernen der deutschen Sprache - real voran gebracht werden. Missstände sind dabei konsequent zu beseitigen, um sozialen Sprengstoff zu entschärfen. In dem Zusammenhang wünscht man sich auch, dass Vertreter muslimischer Verbände in Deutschland sich öffentlich noch weitaus stärker distanzieren von Intoleranz und Gewalt muslimischer Fundamentalisten und Extremisten. Die muslimischen Mitbürger sollten zum Ausdruck bringen, dass sie mit demokratischem Selbstverständnis und westlichem Werteverständnis in dem Land "angekommen" sind, wo sie schon lange mit uns zusammen leben. Und auch in diesem Zusammenhang muss unsere Exekutive rechtsextremistischen Umtrieben, Gewalttaten und Fremdenhass aber auch latentem Antisemitismus in muslimischen Bevölkerungsteilen mit allen Mitteln entgegengetreten. Wir müssen in Deutschland unsere Gesetze konsequent anwenden und die Befolgung unserer Regeln mit Nachdruck einfordern. Es darf in Deutschland einfach keine abgeschotteten, „rechtsfreien“ Parallelstrukturen und „No-go-areas“ geben. Dafür müssen die Ordnungskräfte in Qualität und Quantität dem inzwischen deutlich höheren Bedarf angepassst werden.

7. Deutschland sollte mit einer noch besser vernetzten Afghanistanpolitik das militärische Ausbildungs-Engagement spätestens 2017 beenden und dann im Einklang mit der internationalen Gemeinschaft die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans weiter fördern. Dabei muss Entwicklungshilfe und wirtschaftliche/finanzielle Unterstützung aber an strikt zu erfüllende Auflagen gebunden werden, um Afghanistan zur Bekämpfung der Korruption zu zwingen und dem „löcherigen Fass“ einen Boden einzuziehen. Dazu wünscht man sich intensive Diskussionen über außen-, sicherheits- wirtschafts- und entwicklungspolitische Ziele und Erfordernisse - weit über die übliche, oberflächliche Zahlen- und Zeitpunkt-Diskussion hinaus. Afghanistan muss endlich wirklich eigenverantwortlich werden.

8. Die Neuausrichtung der Bundeswehr sollte grundsätzlich wie geplant zum Ziel geführt werden. Aufgrund der inzwischen instabilen Sicherheitsarchitektur in Europa und zunehmender Bedrohung durch islamistischen Terror sollten unsere politischen Interessen und Ziele überdacht, diskutiert und dann in zukunftstauglichen sicherheitspolitischen Dokumenten festgeschrieben werden. Ein neues Weißbuch alleine wird da nicht reichen. Und die Unterfinanzierung unserer Streitkräfte muss dringend überwunden werden, damit die Bundeswehr den steigenden Anforderungen der nächsten 10/20 Jahre solide gerecht werden kann.

9. Die öffentlich-rechtlichen Medien sollten ihrem Bildungsauftrag wieder besser gerecht werden, schließlich erhalten sie von jedem Haushalt Gebühren. Die Medien sollten auch das teilweise arrogante Selbstmitleid hinsichtlich des schlimmen Vorwurfs „Lügenpresse“ überwinden und durch unabhängige, ausgewogene, gut recherchierte, am Pressekodex orientierte Berichterstattung verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Dazu sollte auch einer zunehmenden Boulevardisierung und einer Anbiederung an den Geschmack der Konsumenten privater Sender Einhalt geboten werden.

10. Alle Anstrengungen müssen dem Abbau von Staatsschulden – national und im EU-Rahmen - bei gleichzeitigem Erhalt und der Schaffung von Arbeitsplätzen sowie der ständigen Qualifizierung von Beschäftigten für gestiegene berufliche Anforderungen in unserer global orientierten Wirtschaft gelten, um den Wohlstand der Bürger möglichst zu halten, die Zahl der vom sozialen Transfer abhängigen Bürger zu verringern, den sozialen Frieden zu stabilisieren und die zukünftigen Belastungen für die nachwachsende Generation erträglich zu gestalten.

Das Jahr 2016 wird politisch noch schwieriger werden als das ziemlich schlimme Jahr 2015, denn die inzwischen instabile Sicherheitsarchitektur Europas fordert große politische Anstrengungen auch von Deutschland, die nicht zum Nulltarif zu realisieren sind. Die Instabilität im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt wird nur durch eine gemeinsame, konsequent werteorientierte Europäische Union zu überwinden sein, die eine erneuerte Partnerschaft mit Russland sucht - aber nicht zu jedem Preis. Die höchst instabile Lage durch schwer zu beendende Religions- und Bürgerkriege im Nahen und Mittleren Osten und der wachsende islamistische Terror werden die Flüchtlingsbewegungen nach Europa kaum abschwächen. Die nicht bewältigte Eurokrise und die unverändert kritische wirtschaftliche Lage Griechenlands sowie anderer EU-Mitgliedstaaten werden uns alle weiterhin stark belasten und das bei einem zu geringen deutschen Wirtschaftswachstum und sehr hohem Investitionsbedarf in unsere Infrastruktur. Schließlich macht sich im Zusammenhang mit der sehr stark zunehmenden Zahl von Einwanderern, Asylsuchenden und Flüchtlingen Unmut auch in der bürgerlichen Mitte breit. Um dieser gefährlichen Entwicklung entgegenzuwirken, muss der soziale Zündstoff entschärft und rechtsradikalem Gedankengut der Boden entzogen werden. Wir müssen unser demokratisches Gleichgewicht zurückgewinnen!

Die Bürger können nur hoffen, dass es gelingt, die EU-Außengrenzen besser zu sichern, Flüchtlinge in der EU fair zu verteilen und durch Erfolge bei den Friedensbemühungen für Syrien, Libyen und den Jemen wesentliche Fluchtursachen zu begrenzen. Das würde die nötige Entlastung schaffen, um zu geordneten politischen Verhältnissen zurückkeheren zu können.

(01.01.2016)

 

 

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