Hans-Heinrich Dieter

Bla, bla, bla...   (07.11.2019)

 

Ich habe mich sehr lange mit Kommentaren zur Sicherheitspolitik zurückgehalten, da jede*r neue Minister*in eine Chance haben muss, Fuß zu fassen. Irgendwann ist dann das Maß einmal voll, wie jetzt bei der wenig professionellen und deswegen auch erfolglosen Ministerin Kramp-Karrenbauer.

Nach dem weder mit der Kanzlerin, noch mit dem deutschen Außenminister abgesprochenen und schon überhaupt nicht bei der UN sowie den NATO-Partnern sondierten und deswegen höchst unprofessionellen Vorstoß zur Einrichtung einer internationalen Schutzzone in Nordsyrien, will AKK nun die Bundeswehr stärker im Ausland einsetzen als bisher. Der „Süddeutschen Zeitung“ gegenüber sagte sie, Deutschland müsse mehr Verantwortung übernehmen und in Zukunft auch selbst die Initiative ergreifen und Impulse setzen, denn nur so könne Deutschland ein internationales Umfeld beschützen und gestalten, das seinen Werten und Interessen gemäß sei.

Auch diese offensichtlich parteipolitisch motivierte Aussage scheint im Kabinett nicht abgestimmt zu sein und lässt den Schluss zu, dass AKK abseits der außen-, sicherheits- und finanzpolitischen Realität plaudert. Die deutsche Verteidigungsministerin hat keine bundespolitische und keine außen- und sicherheitspolitische Erfahrung. Sie ist aber lange genug im Amt, um zu wissen, dass Sicherheitspolitik nur erfolgreich sein kann, wenn sie „vernetzt“, also in engem Schulterschluss mit dem Außen- und Entwicklungressort unter Federführung des Außenministers betrieben wird und unter finanzpolitischen Aspekten realisierbar erscheint. Ihre Plauderei in Medien entbehrt diesbezüglich jeder Grundlage. Und wenn es ihre Absicht ist, an der Universität der Bundeswehr in München eine sicherheitspolitische Grundsatzrede zu halten, dann sollte sie auf parteipolitisch orientierte, verkürzte Plaudereien in der Öffentlichkeit verzichten.

Dass Deutschland mehr internationale Verantwortung übernehmen sollte, haben der damalige Bundespräsident Gauck, Verteidigungsministerin von der Leyen und – nolens volens – auch der damalige Außenminister Steinmeier bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 in die erstaunte sicherheitspolitische Öffentlichkeit geblasen. In der Folge war eine zielgerichtete, erfolgsorientierte politische Arbeit nicht zu erkennen, von realen finanziellen Anstrengungen ganz zu schweigen! Deutschland hat immer noch nicht definiert, welches unsere vitalen Interessen, was unsere Ziele in der deutschen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik im europäischen und internationalen Rahmen sind, sowie welche Konzepte und Strategien dafür entwickelt werden müssen. Und dementsprechend sind die Instrumente deutscher Außen- und Sicherheitspolitik für eine gesteigerte weltweite Verantwortung noch nicht nutzbar und die politischen Rahmenbedingungen für ein verlässliches Engagement sind noch nicht geschaffen.

Deutschland weiß einfach nicht, was es außen- und sicherheitspolitisch will. Die Bundeskanzlerin hat in der Außen- und Sicherheitspolitik die Richtlinien-kompetenz, weiß allerdings auch nicht, was sie außenpolitisch wirklich will - außer auf Sicht fahren und dabei sein, möglichst ohne unangenehm aufzufallen. Wie in der Flüchtlingspolitik ist Kanzlerin Merkel leider auch in anderen Politikfeldern planlos, konzeptionslos und kopflos. Die deutschen Außenminister agieren deswegen relativ freihändig, knüpfen fast ausschließlich nur Gesprächsfäden und erreichen trotz unendlich vieler umweltschädlicher Reisen nichts Substanzielles. Und da sie sich meist mit phrasenhaftem, plattem Diplomatensprech begnügen und außenpolitisch nichts Grundsätzliches von sich geben, bleiben sie unbedeutend. Das ist ein schlimmer Befund für eine europäische Mittelmacht, die sich in Sonntagsreden so viel vornimmt und von der so viel erwartet wird! Eine außen- und sicherheitspolitische Grundlage für AKKs „Plauderei“ gibt es also bisher nicht. Und wie will Deutschland „die Initiative ergreifen und Impulse setzen“ und „ein internationales Umfeld beschützen und gestalten, das seinen Werten und Interessen gemäß“ ist, wenn Deutschland seine vitalen Interessen noch nicht einmal definiert hat? Unsere Partner wissen das und deswegen sind solche Bla, bla, bla-Vorstöße eher peinlich.

Und AKK ist lange genug im Amt, um zu wissen, in welchem höchst unverantwortlichen Maß die Bundeswehr seit der Wiedervereinigung durch die jeweiligen Bundesregierungen und mit Billigung des Bundestages zum Sanierungsfall mit stark eingeschränkter Einsatzfähigkeit kaputtgespart wurde. Mit den derzeitig mandatierten Auslandseinsätzen ist die Bundeswehr schon stark ausgelastet, die Marine ist nahezu nicht einsatzbereit, die Luftwaffe ist stark eingeschränkt einsatzbereit und auf der Grundlage des bisherigen Haushaltsentwurfs 2020 sowie der mittelfristigen Finanzplanung wird weder das vereinbarte Investitionsziel der NATO-Partner erreicht noch die Wiederherstellung einer den NATO-Verpflichtungen entsprechenden Einsatzfähigkeit der Bundeswehr bis 2031 geleistet werden können.

Unter den derzeit real erkennbaren Rahmenbedingungen bleibt Deutschland ein trittbrettfahrender „Sicherheitspolitischer Zwerg“ über den sich inzwischen schon baltische und polnische Politiker lustig machen. Da sollte die deutsche Verteidigungsministerin keinen weiteren Grund zu gesteigerter Häme liefern!

(07.11.2019)

 

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